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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke
Autoren: Heinrich Heine
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flennt… Laßt mich ein Greis werden, der die Jugend liebt und trotz der Alterschwäche noch immer teilnimmt an ihren Spielen und Gefahren! Mag immerhin meine Stimme zittern und beben, wenn nur der Sinn meiner Worte unerschrocken und frisch bleibt!
    Sie lächelte gestern so sonderbar, halb mitleidig, halb boßhaft, die schöne Freundin, als sie mit ihren rosigen Fingern meine Locken glättete… Nicht wahr, du hast auf meinem Haupte einige weiße Haare bemerkt?
    »Und scheint die Sonne noch so schön,
    Am Ende muß sie untergehn.«
    Geschrieben zu Paris im Frühjahr 1837
    Heinrich Heine
Vorrede zur dritten Auflage
    Das ist der alte Märchenwald!
    Es duftet die Lindenblüte!
    Der wunderbare Morgenglanz
    Bezaubert mein Gemüte.
    Ich ging fürbaß, und wie ich ging,
    Erklang es in der Höhe.
    Das ist die Nachtigall, sie singt
    Von Lieb’ und Liebeswehe.
    Sie singt von Lieb’ und Liebesweh,
    Von Tränen und von Lachen,
    Sie jubelt so traurig, sie schluchzet so froh,
    Vergessene Träume erwachen. –
    Ich ging fürbaß, und wie ich ging,
    Da sah ich vor mir liegen
    Auf freiem Platz ein großes Schloß,
    Die Giebel hoch aufstiegen.
    Verschlossene Fenster, überall
    Ein Schweigen und ein Trauern;
    Es schien, als wohne der stille Tod
    In diesen öden Mauern.
    Dort vor dem Tor lag eine Sphinx,
    Ein Zwitter von Schrecken und Lüsten,
    Der Leib und die Tatzen wie ein Löw’,
    Ein Weib an Haupt und Brüsten.
    Ein schönes Weib! Der weiße Blick,
    Er sprach von wildem Begehren;
    Die stummen Lippen wölbten sich
    Und lächelten stilles Gewähren.
    Die Nachtigall, sie sang so süß –
    Ich konnt nicht widerstehen –
    Und als ich küßte das holde Gesicht,
    Da war’s um mich geschehen.
    Lebendig ward das Marmorbild,
    Der Stein begann zu ächzen –
    Sie trank meiner Küsse lodernde Glut
    Mit Dürsten und mit Lechzen.
    Sie trank mir fast den Odem aus –
    Und endlich, wollustheischend,
    Umschlang sie mich, meinen armen Leib
    Mit den Löwentatzen zerfleischend.
    Entzückende Marter und wonniges Weh!
    Der Schmerz wie die Lust unermeßlich!
    Derweilen des Mundes Kuß mich beglückt,
    Verwunden die Tatzen mich gräßlich.
    Die Nachtigall sang: »O schöne Sphinx!
    O Liebe! was soll es bedeuten,
    Daß du vermischest mit Todesqual
    All deine Seligkeiten?
    O schöne Sphinx! O löse mir
    Das Rätsel, das wunderbare!
    Ich hab darüber nachgedacht
    Schon manche tausend Jahre.«
    Das hätte ich alles sehr gut in guter Prosa sagen können… Wenn man aber die alten Gedichte wieder durchliest, um ihnen, behufs eines erneueten Abdrucks, einige Nachfeile zu erteilen, dann überschleicht einen unversehens die klingelnde Gewohnheit des Reims und Silbenfalls, und siehe! es sind Verse, womit ich die dritte Auflage des »Buchs der Lieder« eröffne. O Phöbus Apollo! sind diese Verse schlecht, so wirst du mir gern verzeihen… Denn du bist ein allwissender Gott, und du weißt sehr gut, warum ich mich seit so vielen Jahren nicht mehr vorzugsweise mit Maß und Gleichklang der Wörter beschäftigen konnte… Du weißt, warum die Flamme, die einst in brillanten Feuerwerkspielen die Welt ergötzte, plötzlich zu weit ernsteren Bränden verwendet werden mußte… Du weißt, warum sie jetzt in schweigender Glut mein Herz verzehrt… Du verstehst mich, großer schöner Gott, der du ebenfalls die goldene Leier zuweilen vertauschtest mit dem starken Bogen und den tödlichen Pfeilen… Erinnerst du dich auch noch des Marsyas, den du lebendig geschunden? Es ist schon lange her, und ein ähnliches Beispiel tät wieder not… Du lächelst, o mein ewiger Vater!
    Geschrieben zu Paris, den 20. Februar 1839
    Heinrich Heine
Junge Leiden
    Entstanden 1817–1821, Erstdruck 1822
    ~
    Traumbilder
    Lieder
    Romanzen
    Sonette
    ~
Traumbilder
    ~
    1. Mir träumte einst von wildem Liebesglühn
    2. Ein Traum, gar seltsam schauerlich
    3. Im nächt’gen Traum hab ich mich selbst geschaut
    4. Im Traum sah ich ein Männchen klein und putzig
    5. Was treibt und tobt mein tolles Blut?
    6. Im süßen Traum, bei stiller Nacht
    7. Nun hast du das Kaufgeld, nun zögerst du doch?
    8. Ich kam von meiner Herrin Haus
    9. Ich lag und schlief, und schlief recht mild
    10. Da hab ich viel blasse Leichen
    ~
1.
    Mir träumte einst von wildem Liebesglühn,
    Von hübschen Locken, Myrten und Resede,
    Von süßen Lippen und von bittrer Rede,
    Von düstrer Lieder düstern Melodien.
    Verblichen und verweht sind längst die Träume,
    Verweht ist gar mein liebstes Traumgebild’!
    Geblieben ist mir nur,
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