Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge
Autoren: B Jones
Vom Netzwerk:
niemand die Tür aufgemacht. Er behauptete, auf direktem Weg nach Hause gefahren zu sein. Am Ende wurde die Anklage fallengelassen, weil es zwar Indizien, aber keine Beweise gab. Zufällig war die auf die Brücke in der Nähe von Jennys Wohnung gerichtete Überwachungskamera in jener Nacht kaputt gewesen, und das nicht zum ersten Mal.
    Natürlich verlor Parker während des Prozesses nicht nur Frau und Kinder, sondern auch seinen Job. Vor jener Schicksalsnacht war er ein unauffälliger Bereichsleiter gewesen, der leicht verfrüht auf sein mittleres Lebensalter zugesteuert war. Danach wurde er zum – wenn auch nicht verurteilten – Ehebrecher und Mörder, der zu allem Überfluss unter Alkoholeinfluss Auto fuhr. Und wer sagte, dass er kein Mörder war?
    Ich berichtete nicht über den Prozess, weil ich zu dem Zeitpunkt bereits beim Fernsehen arbeitete. Vielleicht haben Sie mich dort schon gesehen. Ich stehe nicht oft, aber doch ziemlich regelmäßig vor der Kamera. Die hübsche, modisch gekleidete Blondine um die dreißig, die dann und wann von hier und dort berichtet.

Das Leben danach – Epilog
    I ch sitze mit einem Glas Wein in unserem eleganten, minimalistischen Wohnzimmer vor dem Fernseher. David fuhrwerkt im Hintergrund herum, was irgendwie immer eine beruhigende Wirkung auf mich hat. Ich glaube, er kocht nicht, sondern räumt irgendetwas um. Neben der Spüle stapelt sich ordentlich das schmutzige Geschirr, eine kurze Zwischenlagerung, die selten länger als ein paar Stunden dauert. Unter der Treppe steht ein Mountainbike, und an den Wänden hängen Fotos von uns an sonnigen Urlaubsorten. Markusplatz, Ponte Vecchio, Kolosseum, Pompeji, Capri. Unsere Reiseleidenschaft verbindet uns.
    Das Sofa ist unvorstellbar bequem, der Holzboden unvorstellbar rutschig, geradezu tödlich. Er lauert nur auf einen unkonzentrierten Moment, einen Fehltritt.
    Unsere Nachbarn sind ruhig, obwohl sie kleine Kinder haben, und wir revanchieren uns, indem wir ebenfalls ruhig sind. Mustergültig, vorbildlich, unaufdringlich.
    David und ich diskutieren über Politik und noch mal Politik, über Kino, Musik, das Weltgeschehen, Urlaub und die Lage der Nation. Wir kennen einander so gut, wie man es bei einem Pärchen erwartet. Mehr nicht.
    Er weiß nichts von der jungen Frau, die sich mit silbernen Armreifen genüsslich auf der Tanzfläche räkelt, und er kennt auch nicht ihre anderen Gesichter. Zum Glück. Sie schreibt einen merkwürdigen, düsteren Roman, in dem sie die Namen geändert hat, schreibt ihn zwischen notwendiger Fettbekämpfung im Fitnessstudio und Einkäufen, zwischen Arbeitsalltag im Sender, Pubbesuchen und Einladungen bei Freunden, ein Versuch, die Gedankenberge, die auf dem Eismeer ihrer Seele treiben, auf Buchseiten zu verankern, wo sie vielleicht endlich einen Sinn ergeben werden.
    David arbeitet unregelmäßige Schichten, wie jeder Polizist. Verbrechen halten sich nun mal nicht an geregelte Arbeitszeiten, pflegt er trocken zu sagen, wenn mitten in der Nacht das Telefon klingelt und ihn aus dem Schlaf reißt.
    Drei Wochen nach Coras Selbstmordinszenierung hatte er mich um ein Rendezvous gebeten. Drei Wochen nachdem der Krankenwagen mit Cora und Mike davongefahren war und er mich in meinem eigenen Auto nach Hause gefahren hatte. Allerdings hatte es deutlich länger gedauert, bis er zugegeben hatte, mir zu Cora gefolgt zu sein und deshalb so schnell in der Tür gestanden zu haben.
    Er war nämlich eigentlich gar nicht im Dienst gewesen. Weil er sich nicht getraut hatte, mich schon im Gericht um eine Verabredung zu bitten, war er mir in seiner Freizeit hinterhergefahren. Das ganze Gerede von wegen »Das dürfte ich Ihnen eigentlich gar nicht erzählen« war seine Art gewesen, mich in ein Gespräch zu verwickeln, Smalltalk zu machen, zu flirten.
    Dass er bei der Untersuchung von Jennys Tod so wenig Fortschritte machte, hatte ihn entmutigt. Sie war seine erste Leiche gewesen, sein erstes richtiges Verbrechen. Anfangs hatte man verdächtige Umstände hinter ihrem Tod vermutet, und er hatte glänzen und sich eine Beförderung erarbeiten wollen. Er hatte sich einen Geistesblitz gewünscht, den entscheidenden Hinweis zur Lösung des Falls. Aber ihm war nichts eingefallen, eine große, wässrige Leere. Die Todesursache blieb unbestätigt.
    Als David mich bei Schichtende auf der Straße entdeckt hatte, hatte er die Gelegenheit beim Schopf packen und mich in ein Café einladen wollen. Was hatte er denn schon zu verlieren? Er war mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher