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Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin

Titel: Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
Autoren: Berte Bratt
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einfach Freude!
    „Ich dachte immer, ,Allegra’ sei ein Mädchenname“, meinte Mutti.
    „Ist es auch“, sagte Vati. „In Amerika ist er gar nicht so selten.“ Nun, ein schöner Sommer, der wirklich im Zeichen der Freude verlaufen war, ging zu Ende. Mutti hatte neue Kräfte, eine gesunde Sonnenbräune und ein paar sehr notwendige Pfündchen mehr.
    Es folgten aber noch etliche, gar nicht vorausgesehene Pfündchen. Und dann kam der Tag, an dem Mutti ihren drei großen Söhnen erzählen mußte, daß sie ein Geschwisterchen bekommen würden.
    „Ach du heiliger Bimbam!“ war die Antwort des fünfzehnjährigen Oscar junior.
    „Bei euch piept’s wohl“, äußerte sich der dreizehnjährige Siegwart.
    „Das habe ich schon lange gewußt. Ich bin ja nicht blind“, sprach der elfjährige Detlef.
    Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel freuten sich um die Wette, als die Geburtsanzeige eintraf: „Die liebe Selma hat endlich ein Töchterchen!“ Omas und Tanten ergriffen ihre Stricknadeln, und niedliche Kleidchen und Jäckchen, mit Blümchen und Kätzchen bestickt, erreichten uns. Das Familientaufkleid wurde gewaschen und aufgebügelt und der Name Allegra Marianne Walther säuberlich eingestickt, unter den Namen meiner drei Brüder.
    Wenn ein Mädchen drei ältere Brüder hat, wird sie entweder tyrannisiert oder maßlos verwöhnt. Was mehr zu bedauern ist, weiß ich nicht. Es müßte schlimm sein, tyrannisiert zu werden, das habe ich nicht erlebt. Ich war vom ersten Augenblick an der Liebling, das Zuckerpüppchen, das Schmusekätzchen der Familie. Daß ich nicht ganz und gar verdorben wurde, habe ich meinen vernünftigen Eltern zu verdanken.
    Sehr früh wurde schon der Grundstein zu meinem pummeligen Aussehen gelegt. Meine armen Eltern hatten einen verzweifelten und hoffnungslosen Kampf gegen die Süßigkeiten auszukämpfen, die aus den brüderlichen Hosentaschen und den Taschen der Tanten in meinen immer aufnahmebereiten Mund den Weg fanden.
    Von uns vier Kindern war ich das einzige, das zweisprachig aufwuchs. Meine Mutter hatte versucht, ihren Söhnen das Schwedische beizubringen, vergeblich. Es sei „so doof“, zu Hause eine andere Sprache zu sprechen als in der Schule und auf dem Fußballplatz. So kam es, daß sie wohl etliche schwedische Worte verstanden, aber sprechen wollten sie es nicht.
    Mit mir war es anders. Wenn die drei in der Schule und Mutti und ich allein zu Hause waren, dann plauderte sie mit mir in ihrer Muttersprache. Mir machte es Spaß! Und wenn Oma zu Besuch kam, mußte ich schwedisch sprechen. Ich hing sehr an Oma, wir waren die allerbesten Freunde, und ich war stolz wie ein Pfau, wenn sie mich mit in die Stadt nahm, damit ich in den Geschäften in Bremen dolmetschen konnte.
    Übrigens nannte ich sie gar nicht Oma. Für mich war sie immer „Momo“. Das schwedische Wort für die Großmutter mütterlicherseits ist „mormor“. Aber bis ich drei war, hatte ich mich mit dem „r“ nicht so richtig befreundet. So kam es, daß aus mormor „Momo“ wurde, und dabei blieb es.
    Als ich acht war, durfte ich zum erstenmal allein zu Momo fahren, Mutti brachte mich nach Hamburg, dort wurde ich - mit Namensschild um den Hals - in ein Flugzeug gesteckt, und am Flughafen Stockholm wartete Momo auf mich.
    „Momo ist meine beste Freundin“, erklärte ich immer wieder. Und diese Freundschaft beruhte auf Gegenseitigkeit. Momo verstand die Jugend so gut, sie nahm lebhaft teil an allem, was mich interessierte, und konnte immer gute Ratschläge geben und Probleme für mich lösen. Und ich liebte es, wenn sie aus ihrer Jugend erzählte
    - wie damals alles ganz anders gewesen war!
    Jeden Sommer besuchte ich Momo. Manchmal mit Mutti zusammen, oft allein.
    Als ich mit der Schule fertig war, machte ich einen Kochkursus und nachher einen Kursus in Erste Hilfe und Heimkrankenpflege. Da hatte ich etwas gefunden, was mir lag, und damals entschloß ich mich, entweder Arzthelferin oder Krankenschwester zu werden.
    Aber bevor ich eine Ausbildung anfing, wollte ich wieder, wie immer, den Sommer bei Momo verbringen.
    Das Schicksal wollte, daß ich viel länger bei ihr blieb als geplant war.
    Während des Sommers erkrankte Momo. Ihre Kräfte ließen nach, sie mußte viel ruhen, wurde von Hilfe anderer Menschen abhängig. Welcher Mensch stand ihr wohl näher als ich?
    „Ich bleibe bei dir, so lange du mich brauchst, Momo“, versprach ich. Dann huschte ein glückliches Lächeln über ihr abgemagertes, müdes Gesicht, und sie
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