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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender
Autoren: Berte Bratt
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von seiner Frau unterstützt, über das fröhliche Studentenleben in Deutschland. Ja, er hatte in Kiel studiert, und gleichzeitig hatte Senta dort ihre Ausbildung als Diätküchenassistentin bekommen.
    Ich war immer mehr fasziniert von den Erzählungen. Und als meine Behandlung zu Ende war - (ohne Rechnung) - „Ich nehme doch kein Geld von der Tante meiner Frau!“ sagte Rolf. Da stand mein Entschluß fest.
    Ich würde weder Kunstreiterin noch Handarbeitslehrerin oder Friseuse werden.
    Ich wollte Zahnheilkunde studieren! Ich wollte Zahnärztin werden! Und diesmal war ich sicher. Jetzt würde ich meine Zukunftspläne nicht mehr ändern!
    „Das ist ja wunderbar, Heidilein“, sagte Beate, als ich ihr meinen Plan mitgeteilt hatte. „Hoffentlich wirst du auf der zahnärztlichen Hochschule in Oslo aufgenommen, dann kannst du bei uns wohnen.“ Natürlich wäre das praktisch. Sehr praktisch. Und schön für Vati, der dann viel billiger davonkommen würde. Er hatte schon sieben Kindern eine anständige Ausbildung verschafft, und in zwei Jahren würde er pensioniert werden, wenn er fünfundsechzig wurde. Dadurch würden seine Finanzen nicht gerade besser werden. Ja, ich mußte alles daransetzen, ein wirklich gutes Abitur zu machen, denn sonst würde ich ganz bestimmt nicht aufgenommen werden. Die zahnärztliche Hochschule in Oslo hat viel zu wenig Plätze, das wußte ich. Es hat schon seinen Grund, daß so viele Norweger im Ausland studieren!
    Aber - wenn ich nun nicht aufgenommen würde? Dann müßte ich ins Ausland - am liebsten nach Deutschland, so wie Rolf und Senta - es würde teurer werden, viel teurer, aber, aber. schön wär’s!
    Eines stand fest: In diesem letzten Schuljahr wollte ich mich ganz intensiv mit der deutschen Sprache beschäftigen! Die Sprachen waren sowieso mein größtes Interesse und waren die Fächer, bei denen ich immer am besten abschnitt. Oh, wie würde ich Deutsch büffeln und deutsche Bücher lesen!
    Die Osterferien waren vorbei, und ich fuhr mit dem überfüllten Ferienheimkehrerzug zurück nach Tjeldsund - um eine Goldkrone und einen festen Zukunftsplan reicher geworden!

Geldsorgen
    Als ich unzählige Grüße, Geschenke und Briefe von der ganzen Familie Rywig bei meinen Eltern abgegeben hatte und wir abends zur Ruhe gekommen waren, teilte ich ihnen meine Zukunftspläne mit.
    Sie hörten mir aufmerksam zu, und Vati nickte.
    „Ein schöner Beruf“, sagte er. „Wir wollen uns die Sache durch den Kopf gehen lassen, Heidilein. Etwas Geld habe ich ja für deine Ausbildung zusammengespart, aber ob es reicht.“
    „Ja, wenn du in Oslo studieren könntest“, sagte Mutti. „Nun ja, mein Kind, wir werden sehen. Hoffentlich schaffen wir es irgendwie. Du mußt eben sehr fleißig sein und gute Noten kriegen, mit anderen Worten, dein letztes Schuljahr richtig ausnutzen!“
    Sie strich mir über die Wange mit ihrer etwas rauhen, etwas runzeligen Arbeitshand. Wie hatten die Hände ein Leben lang gearbeitet! Mutti war nicht mehr die Jüngste. Sie war vierzig, als ich auf die Welt kam, in anderthalb Jahren würde sie sechzig werden. Ihre Haare, die nie eine Dauerwelle gekannt hatten, waren grau mit ein paar schneeweißen Streifen. Ihre Haut, die sie nie mit teuren Cremes oder Hautwässerchen gepflegt hatte, wies Fältchen an der Stirn, um den Mund und um die Augen auf. Aber ihre Gestalt war noch schlank und elastisch, und ihre Augen so jung wie immer, und mit demselben Ausdruck von unendlicher Güte.
    Nachdem all meine Geschwister aus dem Haus waren, behauptete Mutti, daß sie beinahe arbeitslos geworden sei! Was war das doch für ein Kinderspiel, für nur drei Personen zu kochen, zu waschen und zu bügeln! Das Haus sauberzuhalten, wenn keine große Kinderschar mit dreckigen Schuhen und Spielzeug und Sportsachen die Fußböden schmutzig machte, war doch kein Problem. Sie fühlte sich wie ein „Luxusweib“, wie sie oft behauptete. Allerdings wußte ich nicht, daß ein Luxusweib in der Einmachzeit von morgens bis abends in Rauch und Dampf in der Küche steht, oder oft bis spät abends an der Nähmaschine sitzt, um alte Kleidungsstücke zu flicken oder umzuarbeiten, damit sie noch ein Jahr halten könnten!
    Daß Mutti eine ganze Reihe von Enkelkindern mit handgestrickten Pullis, Jacken und Socken versorgt, sei nur nebenbei erwähnt. Das Stricken sei doch keine Arbeit, behauptete sie, sondern eine nette Freizeitbeschäftigung!
    So ist meine Mutti.
    Und Vati - ja von ihm wäre eigentlich nur zu sagen,
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