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Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden

Titel: Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden
Autoren: Berte Bratt
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zuständig. Er wünschte uns einen schönen Nachmittag und schien nichts gegen ein paar freie Stunden zu haben.
    Ich glaube, Senta und ich waren für die Fahrt in den Krater am besten präpariert. Schließlich sind wir im norwegischen Hochgebirge gewesen und haben schon etliche Haarnadelkurven, steile und steinige Wege und Straßen, die kaum breiter als unser Fahrzeug waren, erlebt. Aber dennoch: dieses Stück Weg hatte es in sich! Frau Johannsen war grün im Gesicht, das Ehepaar Dieters sah auch entsetzt aus, doch Herr Dieters meinte: „Es ist bisher gut gegangen, warum sollte jetzt etwas passieren?“
    Schon an der Kraterwand sahen wir, während wir noch im Wagen saßen, die ersten Tiere, und zwar neue: „Klippspringer“, berichtete unser Fahrer. Auch eine Antilopenart, aber sie unterschied sich von allen, die wir bisher gesehen hatten, mit ihrem kurzen Körper, dem fein geschwungenen Rücken, den kleinen Hörnchen und dem grauen Fell. Am merkwürdigsten waren ihre Beine. „Sie sehen aus wie Ballettmädchen!“ sagte ich zu Heiko.
    „Das ist vollkommen richtig.“ Er lächelte. „Meines Wissens sind diese kleinen Kerle die einzigen, die sich auf den ,Zehenspitzen’ bewegen. Sie brauchen unglaublich wenig Fläche, um sicher stehen zu können!“
    Dann waren wir auf dem Kraterboden. Als erstes wurde von uns verlangt, daß wir essen sollten! Der Fahrer gab uns die losen Sitzkissen vom Landrover heraus, verteilte mit wenig Worten die überaus feinen Lunchpakete. Ich weiß noch, daß die ganze Gesellschaft Hühnchenschenkel knabberte. Ich habe beileibe nichts gegen gutes Essen, hungrig war ich auch - aber ich war rasend ungeduldig. Wir hatten ja nur diese wenigen Stunden, und der Himmel war noch bedeckt. Vielleicht bekamen wir Regen - also los, los!
    Endlich war es soweit. Wir fuhren querfeldein in diesem merkwürdigen Kessel, eine unwahrscheinlich große Vertiefung zwischen den Bergen. „Fünfundzwanzig Kilometer Durchmesser“, sagte Heiko. Und auf diesem grünen Kraterboden mit Hügeln und Bäumen und einem großen See lebten Tiere in unfaßbaren Mengen.
    Zum ersten Mal sahen wir die prachtvolle Elenantilope - nun hatten wir die größte und die kleinste Antilope gesehen: Dikdik und Elen, und dann eine Menge Zwischengrößen!
    Da stand ein Weißbartgnu. Es war ein Weibchen, das sein Kälbchen säugte. Ungestört von uns und dem Wagen. Hier waren die
    Tiere Herren, wir waren nur geduldete Gäste, und Angst hatte keiner vor uns - weder die Vier- noch die Zweibeiner.
    Wieder große Herden Thomsongazellen, wieder Zebras - da ein mächtiger Löwe - dort zwei Löwinnen - nach ein paar Metern ein Löwenpärchen, das dabei war, einen kleinen Flirt einzuleiten.
    Zwei Löwenmännchen, wunderschön mit ihren gewaltigen Mähnen, ihren muskulösen Körpern und mit den mächtigen Pranken. Sie lagen auf einer kleinen Bodenerhöhung, ganz ruhig, ganz entspannt, harmonisch in der Landschaft.
    Zwei-, dreihundert Meter weg ästen in aller Seelenruhe etliche hundert Thomsongazellen. Heiko machte eine Aufnahme, Löwen und Gazellen deutlich auf demselben Bild.
    „Aber... aber warum töten denn die Löwen nicht die Gazellen?“ fragte Frau Johannsen.
    „Weil sie keinen Hunger haben, gnädige Frau“, sagte Heiko. „Das Töten aus anderen Gründen überlassen sie den Menschen.“
    „Aber wenn sie hungrig werden?“
    „Dann holen sie sich, was sie brauchen, aber nicht mehr. Wenn ein Löwe eine Antilope erlegt hat, kann er drei Tage faulenzen. Haben Sie je so was wohltuend Faules wie die Löwen gesehen?“
    Das stimmte. Wir hatten in diesen Tagen unzählige Löwen gesehen, beinahe nur ruhend. Ab und zu war wohl einer langsam aufgestanden, hatte sich vielleicht die Pfoten geleckt, herzhaft gegähnt und sich wieder im Gras ausgestreckt.
    „Dann sag einer nichts über Löwen im Zoo!“ sagte Senta. „Da brauchen sie nicht einmal fürs Essen zu sorgen, da können sie nur faulenzen!“
    Vier große Augenblicke erlebten wir an diesem Nachmittag. Erstens unten am See: Plötzlich flogen mehrere hundert herrliche Flamingos hoch und zogen wie eine rosa Wolke an uns vorbei.
    Dann gab unser Fahrer ein Zeichen: Bloß ganz still, ganz mucksmäuschenstill! Was er uns zeigte, konnten wir nur durchs Fernglas sehen. Er wollte nicht versuchen, näher zu kommen:
    Zwischen zwei kleinen Grashügeln lag ein neugeborenes Thomsongazellchen. Es drückte sich flach an die Erde, war kaum zu unterscheiden von dem Gras, das hier gelb-bräunlich war. Das
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