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Russisches Poker

Russisches Poker

Titel: Russisches Poker
Autoren: B Akunin
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seid ihr Bestien, schlau. Aber Jeropkin ist noch schlauer. Ihr wolltet mich also in ganz Moskau zum Gespött machen, dem Gelächter preisgeben? Sosoo«, sagteer gedehnt. »Gleich bringe ich euch zum Lachen. Wer gegen Jeropkin die Zähne fletscht, den erwartet ein schreckliches Schicksal. Damit andern die Lust vergeht.«
    »Was ist denn das für ein Melodram, Euer Exzellenz«, fauchte Momus beherzt zurück. »Das paßt doch gar nicht zu Ihnen. Sie als … Wirklicher Staatsrat, eine Säule der Strenggläubigkeit. Wozu gibt es Gerichte und die Polizei? Sollen die doch ein Urteil fällen, warum wollen Sie sich die Hände schmutzig machen? Außerdem haben Sie, Verehrtester, überhaupt keinen Verlust. Den wertvollen Goldring haben Sie doch bekommen, oder? Und den Schatz. Sie können ihn behalten, sozusagen als Ausgleich für die Kränkung.«
    »Ich geb dir gleich einen Ausgleich.« Jeropkin lächelte nur mit den Lippen. In seinen Augen glomm ein kaltes, erschreckendes Feuer. »Na, fertig?« herrschte er die Knechte an.
    Sie sprangen herunter.
    »Fertig, Samson Charitonowitsch.«
    »Also los, aufhängen.«
    »Was heißt denn aufhängen?« rief Momus empört, doch da hoben sie ihn schon mit den Beinen voran vom Fußboden auf. »Das übersteigt doch … Wache! Hilfe! Polizei!«
    »Schrei nur!« sagte Jeropkin. »Wenn hier mitten in der Nacht jemand vorbeikommt, bekreuzigt er sich und rennt Hals über Kopf davon.«
    Plötzlich kreischte Mimi gellend: »Feuer! Wir brennen! Helft, gute Leute! Feuer!«
    Sie hatte sich ganz richtig gedacht, daß ein Passant bei solchem Geschrei nicht erschrecken, sondern zu Hilfekommen oder ins Kloster eilen würde, damit sie dort Alarm läuteten.
    Momus fiel ein: »Feuer! Wir brennen! Feuer!«
    Aber sie konnten nicht lange schreien. Der Schwarzbart schlug Mimi mit seiner Riesenfaust sacht auf den Kopf, da sank das Schwälbchen zusammen und fiel mit dem Gesicht auf den Boden. Und um Momus’ Hals schlang sich wieder wie eine sengende Schlange die Peitsche, so daß aus dem Geheul ein Krächzen wurde.
    Die Folterknechte zerrten den Gefesselten auf den Tisch. Seine Fußknöchel wurden an je ein Seil geknotet und hochgezogen, und bald baumelte Momus kopfunter über den gehobelten Brettern, anzusehen wie der Buchstabe Y. Der graue Bart hing herab und kitzelte ihm das Gesicht, die Chlamys war heruntergerutscht und gab die Beine frei, die in einer engen Husarenhose und Stiefeln mit Sporen steckten. Momus hatte draußen den Bart abreißen, das Gewand wegwerfen und sich in einen zackigen Husaren verwandeln wollen – in dem sollte mal einer den »Einsiedler« wiedererkennen.
    Jetzt in dem kleinen Schlitten sitzen, auf der einen Seite Mimi, auf der anderen der Geldsack, statt dessen baumelte er, zugrunde gerichtet von der niederträchtigen deutschen Erfindung, an den Seilen, das Gesicht der nahen, doch unerreichbaren kleinen Tür zugewandt, die in die verschneite Nacht führte, zum rettenden Schlitten, ins Glück, ins Leben.
    Hinter ihm tönte die Stimme Jeropkins: »Sag mal, Kusma, mit wieviel Schlägen kannst du ihn in zwei Hälften spalten?«
    Momus drehte sich an den Seilen um, denn die Antwort auf diese Frage interessierte ihn auch. Er sah den Stummen vier Finger hochhalten und nach kurzem Überlegen den fünften hinzufügen.
    »Na, nur fünf Schläge, das muß ja nicht sein«, bemerkte Jeropkin. »Wir haben keine Eile. Gehen wir’s sachte an, schrittchenweise.«
    »Recht so, Euer Exzellenz«, sagte Momus hastig. »Ich habe meine Lektion gelernt und bin sehr verängstigt, Ehrenwort. Ich habe einige Ersparnisse, neunundzwanzigtausend Rubel, die will ich gern als Strafe bezahlen. Sie sind doch Geschäftsmann. Wozu die Emotionen?«
    »Und den Kleinen nehme ich mir hinterher vor«, sprach Jeropkin nachdenklich und mit sichtlichem Vergnügen zu sich selbst.
    Momus zuckte zusammen, denn er begriff, daß Mimis Los entsetzlicher sein würde als sein eigenes.
    »Vierundsiebzigtausend!« schrie er, denn soviel waren ihm von den vorhergehenden Moskauer Operationen geblieben. »Und der Junge kann nichts dafür, er ist noch so klein!«
    »Na los, zeig, was du kannst!« gebot der Blutsauger.
    Die Peitsche pfiff wie ein Räuber. Momus heulte fürchterlich, denn zwischen seinen auseinandergezogenen Beinen war krachend etwas geplatzt. Aber er spürte keinen Schmerz.
    »Schön hast du ihm die Hose gespalten«, lobte Jeropkin. »Und jetzt ein bißchen tiefer. So zwei Zentimeter. Dann wird er aufjaulen. Und dann im
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