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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde
Autoren: Barbara Lutz
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friedlich sassen sie da und haben sich unterhalten, in bestem Einverständnis. Ein guter Treffpunkt, den Perren ausgewählt hat, das menschenleere Bad. Ich weiss nicht, wo die Russen reinkamen. Mich jedenfalls hat keiner gesehen, nicht die Russen und nicht der Bademeister. Keiner von denen hat begriffen, was passiert ist, nicht einmal die Russen. Weil ich wartete, bis sie weg waren. Selbst Perren hatte keine Ahnung, dass ich hier war. Ich musste deinem Juri nur nachschleichen. Da setzt er sich freiwillig in die Dampfgrotte. Zum Feierabend, nehme ich an, zum Entspannen. Seinen Feierabend hat er gefunden. Ein Glück war das, verstehst du, aber man muss das Glück auch zu packen wissen. Wie die Schlüssel neben dem Kaffeeautomat, dieser Idiot von Bademeister sucht sie wohl noch heute.»
    Bernasconi hielt Pereiras Schlüsselbund in die Höhe. Gut, er hatte Schlüssel für die Dampfgrotte. Ich auch. Ich hatte das Gefühl, in eiskaltem Wasser zu stehen, das konnte nicht sein, aber ich merkte, dass ich am ganzen Leib schlotterte. Näf, die ich nicht sah und die vermutlich direkt neben Tür stand, schien Bernasconi zum Gehen zu drängen, jedenfalls drehte er sich zu ihr hin und sagte etwas. Bernasconi durfte so nicht gehen, nicht verschwinden, bevor ich verstanden hatte. Ich wollte, dass er weitersprach.
    «Und Tobias? Der ist Ihnen doch auf die Schliche gekommen, oder etwa nicht?», rief ich.
    Bernasconi drehte sich zu mir zurück.
    «Auf die Schliche gekommen. Auf die Schliche gekommen. In meinen Sachen geschnüffelt, aber nicht zu seinem Vorteil. Er hielt sich für klug.»
    Bernasconi trat einen Schritt auf mich zu, ich musste nach unten ausweichen und stand nun bis über die Knie im Wasser. Das Wasser war heiss, ich merkte es, dann vergass ich es wieder. Wie eine Hornisse baute sich Bernasconi im Nebel über mir auf, seine angelaufenen Brillengläser wie die Augen eines blinden Insekts, umgeben von Wolken. Er sieht mich gar nicht, wurde es mir bewusst, aber das nützte nicht viel, auf der engen Stiege kam ich nicht an ihm vorbei, und draussen wartete Näf.
    «Da kommt dieser Praktikant und sagt mir, ich sei ein Betrüger. Anzeigen wollte er mich. Kopien hat er sich gemacht und alles in seinem Computer gespeichert, hat er mir gesagt. Dass er alles über mich wisse, über meine Familie, über meine Eigentumsverhältnisse. Er wollte sich sogar mit Perren anlegen und den Russen, der Idiot. Deshalb hat er auch Salnikow eingeweiht, der den Russen hinterherspionieren sollte. Das haben die aber nicht lange mit sich machen lassen. Mich blossstellen und die Russen überführen. Die hatten ja keine Ahnung. Tobias Bucher. Klug genug, um Akten zu studieren. Zu blöd, um am Leben zu bleiben. Erzählt er doch allen im Büro, wo er hinwill. Aufgezeichnet hat er’s sogar, auf einer Serviette.»
    Bernasconi hörte auf zu sprechen. Ich konnte im Dampf sein Gesicht nicht erkennen, vielleicht doch Reue. Dann sah ich, zwischen zwei Nebelschwaden, wie er damit beschäftigt war, die Steine der Naturwand zu studieren. Er rubbelte selbstvergessen an einem Steinchen herum.
    «Werner, wir gehen.»
    Katrin Näf kam und zog ihn mit sich weg. Ich hörte, wie von aussen die Tür abgeschlossen wurde. Ich schnappte nach Luft, hielt mich am Treppengeländer fest und zählte auf zehn. Nicht zur Tür stürzen mit dem Schlüssel, nicht, solange sie vielleicht noch draussen sind. Ich zog mich langsam die paar Stufen hinauf, hinaus aus dem heissen Wasser. Oben verlor ich fast das Bewusstsein, Panik und Benommenheit, Schwindel, alles gleichzeitig, Dampf überall, zu wenig Luft. Jetzt wo die Tür geschlossen war, war der Dampf so dicht, dass ich nicht einmal mehr meine eigenen Hände sah. Der Impuls, mich sofort zu befreien, war schwer zu unterdrücken. Ich lehnte mich gegen die kühle Tür. Warten, bis sie weg sind. Aber nicht so lange, dass ich das Bewusstsein verliere. Auf dreihundert zählen. Fünf Minuten warten.
    Ich hörte Stimmen. Mein Ohr gegen das kalte Glas gepresst. Männerstimmen, eine Frau schrie etwas. Jemand war gekommen. Ich wollte hinaus. Den Schlüssel ins Schlüsselloch. Umdrehen. Es ging nicht. Bernasconi hatte den Schlüssel aussen stecken gelassen. Ich rüttelte an der Tür, blödsinnig. Aufschiessen, das Glas zerschiessen. Ich stellte mich schräg zur Tür und schoss. Nichts. Nicht einmal ein leises Klicken. Der Dampf, vermutlich funktionierte das Ding in der Nässe nicht. Noch einmal. Nichts. Ich hämmerte gegen die Tür, presste mein
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