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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut
Autoren: Anne Chaplet
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zusammen gehen?«
    Mark legte den Arm um das Mädchen. »Katalina ist schneller ohne uns.«
    »Es dauert nicht lange. Ich lasse Zeus bei euch.« Der Hund schien sofort zu begreifen und legte sich zwischen die beiden.
    Katalina drehte sich um und tastete sich zurück.
    Sie mußte mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt haben, als sie die andere Person hörte. Wer immer ihr da entgegenkam, gab sich keine Mühe, ein Geheimnis daraus zu machen. Wieder traf sie der kühle Luftstrom. Diesmal trat sie beiseite, in den Felsspalt, machte die Taschenlampe aus und wartete.
    Das Geräusch kam verzerrt bei ihr an, aber jemand tappte durch den langen Gang auf sie zu. Je näher die unbekannte Person rückte, desto deutlicher hörte man einen anderen Laut. Jemand weinte.
    Und dann glitt der Lichtkegel einer Taschenlampe über den Boden, dem ein Schatten folgte. Katalina hielt die Luft an. Ein Schritt noch – dann stand sie hinter der anderen Person. Der Judogriff gelang ihr, obwohl sie seit Jahren aus der Übung war.
    Erin wehrte sich nicht.
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Alex – er sollte längst zurück sein.«
    Wußte Erin, wo Alex war? Hatte er ihr gesagt, wohin er gehen würde? Katalina kämpfte mit Mitleid und endete bei Mißtrauen. Die beiden waren gemeinsam hinuntergestiegen. Dann ein Streit, sie machte ihm Vorwürfe, und irgendwann schlug sie zu – mit einem der Gesteinsbrocken, die es da unten reichlich gab. Und jetzt kehrte sie zurück an den Tatort, um die Spuren zu verwischen.
    Aber wie hatte Erin Alex in den Sarg gehievt? Womöglich mit dem Griff, den jeder, der kranke Menschen pflegt, kennt?
    Jedenfalls waren sowohl eine besorgte Ehefrau als auch eine Mörderin dort unten in der Krypta fehl am Platz. Erin ließ sich ohne großen Widerstand dazu bewegen zurückzukehren. Katalina ließ sie vorsichtshalber vorangehen.
    »Was haben Sie mit dem Grafen gemacht?« fragte sie nach einer Weile. Ihre eigene Stimme klang fremd hier unten, substanzlos, ohne Nachhall.
    »Dafür gesorgt, daß er den Mund hielt«, sagte Erin. »Sie hätten sie sehen sollen, wie sie an sein Krankenbett gepilgert sind und ihn händeringend angebettelt haben, sein Geheimnis preiszugeben.« Sie kicherte.
    »Er hätte daran sterben können.«
    »Ach was. Ich kenn’ mich da aus. Ich hab’ schon meinen Vater ruhig gekriegt.«
    Erin klang aufgekratzt, fast ein bißchen größenwahnsinnig. Die Maske der Bescheidenheit war längst abgelegt.
    »Aber er hatte ja noch nicht einmal etwas zu verraten, der alte Betrüger. Er hatte – nichts ! Und für nichts und wieder nichts hat Alex sich mit Sophie eingelassen, damit Gundson nicht alles absahnt –« Erins Stimme wurde lauter. »Mit meiner Schwester! Meiner eigenen verdammten Schwester!«
    Ruhmsucht, dachte Katalina. Gier. Besessenheit. Liebe, zuviel davon. Wahrscheinlich war alles schon vorher dagewesen, aber hier hatte es sich ausbreiten können wie der Schimmelpilz im Schloßgemäuer. »Und wegen Sophie haben Sie die Stute manipuliert? Aus Rache?«
    »Glauben Sie aus Vergnügen?« Erin stolperte über etwas und stieß einen leisen Fluch aus, der in Schluchzen überging. »Wenn Daphne nur mitgespielt hätte! Aber der Gaul hat ja immer nur die Falschen erwischt.«
    »Wollten Sie Sophie umbringen?«
    »Ja! Schwesternmord! Das gefällt Ihnen, Katalina, oder?«
    Katalina kannte dieses hysterische Vibrato. Sie versuchte, Erin zu einem schnelleren Tempo zu bewegen.
    Abrupt blieb Erin stehen und drehte sich um. »Er mag Sie. Alex. Komisch, nicht? Er ist nicht wählerisch, was Frauen betrifft.«
    Katalina sah ihr in die stumpfen Augen. Die Frau vor ihr roch nach Angst und Wahn. Endlich drehte Erin sich um und ging wieder vorwärts.
    Beruhige sie, dachte Katalina. Laß sie erzählen. »Kennen Sie sich aus mit Pferden?« fragte sie schließlich.
    »Sie wollen alles wissen, nicht? Ich habe Sie durchschaut, Katalina, von Anfang an.« Erins Schatten vor ihr schien kleiner zu werden. Dann blähte er sich wieder auf. »Sie tun ganz harmlos und haben alles unter Beobachtung, stimmt’s?«
    Ja, dachte Katalina. Ich habe dich gesehen, wie du aus dem Stall herauskamst, einen Hut auf dem Kopf und einen Bullentreiber in der Hand. »Und?«
    Erin lachte. »Natürlich kenne ich mich aus. Ich war Juniorenmeisterin im Fünfkampf. Reiten, laufen, fechten, schwimmen und schießen. Ich war verdammt gut.«
    Sie ging immer schneller, stolperte, fing sich wieder. »Ich hasse es, wenn man mich unterschätzt.« Und dann, endlich,
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