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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen
Autoren: Eva Rossmann
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getrocknete Blumen. Ich gehe wieder zurück ins Lokal, und vor mir steht der Hüttenwirt.
    »Was war das eben?«, frage ich ihn mit einem möglichst harmlosen Lächeln und deute auf den Kücheneingang.
    Er zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
    »Zechpreller waren es aber keine.«
    »Wirklich nicht, die haben noch im Rennen gezahlt. Samt Trinkgeld und Geld für die Karaffe.«
    »Haben Sie die Russen gekannt?«
    »Die waren zum ersten Mal da, von der Kategorie gibt es nicht so viele.«
    Ich nicke. »Château Petrus, zwei Flaschen.«
    »Und dann noch den 1999er, das ist ein super Jahrgang, wenn auch noch ziemlich jung. Kostet im Einkauf schon über achthundert Euro. Die Flasche.«
    »Russenmafia?«, frage ich.
    »Wenn sie sich benehmen und zahlen, ist mir das wurscht.«
    »Womit könnte der Sorger sie erschreckt haben?«, überlege ich laut.
    »Der ist oft da, die zwei Amerikaner in letzter Zeit auch. – Vielleicht Geheimdienst?«
    Ich grinse. »Und gleich kommt James Bond.«
    Er grinst auch. »Hast ja recht, Mädchen, sorry, man denkt sich immer so einen Quatsch zusammen.«
    »Aber komisch war es schon.«
    »Bei den Russen ist manches komisch, aber eigentlich nicht nur bei den Russen.«
    »Gäste, die in einer Skihütte Pomerol trinken …«
    »Hast recht, bei uns ist manches komisch.«
    »Und Sie machen das da schon lange?«
    »Sag Du zu mir, du bist fast von da, früher haben wir alle einander Du gesagt. Ich hab eine kleine Käserei gehabt, im Bregenzerwald, dann hat mir ein Onkel die Hütte vermacht. Er hat nur Schnaps ausgeschenkt, alle haben gesagt, die Hütte sei viel zu klein, um sie als Skihütte zu betreiben, da passt ja nicht einmal ein ganzer Skikurs rein. Und wie ich das erste Mal Wein einkaufen gegangen bin, haben sie geglaubt, ich spinn. Ich spinn nicht.«
    »So etwas wie gerade mit den Russen – passiert das öfter hier?«
    Der Hüttenwirt lacht schelmisch. »Täglich!«
    »Quatsch.«
    Er nickt. »Zwei-, dreimal haben wir Streitereien unter Gästen gehabt. Russen waren übrigens nie dabei, die Aktion heut war die erste ihrer Art. Ich tät sagen, er ist ein Geschäftsmann, der andere sein Leibwächter, und die beiden Mädels sind Callgirls, da ist eh alles klar.«
    »Die eine hat nicht so ausgesehen.«
    »Glaubst du, hier gibt es keine Callgirls mit Stil?«
    Ich nicke, hier gibt es ja auch Château Petrus.
    Oskar steht mit meiner Jacke bereit. »Wir kommen wieder«, lächle ich dem Hüttenwirt zu. »Und wenn einmal ein Schluck Petrus übrig bleibt …«
    Er zwinkert mit dem rechten Auge. Nette Typen, hier auf dem Berg, Wenn nicht das gefährliche Skifahren wäre …
    Eng nebeneinander gehen wir den Fußweg hinunter nach Zürs, die Lichter der Hotels leuchten uns entgegen, die Luft ist klar. Der sonnengewärmte weiche Schnee zieht wieder an, wird wieder fest. In der Nacht kommt das Eis.
    »Die Dunkle, das war kein Callgirl«, sage ich unvermittelt.
    Oskar lacht sein liebevolles Lachen. »Kann es sein, dass du zu viel Fantasie hast?«
    Ich komme ins Straucheln, halte mich an ihm fest, Hand in Hand gehen wir weiter. »Jedenfalls habe ich Hunger«, erwidere ich.
    Dass im Hotel »Sonnenhof« heute Galadinner ist, erkennt man vor allem an den vielen silbernen Kerzenleuchtern und daran, dass das Bedienungspersonal elegante schwarze Hose und weißes Hemd mit Schlips trägt. Die Gäste sind bunt gemischt und so unterschiedlich gekleidet wie immer: Einige, vor allem die älteren, elegant, andere in durchschnittlicher Tageskleidung, und die Holländer am großen Tisch tragen überwiegend Jogginghosen.
    Mich versetzt allein der Gedanke an ein vielgängiges Abendessen in festliche Stimmung. Noch dazu, wo ich heute beinahe exzessiv Bewegung gemacht habe, da ist keine Rücksicht auf Kalorien notwendig.
    Als Tribut an die Gala hat Oskar ein dunkles Sakko angezogen, darunter trägt er allerdings ein Poloshirt. Ich habe mich für meinen schwarzen Samtsweater entschieden, schwarzer Samt macht immer etwas her, außerdem habe ich nichts Eleganteres dabei.
    Das Essen ist gut, keine kulinarische Offenbarung, aber die haben wir auch nicht erwartet, man findet sie selten in Hotels. Nach dem Käse setzt sich die Hotelchefin für einige Minuten zu uns. Wir loben Essen und Zimmer und Berge und Schnee und Wein und meinen es auch so. Wenn wir Weinkenner seien, dann sollten wir doch in den nächsten Tagen einmal ins »Zirben« schauen, rät sie uns.
    »Kennen wir schon«, kläre ich sie auf, und bevor mich Oskar zurückhalten
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