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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit
Autoren: Robin Gates
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die Sicherheit Mehanúrs erreichen. In der Ödnis des Belagerungsrings trieben auch fliegende Maugrim ihr Unwesen. Nur eine Überlegung schoss ihm noch durch den Kopf, bevor er all sein Trachten auf seinen Flug richtete und darauf, die Umgebung nach möglichen Feinden abzusuchen.
    Wenn wir es unbeschadet bis nach Mehanúr schaffen, musst du deine Gestalt verändern! Der Alcarasán, der du einst warst, wird dort sein. Er darf dich unter keinen Umständen erkennen, sonst veränderst du womöglich den Lauf der Ereignisse, und die Stadt fällt ...
    Er war sich bewusst, dass Jahanila versuchte, etwas von seinen Gefühlen zu spüren, wobei sie sich bemühte, diese Versuche nicht in ein Sellarat münden zu lassen. Sofort schirmte er sich ab. Sie hatte schon viel zu viel von ihm erfahren.
    Nerias Augen waren fest geschlossen. Sie versuchte, in dem Braun vor ihren Lidern ein Bild des Waldes erstehen zu lassen, um sich zu beruhigen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Die scheinbar endlose Steppe, über die sie flogen, drängte sich immer wieder in ihren Verstand. Der Wald war fort. Talháras war fort. Sie war völlig allein und auf sich selbst gestellt, an einem Ort, so fremdartig und unheimlich wie die beiden geflügelten Wesen in ihrer Gesellschaft. Nie zuvor hatte sie sich derart verlassen gefühlt, nicht einmal bei ihrem ersten Schritt aus der Sicherheit des Roten Waldes heraus, an einem Abend, so entsetzlich weit weg von ihrem jetzigen Dasein, dass es ihr vorkam, als hätte er in einem anderen Leben stattgefunden. Die einzige Verbindung, die es zu ihrer Vergangenheit noch gab, war der junge Mann auf dem Drachen neben ihr, der sie durch das magische Portal gezogen hatte – gegen ihren Willen zwar, aber hatte denn jemals einer von ihnen eine Wahl gehabt?
    Sie schluckte und öffnete wieder die Augen.
    Enris hatte auf Alcarasáns Rücken endlich einen sicheren Halt gefunden. Die Gesichter von Suvare, Themet und Mirka zogen in Gedanken an ihm vorbei. Blinzelnd sah er den beiden fernen Feuerbällen entgegen, die allmählich im Sinken begriffen waren. Es fiel ihm immer noch schwer, sie als Sonnen zu betrachten, denn niemals hätte er sich ausgemalt, jemals zwei, wenn auch kleiner als jene Runlands, am Himmel zu sehen.
    Er fragte sich, ob es seinen Freunden, die auf Irteca zurückgeblieben waren, gut gehen mochte. Der Gedanke traf ihn wie ein Blitz, dass sie hier, in diesem Augenblick, noch nicht am Leben waren. Ihre Schicksale würden erst in weit entfernter Zukunft beginnen. Es gab sie nicht, weder Themet, noch Mirka, noch Suvare oder die anderen. – Trotzdem konnte er sich aber an sie erinnern. Gab es sie also doch noch? Waren sie irgendwo dort draußen, jenseits der beiden gleißenden Feuerbälle am Himmel, denen sie entgegenflogen?
    Ihn schauderte.
    Eine Reise durch die Zeit. So etwas konnte einen ja an seinem Verstand zweifeln lassen, wenn man zu lange darüber nachdachte.
    Er richtete sich ein wenig auf und sah, dass die Wolfsfrau ihn schon seit einer Weile ansah. Der maßlose Zorn, den sie versprüht hatte, als er sie gegen ihren Willen durch das Quelor geschleift hatte, war aus ihrem Gesicht verschwunden. Als stumme Antwort warf er Neria einen langen Blick zu. Es war wie ein Versuch, über die Entfernung hinweg ihre Hand zu halten. Sie brauchte keine Worte, um ihn zu verstehen. Wenn sie auch eine Voron war und er ein Mensch, so teilten sie im Moment doch dasselbe Schicksal, das ihr Dehajar zusammengeführt hatte. Herausgeschleudert aus ihrer eigenen Zeit, an diesem fremdartigen Ort und in Gegenwart der beiden Serephin, die sich in fliegende Drachen verwandelt hatten, verband sie ihre menschenähnliche Gestalt wie Geschwister.

32
    Er fällt in die Tiefe.
    Oben und unten haben aufgehört zu existieren. Es ist nichts als Schwärze um ihn herum, dennoch weiß er, dass er in einen Abgrund stürzt. Wie lange schon? Momente? Äonen?
    Wer ist er?
    Verzweifelt zermartert er sich den Kopf. Da war ein Turm. Dessen Mauern stürzten ein, und er fiel von seiner Spitze hinab. Jemand war bei ihm. Jemand fiel mit ihm hinein in die Schwärze des Todes und des Vergessens. Er versucht, sich daran zu erinnern, wer es war, aber es will ihm nicht gelingen. Der Schmerz darüber quält ihn beinahe mehr als der Umstand, dass er nicht einmal um sich selbst weiß. Er ist tot, aber warum kann sein Verstand noch immer über Gewesenes nachsinnen?
    Wer ist er?
    Ein blutroter Himmel irrlichtert kurz durch seinen Geist. Weiße Türme ragen vor seinem
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