Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut!
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
aber sie begnügt sich auch mit Bier, so wie alle anderen.« Nanny Ogg zuckte mit den Schultern, als Oma fortfuhr: »Aber ihr würdet euch wohl kaum mit Blutwurst zufriedengeben, denn es geht euch in erster Linie um Macht über andere Leute. Ich kenne euch so gut, wie ich mich selbst kenne. Und eins der Dinge, über die ich so gut Bescheid weiß, betrifft das Baby: Ihr wärt nicht in der Lage, ihm auch nur ein Haar zu krümmen.« Oma rührte geistesabwesend den Tee um. »Vorausgesetzt, es hätte bereits Haare. Ihr brächtet es einfach nicht fertig.«
    Sie nahm die Tasse und streifte sie sorgfältig am Rand der Untertasse ab. Agnes beobachtete, wie sich Lacrimosas Lippen gierig teilten. »Eigentlich bin ich nur hier, um zu sehen, ob euch Gnade oder Gerechtigkeit widerfährt«, sagte Oma. »Es ist nur eine Frage der Wahl.« »Glaubst du wirklich, wir könnten Fleisch nichts zuleide tun?« fragte Lacrimosa und trat vor. »Schau hin.«
Sie holte aus, um das Baby zu schlagen, doch ihre Hand zuckte so heftig zurück, als hätte sie etwas gestochen.
    »Du kannst es nicht«, stellte Oma fest.
»Ich hätte mir fast den Arm gebrochen!«
»Schade«, sagte Oma ruhig.
»Du hast dem Kind… irgend etwas Magisches gegeben«, vermutete der
    Graf.
    »Ich weiß gar nicht, warum jemand auf so einen Gedanken kommen sollte«, erwiderte Oma. Weiter hinten blickte Nanny Ogg auf ihre Stiefel. »Nun, hier ist mein Angebot. Ihr gebt Magrat und das Baby frei, und dafür schlagen wir euch die Köpfe ab.«
»Und das nennst du Gerechtigkeit?« fragte der Graf.
    »Nein, das nenne ich Gnade«, hielt ihm Oma entgegen. Einmal mehr stellte sie die Tasse auf die Untertasse.
    »Meine Güte, Frau, willst du den verdammten Tee endlich trinken oder nicht?« donnerte der Graf.
Oma nippte daran und schnitt eine Grimasse.
    »Ach, was habe ich mir nur dabei gedacht? Bei all dem Gerede ist der Tee kalt geworden.« Sie drehte die Tasse um und goß ihren Inhalt auf den Boden.
    Lacrimosa stöhnte.
»Vermutlich läßt es bald nach«, sagte Oma noch immer im Plauderton.
    »Aber solange die Wirkung anhält, könnt ihr weder dem Kind noch Magrat etwas antun. Außerdem graut euch bei der Vorstellung, Blut zu trinken, und ihr lauft nicht weg, weil ihr euch einer Herausforderung stellen wollt…«
    » Was wird bald nachlassen?« fragte Vlad.
»Deine Mauern aus Gedanken sind sehr stark«, sagte Oma verträumt. »Ich konnte sie nicht durchdringen.«
Der Graf lächelte.
Oma Wetterwachs lächelte ebenfalls. »Deshalb habe ich es auch gar nicht versucht«, fügte sie hinzu.
    Der Nebel wogte durch die Gruft, strömte über Boden, Wände und Decke. Er kroch die Stufen hinauf und durch einen Tunnel. Die Schwaden drängten brodelnd übereinander hinweg, als führten sie einen sonderbaren Kampf gegeneinander.
    Eine unvorsichtige, über die Steinplatten trippelnde Ratte reagierte zu spät. Der Dunst strich über sie hinweg. Ein kurzes Quieken brach sofort wieder ab. Nur einige kleine weiße Knochen blieben zurück.
    Ähnlich beschaffene Knochen, die jedoch zusammengesetzt waren, einen schwarzen Kapuzenmantel sowie eine winzige Sense trugen, erschienen aus dem Nichts und näherten sich den Überresten der Ratte. Knöcherne Pfoten klickten auf den Stein.
»Quiek?« fragte der Rattengeist in mitleiderweckendem Tonfall.
    QUIEK, erwiderte der Rattentod. Mehr gab es eigentlich nicht zu sagen.
    »Du wolltest wissen, wo ich mein Selbst versteckt habe«, sagte Oma. »Nun, ich habe es gar nicht fortgebracht, sondern es in etwas Lebendigem verstaut, das du in dich aufgenommen hast. Dieser Vorgang war eine Einladung. Ich stecke in jedem Muskel deines Körpers, und ich bin auch in deinem Kopf. Ich war im Blut, Graf. Im Blut. Ich bin nicht vampirisiert worden. Ganz im Gegenteil. Ihr wurdet gewetterwachst. Ihr alle. Ihr hört immer auf die Stimme des Blutes.«
    Der Graf starrte sie mit offenem Mund an.
    Der Löffel fiel von der Untertasse, klapperte auf den Boden und verursachte dort eine Welle im dünnen weißen Dunst. Von den Wänden krochen die Schwaden heran und ließen dort, wo die Vampire standen, einen schrumpfenden Kreis aus schwarzen und weißen Fliesen frei.
    Igor schob sich durch die Menge, bis er neben Nanny stand. »Ef ift allef in Ordnung«, sagte er. »Ich muffte etwaf unternehmen. Fofiel Schande…«
    Der Nebel stieg zu einem wogenden Turm auf, und es folgte eine Phase der Diskontinuität, ein Gefühl zerschnittener Zeit, und dann stand eine hochgewachsene Gestalt hinter Vlad und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher