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Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!
Autoren: Else Buschheuer
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höchstens dreimal hintereinander mit demselben machen. Die Fax-Variante: Erwarte auf eben dieser Nummer ein wichtiges Vertragsformular. Die Saft-Variante: Mein Akku ist gleich alle. Die Polit-Variante: Bundeskanzleramt auf der anderen Leitung. Die Besuchs-Variante: Bin nicht allein. Ganz selten rede ich mich mit der Weibermasche raus, etwa: Hab was auf dem Herd oder: Meine Haare tropfen. Lieber klingele ich an meiner eigenen Wohnungstür und täusche Besuch vor. Oder ich rufe mich selbst mit dem Handy auf meiner zweiten Leitung an. Die Reise-Variante: Das Taxi wartet. Der Flug geht in einer Stunde. Oder Jetlag.
    Abends gehe ich gar nicht mehr ran, sondern warte, bis sich der Anrufbeantworter anschaltet. Meine Ansage ist knapp und neutral gehalten.
    Es gibt nur eins, was schlimmer ist als eine zu lange Ansage: eine originelle Ansage. Mit Musik unterlegt, mit verteilten Rollen oder mit Politiker-Imitatoren-Stimmenbesprochen. Originelle Ansagen sollten verboten werden! Solchen Leuten hinterlasse ich aus Prinzip keine Nachricht. Unter keinen Umständen!
    Sollte also doch mal ein wichtiger Anruf kommen, dann kann man immer noch vorbereitend hecheln, dann abgehetzt rangehen und behaupten, man sei eben nach Hause oder aus dem Bad gekommen.
    Leider schaltet sich aus irgendeinem Grund mein Anrufbeantworter heute nicht ein. Ich bin zu neugierig, um das Klingeln zu ignorieren. Undenkbar, niemals zu erfahren, wer dran gewesen ist! Das würde mir endgültig den Tag versauen. Höchstwahrscheinlich würde ich sogar alle in Frage kommenden Anrufer durchtelefonieren und abfragen. Das ist fast genauso schlimm, wie wenn mir ein Schauspielername nicht einfällt. Dann nistet sich dieser Suchauftrag fest im Kopf ein, und man kann rein gar nix mehr genießen. Manchmal wünschte ich, ich wäre selbst der Anrufbeantworter. Dann könnte ich bei Bedarf sagen, dass ich nicht da bin. Bitte sprechen Sie nach dem Pfeifton! Also, wer stört?
    »Warte mal, Dietrich, ich habe noch jemand in der Leitung.«
    Klick.
    »Ich bin’s!«, sagt eine weibliche Stimme am anderen Ende.
    Ich bin’s! Das ist ja überhaupt die hinterfotzigste Art, sich zu melden! Abgelegte Lover haben das auch drauf: Ich bin’s! Als ich noch sensibel war, habe ich immer vorsichtig zurückgefragt: »Wo bist du jetzt?«, um herauszukriegen, wer verdammt noch mal derjenige sei. Aber was, wenn er dann sagt »zu Hause«? Dann hat man auch nicht viel gekonnt! Inzwischen bin ich nicht mehr sensibel: »Was soll das sein?«, rufe ich streng in die Muschel undfummele mit der freien Hand an der Programmierung meines DVD-Recorders herum, um den Rest von
Bärbel
aufzunehmen. »Heiteres Stimmenraten?«
    »Hallo, Paprika! Ich bin’s doch, Kitty!«
    »Kitty wer?«
    »Na, Kitty! Vom Studium! Weißt schon!«
    Was will
die
denn! Das ist auch schon zehn Jahre her! Selbst wenn ich jemals eine Freundin wollte, dann ganz bestimmt nicht die! Früher haben wir uns manchmal geschrieben. Aber doch nie telefoniert! Ich dachte, das sei klar.
    »Bleib mal dran. Ich spreche grade mit der finnischen Botschaft.« Klick.
    »Dietrich? Noch dran? Gut! Kommst du jetzt mit zur Aids-Gala?«
    »Uiuiui, mein Daumen juckt! Ich glaub, es gibt Geld!«
    »Och nö! Nich schon wieder!«
    »No cash, no deal!«
    »Mann, wirklich also … Bleib mal dran!«
    Klick.
    »Kitty? Sag schnell: Was gibt’s?«
    »Ich bin am Montag in Berlin!«
    »Ah – ja! Toll! Aber Montag sieht schlecht aus.«
    Für einige Sekunden entsteht das, was Mia Wallace in
Pulp Fiction
»ungemütliches Schweigen« nennt. Kitty merkt das nicht. Sie steuert brutal auf ihr Ziel zu.
    »Kann ich bei dir übernachten?«
    Ich hab mich wohl verhört! Das kann man doch nicht einfach so fragen! Da kann ja jeder kommen! Das wäre ja noch schöner! Ich muss mal. Ich setze das Headset auf und gehe pinkeln.
    »Weißt du … ähm … Kitty … ich habe nur ein Bett!«
    »Macht nichts! Wäschst du grade ab?«
    »Jaja. Und außerdem weiß ich noch nicht, ob ich Montag überhaupt da bin. Da ist diese Tagung in London …«
    »Auch gut! Wenn du nicht da bist, dann habe ich das Bett ja sogar für mich allein. Du hinterlegst einfach den Schlüssel beim Nachbarn!«
    Nachbarn! Vor meinem inneren Auge tauchen kurz die Wurstgesichter von Mändy und Maik auf. Dann Kitty allein in meiner Wohnung, wie sie meine Zahnbürste benutzt und den Finger tief in mein Nutellaglas steckt. Ich bin verdammt in Schwierigkeiten!
    »Bleib mal kurz dran, ja?«
    Klick.
    »Dietrich? Wie viel willst du?
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