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Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!
Autoren: Else Buschheuer
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Internationalen Films. Kitty flattert mit den blau gemalten Lidern. »Oh! Ein Filmlexikon!« Sie schnauft vernehmlich. »Das ist … irgendwie so … groß! Wo soll ich ’n das hinstellen?« Sie schiebt den Karton beiseite und gibt erneut den Blick auf ihre furiosen Silikontitten frei. Fred starrt unverwandt dorthin und legt ein Al-Bundy-Lächeln auf. Ich klebe mein ausgekautes Orbit blau an den Lexikon-Karton. Robert furcht die Stirn und beginnt zu summen.

53. Pärchen knacken
    Weihnachten steht vor der Tür. Das Polaroid von Kittys entsetztem Gesicht pinne ich an die Kaminzimmerwand. Daneben kommt eine passende BILD-Zeile: PATIENTIN ERSCHIESST SCHÖNHEITSCHIRURGEN – ER HATTE IHRE BRÜSTE VERPFUSCHT. Ich löffle hastig einen 500-Gramm-Becher Majonäse aus. Thema bei
Bärbel Schäfer:
»Auch wir Behinderten haben ein Recht auf Sex.« Wortfindungsstörungen. Manische Legasthenie. Wird Sex wirklich mit x geschrieben? Und Klavier wirklich hinten wie Vier? Sieht irgendwie komisch aus! Das Gehirn hat 100 Milliarden Zellen. Ab dem 35. Lebensjahr baut es Zellen ab, jährlich 2,5 Millionen, die nie ersetzt werden. Ich blättere in einem Prospekt der Zeugen Jehovas. Die sind auf den Fotos alle sehr schön und stellen super Fragen: Kümmert sich Gott wirklich um uns? Wenn ja, warum lässt er Leiden zu? Werden sie je enden?
    Dietrich stellt keine Fragen. Er steht vor meinem Badspiegel, drückt sich einen Pickel aus und formuliert seine Vorsätze fürs neue Jahr. Bei mir im Kaminzimmer kommen nur Fetzen an: »Sterben wollen … Leben wollen … Askese … Ficken … fressen … ganz doll scheißen müssen … und dann schrecklich heulen müssen … Gierig nach Leben sein. Und wenn das nicht klappt, wahnsinnig werden.«
    Zwischen uns ist es wieder wie früher. Mändy hat er abgetrieben. Aber sie war längst nicht das Ende der Fahnenstange. Dietrich gerät immer mehr auf Abwege. Sein Sexfutter holt er sich inzwischen öfter auf dem Männerstrich. Er hält es nun endgültig mit Sade und Fassbinder, sagt er. Lieber drin haben als drin sein. Abends am Kamin liest er mir mit dem entsprechenden Pathos aus denBriefen des Göttlichen Marquis vor: »Ach, Therese, wenn du wüsstest, wie köstlich dieses Spiel ist, wenn du verstehen könntest, was man bei der wonnigen Einbildung, nur mehr eine Frau zu sein, empfindet! Unglaubliche Verirrung des Geistes! Man verabscheut dieses Geschlecht und will es nachahmen! Ach, welche Wonne, wenn man dahin gelangt, Therese, wie köstlich, die Hure eines jeden, der einen begehrt, zu sein, und dies zuletzt zu vollenden, den abschließenden Höhepunkt des Deliriums und der Prostitution zu erreichen, an ein und demselben Tage die Mätresse eines Tagediebs, eines Marquis, eines Lakaien, eines Mönchs zu sein, von all diesen nacheinander liebkost, gestreichelt, begehrt, bedroht, geschlagen zu werden, bald in ihren siegreichen Armen, bald als Opfer zu ihren Füßen, sie mit Zärtlichkeiten erweichend, mit Ausschweifungen belebend … Oh, nein, nein, Therese, du verstehst nicht, was die Lust für jemanden ist, der denkt wie ich … Aber abgesehen von diesen Gefühlen, wenn du dir vorstellen würdest, was die körperlichen Empfindungen dieser göttlichen Neigung sind! Es ist unmöglich, das auszuhalten: Es sind so heftige Kitzel, so reizvolle Erregungen der Wollust … man verliert den Verstand … man redet Unsinn; tausend Küsse, einer zärtlicher als der andere, können nicht feurig genug den Rausch feiern, in den uns der Tätige versetzt; in seine Arme geschlungen, die Münder aneinandergepresst, möchten wir nur noch eins sein mit ihm; wenn wir uns zu beklagen wagen, dann darüber, dass wir vernachlässigt werden; wir möchten, dass er mit Herkuleskräften uns weitet, in uns eindringt …«
    Je oller, je doller, sage ich. Desto, sagt Dietrich. Je – desto! Ein dünner Einwand. Vorbei die Zeiten unserer Jugend, als wir in aller Unschuld den Traum von Buñuelerfüllen wollten. Eine Bar, sollte »Zum Kanonenschuss« heißen und die teuerste Bar der Welt sein. Die Drinks wären sehr exquisit, die Einrichtung von erlesenem Geschmack. Vor der Tür sollte eine Kanone stehen, und immer, wenn ein Kunde 1000 Mark ausgegeben hat, ob bei Tag oder bei Nacht, sollte daraus ein Schuss abgefeuert werden. Dann dreht sich irgendwo in einem Wohnsilo ein Arbeitsloser im Bett um und sagt: Hat schon wieder ein reicher Schnösel 1000 Eier ausgegeben! Oder als wir durch die einschlägigen Etablissements zogen, um Pärchen zu
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