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Ruf der Daemmerung

Titel: Ruf der Daemmerung
Autoren: Riana O Donnell
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steil werdenden Weg hinauf und warfen die Sachen von der Klippe. Inzwischen sah es mal wieder nach Regen aus. In ein paar Stunden, wenn man die Zwillinge ernstlich vermisste, würden alle Spuren verwischt sein.
    »Und ich muss auch langsam aufbrechen«, meinte Patrick, als sie schweigend zurück zum Caravan kamen, jeder beschäftigt mit seinen eigenen Gedanken. »Wobei ich die Bezahlung für meine Arbeit ja wohl vergessen kann ...« Er seufzte theatralisch.
    Shawna umarmte ihn zum Abschied. »Ich wünschte, du könntest hierbleiben!«, sagte sie. »Ich ... ich hab Angst vor dem, was weiter geschehen wird.«
    Patrick küsste sie leicht auf die Wange. »Shawna, gar nichts wird geschehen. Dir jedenfalls nicht, die Kelpies haben dir nie etwas getan - wie wohl auch keinem anderen, der klug genug ist, die Hände von fremden Pferden zu lassen. Und der Stamm von deinem Ahi, Vio, wird wohl ausreichend Verstand besitzen, sich in Zukunft von Ainné McNamara fernzuhalten!«
    Viola nickte. Wenn es sein musste, würde sie persönlich dafür sorgen.
 

 
    »Wirst du ihn denn noch einmal sehen?«, fragte Shawna. Die Mädchen trennten sich ebenfalls vor Violas Haus. Unwillig. Shawna mochte nicht allein sein, und Viola graute es vor der garantiert absolut missgelaunten Ainné, der verdreckten Küche und den Männern, die auf die Zwillinge warten würden. Paddy fuhr bestimmt nicht ohne seine Söhne nach Hause. Und Viola konnte sich vorstellen, was inzwischen unten im See geschah. Die Kelpies würden ihr Lied singen und ihr Fest feiern. Bacha im Überfluss ...
    Tatsächlich verbrachte Viola die nächsten Stunden mit Aufräumen und Kochen. Erst am Abend war sie fertig. Im Wohnzimmer öffnete man da schon wieder eine Flasche. Paddy schien noch nicht sonderlich beunruhigt. Er vermutete seine Söhne in irgendeinem Pub.
    Viola versuchte, Katja eine Zusammenfassung der Ereignisse zu mailen, aber dann regnete es, die Internetverbindung brach mal wieder zusammen und sie hielt es einfach nicht mehr aus. Irgendetwas musste sie tun, wenn sie nicht verrückt werden wollte.
    So klopfte sie schließlich an Alans Schlafzimmertür und fragte, ob sie noch einmal bei Shawna übernachten durfte. Ihr Vater war im Bett und hatte seinen Fuß hochgelegt. Er sah ziemlich schlecht aus, die Ereignisse des Tages hatten ihn mitgenommen. Viola hoffte, dass nicht auch noch die Leichen der Zwillinge am Campingplatz angeschwemmt werden würden.
    »Heute?«, fragte er unwillig. »Und das fällt dir jetzt erst ein? Du weißt, morgen ist Schule.«
    Viola zog die Augenbrauen hoch. »Glaubst du wirklich, hier würde ich mehr Schlaf kriegen?«, erkundigte sie sich. »Ich nehme meine Schulsachen mit, Dad, dann kann ich mit Shawna im Bus fahren. Aber die Typen da unten ...«
    Alan lächelte ihr komplizenhaft zu. »Ja, mir gehen sie auch auf den Geist«, meinte er begütigend. »Wenn es nicht Ainnés Freunde wären ...«
    Viola sagte nichts mehr. Alan fand sich mit Ainnés unmöglichen Freunden ab wie mit ihren Hobbys und der Arbeit auf ihrem Campingplatz. Wer war sie, um darüber zu urteilen? Sie, die nicht tief genug liebte, um das Gleiche für Ahi zu tun.
    Viola packte ihre Sachen zusammen, schlich sich durchs Wohnzimmer und schloss leise die Haustür hinter sich. Aber dann schaffte sie es nicht, direkt den Weg zum Lovely View anzusteuern. Stattdessen zog sie das Bootshaus magisch an.
    Sie tastete sich die fast dunklen Pfade entlang, wie sie es im Winter so oft getan hatte. Und tatsächlich. Ahi saß auf einem der Steine hinter dem Bootshaus. Er wartete. Oder hatte er sie gerufen?
    Viola vergaß alle Bedenken und Schwüre, als sie ihn sah. Sehr schmal, fast abgezehrt, das lange, helle Haar glanzlos. Er brauchte bacha. Aber das sollte jetzt ja wieder fließen. Sie fragte sich, warum er noch nicht mit den anderen die alte Melodie des Todes sang.
    »Warum bist du nicht unten?«, fragte sie, viel härter, als sie eigentlich wollte. »Warum ...?«
    »Weil ich dich sehen musste«, sagte Ahi leise. »Ich hab's nicht mehr ausgehalten. Ich wollte nicht, dass du ... dass du mich so in Erinnerung behältst. Als einen, der seinesgleichen bekämpft. Als Feigling ...«
    »Du bist kein Feigling!« Viola trat zu ihm und nahm seine Hand. Es war wie die lang ersehnte Rückkehr in ein verlorenes Traumland. Ahi zog sie an sich und ihre Seelen erstürmten den Himmel.
    »Du warst es ...«, sagte Viola schließlich. »Das mit den Jungen, heute Mittag ... Hat deine Familie dich gezwungen?«
    Ahi
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