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Ruf der Daemmerung

Titel: Ruf der Daemmerung
Autoren: Riana O Donnell
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senkte den Kopf. Er hielt Violas Hand und seine Finger spielten nervös mit ihren. »Ich wollte es nicht. Du musst mir das glauben! Und die anderen hätten mich nie gezwungen, jeder war bereit, es zu tun. Aber es gab keinen Ausweg. Die Kerle wollten mein beagnama. Keins der anderen, sie hatten es auf den Hengst abgesehen. Und sie kannten Tricks ... Mein Gott, Viola, um ein Haar hätten sie mich überwältigt! Sie warfen mich um, fesselten meine Beine, einer sprang auf meinen Rücken, der andere wollte mir das Halfter aufzwingen. Ahlaya hat sich dann zurückverwandelt und die Stricke durchgeschnitten. Mit dem Messer eines der Jungen, er war ... er war sehr erschrocken.«
    Das war anzunehmen. Viola hätte fast gelacht. Selbst im Suff hätten sich die Malone-Zwillinge sicher nie ein Pferd vorstellen können, das sich plötzlich in eine Frau verwandelte und ihnen ihr Messer entriss.
    »Ich bin dann ... ich bin zum See gerannt ...«
    Ahi bedeckte seine Augen mit den Händen. »Mit dem ... mit dem Jungen auf meinem Rücken.«
    Viola legte ihm den Arm um die Schultern. »Was hättest du sonst tun können? Und ... der andere?«
    »Ich hab's nicht gesehen.«
    Viola sagte nichts dazu, aber hier bestand natürlich kein Zweifel. Die Kelpies konnten den Bruder nicht gehen lassen. Dafür hatte er zu viel gesehen. Also hatten sie in diesem Fall die Absicht für die Tat genommen und den zweiten Möchtegernreiter mit Gewalt in den See gezogen. Viola fragte sich, ob es doch sein Grauen war, das sie gespürt hatte. So wie Ahi es mitempfunden hatte. Vielleicht war die Gabe der Gedankenverbindung bei ihm zu stark ausgeprägt, um die Gefühle der Opfer auszublenden. Dann würde er nie ein Jäger werden.
    »Und nun ... werdet ihr singen?«, fragte sie leise.
    Ahi nickte.
    »Ahlanija hat mich dazu eingeladen«, flüsterte Viola. »Sie wollte ... sie wollte, dass ich eine von euch werde.«
    Ahi zog sie in die Arme. »Aber das kannst du nicht«, sagte er leise. »So wie ich keiner von euch werden konnte ...«
    Viola wollte etwas sagen, von ihrem Vater und Ainné erzählen, aber Ahi fuhr auf. »Ich muss gehen, ich höre sie rufen! Sie kommen ... Sie ... sie suchen ...«
    Viola vernahm jetzt ebenfalls etwas. Bills und Paddys betrunkene Stimmen. Anscheinend hatten die beiden sich entschlossen, eine Suchaktion zu starten. Mit Taschenlampen und laut rufend tapsten sie über den Campingplatz.
    Aber sie meinte auch eine andere Stimme zu hören. Eine singende Stimme ... Und in den Nebeln am Ufer schien ein Pferd zu stehen. Die schneeweiße Stute. Ahlanijas beag- nama.
    »Sag ihr, dass es mir leidtut ...«, flüsterte Viola. Dann lief sie davon. Möglichst ungesehen am Haus vorbei. Zu Shawna, weit weg vom See. Wo es hell war und keine Versuchung bestand, sich unheimlichen Liedern zu ergeben.

24
 
    Alan McNamara sah ein, dass Viola nach Deutschland zurückwollte. Sofort, möglichst mit der nächsten Maschine, aber auf jeden Fall ohne das Schuljahr zu beenden. Die Erlebnisse der letzten Zeit waren einfach zu viel für sie gewesen - vor allem nachdem die Zwillinge Tage nach ihrem Verschwinden ertrunken aufgefunden worden waren.
    In der Zwischenzeit überboten sich Bill und Paddy natürlich mit Theorien, und Violas Herz setzte fast aus, als Paddy am dritten Tag, vollständig betrunken, tatsächlich von Kelpies sprach. Schließlich waren die wilden Pferde nicht wieder gesehen worden, und als die Männer die Zwillinge suchten, waren noch Spuren zum See erkennbar gewesen.
    Der Ortspolizist verdrehte allerdings nur die Augen, als die beiden ihm die Idee vortrugen. »Der Mann sollte mal weniger trinken!«, erklärte er am Tag darauf. Er kam mit der Todesnachricht und war wohl ganz froh, sie zuerst bei Alan loszuwerden, der mit Violas Hilfe im Bootsschuppen arbeitete. Die ersten Touristen waren gekommen und die Kanus wollten flottgemacht werden. »Und die Jungs könnten sicher auch noch leben, wenn sie sich da zurückgehalten hätten. Blutalkoholspiegel himmelhoch! Wahrscheinlich sind ihnen diese Pferde entwischt und dann sind sie über die Klippen getorkelt. Kelpies ...«
    Viola jedenfalls packte ihre Sachen. Sie wollte nicht mehr an Ahi und die Amhralough denken, aber andererseits war das Gefühl der Einsamkeit, das sie all die Wochen nach der Trennung gequält hatte, seit dem Tag der Jagd verschwunden. Sie war nicht wirklich in Kontakt mit Ahi, sie hörte seine Stimme nicht und sie konnte ihre Gedanken nicht mit ihm teilen. Aber es gab auch keine Wunde
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