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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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diese drei Tage! Ich habe oft Ursache gehabt, sie mir zurückzuwünschen. Aehnliche habe ich nie wieder erlebt.
    Reiseliebschaften sind nicht für die Dauer berechnet. Wir mußten uns trennen, und ich gestehe, daß es Zeit war, nicht, daß ich gesättigt oder nahe daran gewesen wäre, es zu werden; ich schloß mich vielmehr jeden Tag enger an sie an; aber trotz alles Maßhaltens der Dame blieb mir nicht mehr viel übrig als der gute Wille. [Fußnote: Var... als der gute Wille, und ehe wir uns trennten, wollte ich diesen Ueberrest noch ausnutzen, was sie aus Vorsicht gegen die Mädchen von Montpellier auch duldete.] Wir bemühten uns durch Entwerfung von Plänen eines baldigen Wiedersehens unsern Schmerz zurückzudrängen. Es wurde beschlossen, daß ich diese Lebensweise, die mir jedenfalls gut that, fortsetzen und den Winter unter Oberaufsicht der Frau von Larnage in dem Flecken Saint-Andiol zubringen sollte. In Montpellier sollte ich nur fünf oder sechs Wochen bleiben, um ihr Zeit zu lassen, alles so vorzubereiten, daß den Klatschereien vorgebeugt würde. Sie gab mir umfassende Verhaltungsbefehle über das, was ich wissen mußte, über das, was ich sagen sollte, über die Art und Weise, wie ich mich zu benehmen hatte. Mittlerweile wollten wir uns schreiben. Sie hielt mir lange und sehr ernst gemeinte Vorträge über die Pflege meiner Gesundheit; ermahnte mich, ja recht geschickte Leute um Rath zu fragen, recht aufmerksam auf alle ihre Verordnungen zu sein, und übernahm es, während meines Aufenthaltes bei ihr für meine pünktliche Befolgung ihrer Vorschriften zu sorgen, so streng sie auch immer sein würden. Ich glaube, sie meinte es aufrichtig, denn sie liebte mich; sie gab mir tausend Beweise davon, die zuverlässiger, als ihre Gunstbezeigungen waren.
    Aus meiner Ausstattung schloß sie, daß ich nicht im Überfluß schwimmen konnte. Obgleich sie selbst nicht reich war, wollte sie mich bei unserem Scheiden durchaus zwingen, ihre Börse zu theilen, die sie von Grenoble ziemlich reich gespickt mitbrachte, und ich konnte sie nur mit großer Mühe davon abbringen. Endlich trennte ich mich von ihr, das Herz voll von ihrem Bilde und eine wahre Zuneigung, wie ich glaube, in ihr hinterlassend.
    Ich beendete meine Reise, während ich sie in der Erinnerung noch einmal durchmachte, und jetzt sehr zufrieden, in einem guten Wagen zu sitzen, weil ich mit noch größerem Behagen von den genossenen Freuden und denen, die mir verheißen waren, träumen konnte. Ich dachte nur an Saint-Andiol und an das reizende Leben, das meiner dort wartete; ich sah nur Frau von Larnage und ihre Umgebung; das ganze übrige Weltall war für mich nichts, selbst Mama war vergessen. Ich beschäftigte mich damit, in meinem Kopfe alle die Einzelheiten zusammenzustellen, in welche mich Frau von Larnage eingeweiht hatte, um mir im voraus eine Vorstellung von ihrer Wohnung, ihrer Nachbarschaft, ihrem Verkehrskreise, ihrer ganzen Lebensweise zu geben. Sie hatte eine Tochter, von der sie mir sehr oft wie eine blind eingenommene Mutter erzählt hatte. Diese Tochter stand im sechszehnten Jahre, war lebhaft, reizend und von liebenswürdigem Charakter. Man hatte mir versprochen, ich würde von ihr auf Händen getragen werden, und ich war sehr neugierig mir vorzustellen, wie Fräulein von Larnage den guten Freund ihrer Mama behandeln würde. Das waren die Gegenstände meiner Träumereien von Pont-Saint-Esprits bis nach Remoulin. Man hatte mich zur Besichtigung des Pont du Gard aufgefordert, was ich nicht zu thun verabsäumte. Nachdem ich einige vorzügliche Feigen zum Frühstück gegessen hatte, nahm ich mir einen Führer und machte mich auf den Weg, mir den Pont du Gard anzusehen. Es war das erste Römerwerk, das ich sah. Ich hatte erwartet, ein Baudenkmal zu sehen, würdig der Hände, die es errichtet hatten. Aber dieses Werk übertraf meine Erwartung, und das war das einzige Mal in meinem Leben. Die Römer allein waren im Stande, eine solche Wirkung hervorzubringen. Der Anblick dieses einfachen und großartigen Werkes überwältigte mich um so mehr, weil es inmitten einer Einöde liegt, wo die Stille und Einsamkeit das Werk großartiger erscheinen lassen und die Bewunderung um so lebhafter machen, denn diese sogenannte Brücke war nur eine Wasserleitung. Man fragt sich, welche Macht diese ungeheuren Steine, so weit von jedem Steinbruch entfernt, hierher geschafft und die Arme von so vielen Tausenden von Menschen in einer unbewohnten Gegend zusammengebracht
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