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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub
Autoren: Paul J. McAuley
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an.
»Ich schätze, wir müssen dir vertrauen«, sagte
er. »Sei vorsichtig, hörst du?«
    Lee sagte zu Miriam: »Du kannst hierbleiben, wenn du
möchtest.«
    Sie trank den Wein in einem Zug aus, warf das Glas über die
Schulter: es verschwand, ehe es auf den Boden schlug. »Für
mich gibt es immer noch Arbeit«, sagte sie. »Ich muß,
zum einen, den Anarchisten Bericht erstatten. Ich könnte
zurückkehren, wenn sie für mich einen Körper
auftreiben können.«
    Der ›King of the Cats‹ sagte: »Das ist eine weitere
Last für dich, Kaiser Wei Lee. Die Anarchisten sind arm an
Energie, ihr Gen-Pool ist unter die Sicherheitsgrenze verseucht und
verkümmert, und ihr Konsens löst sich auf. Sie sind nur
noch wenige Generationen von der Barbarei entfernt, vielleicht zehn
vom Aussterben. Deswegen hat der Nexus zugestimmt, uns durch sie
arbeiten zu lassen; es war ihre letzte Chance. Du behandelst sie
richtig, hörst du?«
    »Ich höre dir stets zu.«
    »Freut mich zu hören.« Der King tippte seinem
Chauffeur auf die Schulter. »Wir wollen hier raus,
Mann.«
    Jesus trat aufs Gas, und der rosafarbene Cadillac fuhr in einer
Linie aus Licht davon, die sich dehnte und verschwand.
    Der Wein war zu Wasser geworden. Lee trank es dennoch und ging den
Hügel hinab zu seinen Leuten.

 
     

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79
     

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    Vette benötigte drei Tage, um den Gipfel des Bergs zu
erreichen. In der Nacht, ab die alten Leute verschwunden und Wei Lee
und das kleine Mädchen, die Laborratte, ihnen gefolgt waren, war
die große Maschine selbständig losgefahren. Vette war zum
Pissen hinter einen Felsen gegangen, und als sie hervorgekommen war,
hatte sie gesehen, wie Redd der Maschine in der Rinne nachgejagt war.
Sie rannte ihnen durch die Wolken schwarzen Staubs hinterher, welche
die Maschine aufgewirbelt hatte, sah, wie Redd die Leiter zu fassen
bekam und sich hochzog. Sie rannte weiter, bis sie nicht mehr weiter
rennen konnte, und stand in der Spur, welche die Maschine am Ausgang
des Tals durch die Bäume gepflügt hatte, und rang nach
Atem, während sie die Lampen der Maschine in der
sternenerhellten Dunkelheit immer kleiner werden sah.
    Vette gab nicht auf. Sie wußte, daß Helden niemals
aufgaben – manchmal setzten sie ihre Fahrten bis jenseits des
Todes fort. Die restliche Nacht über und den folgenden Tag
hindurch folgte sie der Spur der Maschine den langen,
flechtenverkrusteten Hang hinauf, wobei sie in einem steten Schritt
trabte, die Harpune um die Schulter geschlungen. Es war wie das
Ersteigen einer endlosen Woge aus Fels.
    Beim Höhersteigen wurde das Atmen mühsamer, und vor
ihren Augen flimmerte es rot im Takt mit ihrem Pulsschlag. Sie stieg
weiter, bis die ersten Sterne am Tageshimmel erschienen, und die Luft
so dünn war, daß jede Anstrengung gewaltig und vage
erschien, als wäre sie zu einer Riesin geworden ohne die Kraft
eines Riesen.
    Sie lag benommen da, als der geschmeidige vierbeinige Roboter mit
dem Gesicht der Frau, das auf seinem Bildschirm schwebte, sie fand.
Er trug einen Druckanzug, und Vette, die dies alles für einen
Traum hielt, wehrte sich nicht, als sie in ihn hineingeschnallt
wurde. Sie war jenseits von Überraschung oder Furcht.
    Der Anzug fütterte Vette mit dünnem süßen
Schleim aus einem Saughütchen und wischte ihre Ausscheidungen
auf und recycelte ihre ausgeatmete Luft. Seine schwarze Haut
absorbierte das Sonnenlicht und verwandelte ihre Schritte in
Sprünge und Sätze. Dennoch brauchten sie und der Roboter
die ganze Nacht und den größten Teil des Tages, um den
Gipfel des Tigerbergs zu ersteigen.
    Sie wartete während der Dämmerung, als der Berg unter
ihr zitterte und ausgedehnte Lichter oben herauspulsten. Nachdem die
Lichter verschwunden waren, war der Himmel voller fallender Sterne.
Richtung Südwesten erstieg ein großes Licht den Himmel,
und als es verblaßte, zitterte der Berg erneut. Vette sah die
Welt unterhalb der nackten Berghänge unter schiefergrauen
Regenwolken verschwinden. Schließlich war die Flut gekommen.
Lee hatte gewonnen, aber sie mußte herausfinden, ob er, Redd
und die kleine Laborratte noch lebten.
    Also stiegen sie und der Roboter den Rest des Tages weiter, bis
sie den Rand des Talkessels sowie die Ruinenstadt direkt darunter
erreichten. Obgleich die Welt unter den Hängen des Tigerbergs in
Wolken gehüllt war, wanderte hier oben über der
Atmosphäre noch immer die Sonne. Die Türme waren zerbrochen
oder zwischen Krater gestürzt, an den sich schimmerndes Glas
entlangzog.
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