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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion
Autoren: C. C. Bergius
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recht. Eines aber weiß ich seit einigen Wochen: daß das Elend auch hinter der Fassade des Reichtums wohnt.«
    Während Lee Akira mit Ivo Sorokin im Sanitätswagen über den Mount Davis nach Stanley fuhr, ließ Gordon Cooper den Inder Rajan den Weg über die Repulse Bay nehmen, den er so oft mit Susu zurückgelegt hatte. Es wollte ihm nicht in den Kopf, daß ihr Tod der Preis seines Erfolges war. Fragwürdig erschien ihm plötzlich alles.
    Er versuchte die vorbeigleitende Landschaft mit ihren Augen zu sehen, sah aber alles wie durch eine Scheibe mit blinden Flecken. Nur das Sonnenlicht war wie immer grell und stach ihm in die Augen.
    »Halten Sie bei den Felsen«, sagte er dem Fahrer, als die Repulse Bay passiert war und sie sich der Bucht näherten, in die Su-su ihn geführt hatte, als sie ihr Herz erleichtern wollte.
    Wie an jenem Tag, so stieg Cooper auch jetzt die endlos erscheinenden Stufen hinab, die irgendein Vermögender in die Felsen hatte schlagen lassen, um sich eine verschwiegene Bucht zu erschließen, in der das Wasser wie Jade leuchtete, während am Rande des grobkörnigen Strandes wilde Rosen, Kamelien, Gardenien und Petunien wie Unkraut wuchsen und in den schönsten Farben blühten. Diesmal aber hörte er im Hinabsteigen nicht die Metallabsätze von Su-sus Schuhen, deren Rhythmus immer wie eine Synkope in seinen Schritt eingefallen war. Hinter dem in Moll klingenden Echo seiner Schritte vernahm er nun ein bang pulsierendes Motiv, in das sich wie aus weiter Ferne Klänge zarter Melodien mischten, die sich mehr und mehr verdichteten und eine süße Verklärung ankündigten, die in sphärischen Höhen zu verhallen schien.
    Daß er die Stufen hinabgestiegen war, merkte Gordon Cooper erst, als er unmittelbar am Wasser stand, das silbrig flimmerte und sich in sanften Wellen im Sand des Strandes verlief. Er dachte an Su-su, und während er versonnen über das Meer hinwegschaute, sah er im Geiste, wie sie einmal im Wasser stehend ihr Köpfchen gesenkt und ihre Arme wie Flügel bewegend gesagt hatte:
    »Stelle dir vor, ich habe geträumt, ich sei ein Schmetterling, ein hin und her flatternder Schmetterling, der ganz seinem lustig torkelnden Flug hingegeben ist. Davon, daß ich ein Mensch war, wußte ich nichts. Erst als ich erwachte, wurde ich wieder ganz ich selbst, und nun weiß ich nicht, ob in mir die Seele eines Menschen wohnt, der träumte, er sei ein Schmetterling, oder ob ich ein Schmetterling bin, der träumt, ein Mensch zu sein.«
    Wäre sie doch ein Schmetterling gewesen, dachte Cooper und ging zu den wild wachsenden Blumen hinüber, um eine makellos weiße’ Rose zu pflücken, die er an die Stelle legte, an der er das erste Mal mit Su-su gesessen hatte.
     
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