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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion
Autoren: C. C. Bergius
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in der Sonne wie Feuer leuchtete.
    Ein livrierter Hausmeister öffnete ihm die Tür und verneigte sich mit devoter Miene.
    »Großartiger Tag heute«, geruhte Sir George ihm zu sagen.
    »Sehr wohl«, erwiderte der Butler, nahm Schirm und Hut entgegen und hielt die zur Empfangshalle führende Pendeltür auf.
    In der holzgetäfelten Halle herrschte ein bunt-diffuses, durch farbige Butzenscheiben einfallendes Licht. Süßlicher Tabakgeruch lag in der Luft.
    Harrison, von dem kein Klubmitglied wußte, daß er dem Secret Service angehörte und Chef des Directorate of the Security war, nahm einen für ihn reservierten ›Daily Telegraph‹ vom Garderobentisch und begab sich in den Rauchsalon, wo ihn bereits anwesende Herren über ihre Zeitungen hinweg mit lässigem Kopfnicken begrüßten.
    Er hatte seinen Stammplatz kaum eingenommen, da brachte ihm ein Kellner seine Tabaksdose und mehrere Pfeifen, die er wählerisch musterte, bevor er eine von ihnen nahm und mit dem Zeremoniell des Pfeifestopfens und Anzündens begann.
    Der Kellner servierte inzwischen den Tee, und Harrison faltete, als seine Pfeife den richtigen Brand hatte, befriedigt die Zeitung auseinander, um sich ganz dem Genuß der mittäglichen Stunde hinzugeben.
    Plötzlich aber war er wie erstarrt. Über dem Foto eines bis zur Unkenntlichkeit zerstörten Wagens stand in dicken Lettern: ›Attentat auf den Hongkonger Großkaufmann Ivo Sorokin!‹
    Harrison glaubte nicht richtig zu lesen. Vor vierzehn Tagen hatten seine Agenten Ivo Sorokin, den er aus besonderen Gründen seit Monaten überwachen ließ, in New York aus den Augen verloren, und nun lieferte ihm eine Morgenzeitung den schmerzlichen Beweis dafür, daß es dem gebürtigen Russen, der durch eine zweite Ehe seiner Mutter die britische Staatsangehörigkeit erhalten hatte und als einer der größten Waffenhändler galt, offensichtlich keine Mühe gekostet hatte, unbemerkt nach London zu reisen. Schlimmer aber noch als diese peinliche Feststellung war die Tatsache, daß der zwielichtige und aus gegebener Veranlassung unter die Lupe genommene Hongkonger Kaufmann unentdeckt im Hotel Ritz wohnte; keine Viertelmeile von der Zentrale des britischen Abwehrdienstes entfernt.
    Harrison stieg das Blut in den Kopf. Wie war eine solche Panne möglich? Entsetzen und Empörung ließen ihn eine in der Empfangshalle befindliche Telefonzelle aufsuchen, in der er voller Nervosität die Geheimnummer seines Amtes wählte, das sich unter einer Tarnbezeichnung meldete.
    »Geben Sie mir Gordon Cooper«, rief er hastig.
    Es dauerte eine Weile, bis die Verbindung hergestellt war.
    »Hören Sie zu, Cooper«, sagte er mit gedämpfter Stimme, als sich sein Mitarbeiter meldete. »Ich bin in meinem Klub. Kommen Sie sofort herüber. Ich muß Sie dringend sprechen.«
    »Bin schon unterwegs, Sir«, erwiderte der Angesprochene und legte den Hörer auf.
    Das hätte ich mir früher nicht erlaubt, dachte Harrison konsterniert. Er schätzte Coopers Fähigkeiten, erregte sich aber immer wieder über dessen unkonventionelle Art.
    Als er in den Rauchsalon zurückkehrte, mußte er sich förmlich zwingen, den Artikel über die Explosion des Wagens in Ruhe zu lesen. Wie Hohn erschien es ihm, daß es darin hieß:
    ›Ivo Sorokin, der den Auftrag erteilt hatte, seinen Wagen am Montag, dem 24. April, auf das Motorschiff »Bayern« zu verladen, auf dem er eine Passage nach Hongkong gebucht hat, kann sich den Mordanschlag nicht erklären und glaubt an eine Verwechslung, weil ihm niemand bekannt ist, der ein Interesse daran haben könnte, ihn zu töten.‹
    Aus der Zeitung muß ich erfahren, wo Ivo Sorokin sich aufhält und mit welchem Schiff er nach Hongkong zurückkehren will, dachte Harrison voller Bitterkeit. Aber jetzt greife ich durch. Nicht noch einmal soll…
    Der Butler unterbrach seine Gedanken. »Mister Cooper wünscht Sie zu sprechen, Sir. Er wartet in der Halle.«
    Harrison erhob sich und faltete die Zeitung zusammen. »Ist die Fensternische frei?«
    »Yes, Sir.«
    »Gut, dann werden wir dort Platz nehmen.«
    Als der Leiter des Spionageabwehramtes in die Empfangshalle trat, ging ihm Gordon Cooper, ein gutaussehender junger Mann, mit schnellen Schritten entgegen. Er war groß, hatte leuchtend blaue Augen und leicht rötliches Haar. Seine linke Wange zeigte eine Narbe, die sein interessantes und ein wenig auch verwegenes Aussehen noch unterstrich.
    »Ich hoffe, ich habe Sie nicht allzu lange warten lassen«, begrüßte er seinen
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