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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot
Autoren: Bernhard Salomon
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Gregoritschs Rolle bei alldem. Mehrmals wurden sie durch Funklöcher unterbrochen, doch Maurer rief immer wieder an, bei den nächsten Malen ohne Telefonistin.
    Schließlich kam die Rede auf Bergmann. »Sie wissen, dass er für den Fall zuständig ist«, sagte Maurer.
    »Ich nehme an, Frank Gregoritsch hat Ihnen gesagt, warum ich mich nicht an ihn wenden will.«
    »Wegen seines Bildes in einer Hütte auf einer Kornaten-Insel?«
    »Genau«, sagte Albin trotzig.
    »Das kann alles Mögliche bedeuten.«
    »Eben.«
    Maurer, der weiterhin freundlich blieb, legte eine kurze Pause ein. »Sie werden mir verzeihen, wenn ich einen langjährigen hervorragenden Kollegen nicht für einen Mehrfachmörder halten kann.«
    Diesmal schwieg Albin.
    »Bleiben Sie ruhig und fahren Sie vorsichtig«, sagte Maurer am Ende. »Wir suchen Sarah Kvicala. Das Heidentor ist schon jetzt die am besten bewachte Sehenswürdigkeit Mitteleuropas. Trotzdem schicke ich weitere Leute hin. Alles ist unter Kontrolle.«
    »Werden Sie Damian Bergmann informieren?«
    »Er leitet die Sonderkommission Wien-Ost.«
    »Ich habe genug in der Hand, um im Report mit seiner Art, die Sonderkommission zu leiten, einen lupenreinen Polizeiskandal heraufzubeschwören.«
    »Machen Sie jetzt keinen Fehler. Bergmann wird informiert, sobald er ins Büro kommt. Bis dahin kann ich auch ohne ihn agieren.«
    »Danke.«
    Gleich als sie aufgelegt hatten, wählte Albin wieder Sarahs Nummer. Niemand hob ab. Dafür erhielt er noch eine SMS. Am liebsten hätte er das Telefon aus dem Fenster geworfen. »Ich warte auf dich«, lautete diesmal der Text. Das kam nicht von Sarah. Bei ihr wäre als Absender nicht ›unbekannt‹ angegeben worden.
    »Du willst mir wohl Angst machen«, sagte Albin zu seinem Handy. Die Gespräche mit Gregoritsch und Maurer hatten ihm wieder Hoffnung gemacht. »Okay. Ich habe Angst. Aber du kriegst mich deshalb noch lange nicht unter.«
    Er hatte sich so sehr gewünscht, dass diese Mordserie aufgeklärt wurde. Jetzt war es ihm egal, wer wen aus welchem Grund umgebracht hatte. Einmal hatte er mit Sarah über Wünsche gesprochen. Darüber, dass sie sich immer erst erfüllten, wenn sie einem gleichgültig geworden waren. »Das ist so, weil uns die Wünsche leiten, und nicht ihre Erfüllung«, hatte Sarah gesagt. Jetzt trieb ihn nur noch ein Wunsch, und der mit aller Macht: Er wollte sie heil wiedersehen.
    Allerdings konnte er beinahe körperlich spüren, dass sie in Gefahr war. Albin fuhr immer weiter durch die Nacht, ohne das Radio einzuschalten, das wieder funktioniert hätte. Er wollte sich nicht ablenken, als könnte er Sarah allein durch die Kraft seiner Gedanken in Sicherheit bringen. Er sang auch nicht. Bloß die Räder summten auf der Straße eine Melodie. Heaven helps us all.

 
    Kapitel 15
     
    Im Morgengrauen passierte Albin den Grenzübergang Spielfeld. Er fuhr längst nur noch wie eine Maschine. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der er beim Überholen von Lastern den Blinker einschaltete, wählte er alle dreißig Minuten Sarahs Nummer. Kurz hinter Graz rief ihn Gregoritsch an. »Ich bin beim Heidentor«, sagte der Lektor. »Nichts ist geschehen. Es wimmelt von Polizisten. Es gibt sogar einen Hubschrauber hier.«
    »Was ist mit Bergmann?«
    »Ab acht Uhr ist er unvermeidlich. Wir werden sehen. Anstellen kann er jedenfalls nichts.«
    »Wo ist er?«
    »Das wurde geklärt. Er hat die ganze Nacht friedlich in seinem Bett verbracht.«
    »Sie haben mit Maurer gesprochen?«
    »So ist es.«
    »Und Sarah?«
    »Halten Sie es für möglich, dass sie bei einer Freundin übernachtet?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie legten auf.      
    Albin seufzte. Der Morgen war klar und kühl. Er hatte den Wind im Rücken und der Wagen lief wie geschmiert. Er stemmte seine Arme gegen das Lenkrad und presste den rechten Fuß auf das Gaspedal. Die vergangenen Stunden lagen wie ein einziger qualvoller Augenblick hinter ihm. Dabei hatten sich einige Wegstrecken hingezogen, als wäre er jeden einzelnen Meter auf bereits blutigen Knien gerutscht.
    Jetzt dachte er, dass es vielleicht doch eine harmlose Erklärung für alles geben könnte. Vielleicht war es Sarah im Fitnessstudio doch zu gespenstisch geworden. Sie könnte tatsächlich zu einer Freundin gefahren sein. Oder ihr Handy war defekt.
    Das Heidentor lag friedlich da. Zumindest sah es aus der Ferne so aus. Ein Ort, der harmloser nicht sein konnte: Besucher kamen hierher, weil sie gerade kein besseres Ausflugsziel
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