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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Autoren: Jürgen Seibold
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entspannen, aber Ruff deutete das Signal falsch und wurde zudringlich. Wenig später lag Andrea rücklings auf der Einstreu einer leeren Pferdebox, während sich Thomas Ruff trotz ihrer Gegenwehr an ihren Kleidern zu schaffen machte.
    Schritte im Gang lenkten Ruff kurz ab, und mit einigem Gerangel und ein paar Fußtritten gelang es der jungen Frau, ihren Chef abzuschütteln. Sie rannte, so schnell sie konnte, davon und kam auch nicht wieder auf den Hof zurück. Ihren Freundinnen gegenüber erzählte sie eine weniger verfängliche Geschichte: Ruff habe ihr Lohn für ihre Mehrarbeit versprochen, sei das Geld dann aber schuldig geblieben – deshalb wolle sie jetzt mit ihm nichts mehr zu tun haben. Das sprach sich herum, und manche Freundin von Andrea ging von da an lieber zu einem der anderen Pferdehöfe.
    »Aber sagen Sie bitte nichts meinem Mann«, flehte sie die Beamten noch an. Wenig später kam Marco Schwarzacker nach Hause, verschwitzt und außer Atem, und wunderte sich, warum seine Frau Polizeibesuch hatte. Daraufhin befragten ihn Altmahr und Rabner so lange zu seinem Motorrad, bis er froh war, als sie endlich gingen.
    Der Tag verging ansonsten mit mehreren vergeblichen Anläufen, Ruff im Vernehmungszimmer doch noch zu einem Geständnis zu bewegen, und mit viel Routinearbeit. Thomas Ruff, dessen Leiche inzwischen von der Rechtsmedizin freigegeben worden war, sollte am Mittwoch in Lechbruck begraben werden. Scheithardt wollte dafür sorgen, dass Hermann Ruff – falls er dem Begräbnis beiwohnen wollte – in Begleitung einiger Zivilbeamter hingehen konnte, ohne allzu viel Aufsehen zu erregen.
    Marlene Ruff war von der Polizei informiert worden, dass ihr Schwager unter Mordverdacht in U-Haft saß, und Hansen hatte außerdem Kerstin Wontarra angerufen, damit sie, die ja in gewisser Weise auch eine Hinterbliebene war, ebenfalls Bescheid wusste.
    Als Hansen nachmittags mit Fischer und Haffmeyer nach Lara Ruff sah, wirkte diese geradezu befreit und machte den Eindruck, als könne sie den Hof durchaus auch allein am Laufen halten.
    »Wenn Chermann jetzt im Gefängnis sitzt, muss ich ja nicht mehr weglaufen, oder?«
    »Nein«, stimmte ihr Hansen zu. »Und was wird dann mit dem Hof?«
    »Mal sehen. Einen Arbeiter brauche ich noch, vielleicht sollte ich diesen Walle Schairer mal fragen, was meinen Sie?«
    »Der kennt den Betrieb schon, und in seinem jetzigen Job als Vertreter taugt er nichts, glaube ich.«
    »Gut, ich ruf ihn an. Und dann chab ich ja auch noch Jurij.« Sie nickte lächelnd zu dem Hengst hinüber, der ein paarmal seine Mähne schüttelte und dann kräftig wieherte.
    »Gehen Sie morgen zur Beerdigung?«, erkundigte sich Hansen.
    »Nein, das schaff ich nicht, tut mir leid.«
    »Kann ich verstehen.«
    Er drückte ihr zum Abschied die Hand und nickte ihr aufmunternd zu.

Mittwoch, 19. Juni
    Nach den aufreibenden Tagen seit Thomas Ruffs Tod hatte Hansen am Vormittag ein kleines Frühstücksbüfett ins Kommissariat bringen lassen, um wenigstens provisorisch seinen Einstand nachzuholen. Die Tische im Besprechungsraum waren vollgestellt mit Wurst-, Fisch- und Käseplatten, mit Brotkörben, Radieschen, Gurken und Tomaten.
    Polizeipräsident Stiller sah kurz vorbei, ging aber bald wieder, begleitet von Kripochef Huthmacher, der einen Zahnarzttermin hatte. Die Kollegen vom K1 und den anderen Kommissariaten saßen dagegen gut zwei Stunden lang beisammen. Koller kam zwischendurch mal auf Hansen zu, nahm ihn beiseite und entschuldigte sich für sein Verhalten in den ersten Tagen nach dessen Dienstantritt. Hansen nahm die Entschuldigung gerne an, und danach stießen sie mit Kaffee und Apfelsaft auf eine gute Zusammenarbeit an.
    Auch Resi Meyer von der Rechtsmedizin war gekommen. Hansen hatte sie am Dienstag extra angerufen, und sie verband die Stippvisite in Kempten mit einer Übernachtung bei ihren Eltern. Sie war ihm, als er die Liste der möglichen Gäste seines kleinen Empfangs zusammenstellte, recht früh eingefallen. Er hatte noch ein wenig nachgedacht, ob sie denn auch passen würde zu seinem Einstand in Kempten – aber schließlich war sie an seinem ersten Fall im Allgäu beteiligt. Und wie sie dann vor ihm stand, ihm lächelnd zuprostete und sich aufgeräumt mit ihm über alles Mögliche unterhielt, war er froh, dass sie gekommen war – so froh, dass er sie noch am Büfett fragte, ob sie nicht mal mit ihm essen oder ins Kino gehen wollte.
    »Mal sehen«, sagte sie lächelnd, und Hansen kam es vor, als sei sie
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