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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sich. »Können Sie sich vorstellen, wie entsetzt ich war, als ich realisierte, was der Hund da ausgegraben hat?«
    »Wie ist es denn dazu gekommen? Das Tier ist einfach so rüber aufs Nachbargrundstück und hat angefangen zu buddeln?«
    Frau Kalbe nickte nur. Es wirkte fast schüchtern. Das passt eigentlich gar nicht zu der Frau, dachte Angermüller, die auf den ersten Blick für ihn unnahbar, ja fast arrogant gewirkt hatte.
    »Wie lange wohnen Sie denn schon hier?«
    »Bald zwei Jahre.«
    »Mit dem Hund?«
    Sie nickte wieder.
    »Komisch, dass das Tier dann nicht schon früher darauf gestoßen ist. Es sei denn …«
    Angermüller sprach fast mehr zu sich selbst und sah zu Jansen, der nur ratlos die Schultern hob. Brigitte Kalbe blickte unsicher von einem zum anderen und schien mit einem Mal in sich zusammenzusinken. Sie tupfte sich zaghaft mit ihrem Taschentuch an die Nase und plötzlich bemerkte Angermüller, dass sie weinte.
    »Aber Frau Kalbe!«
    Diese Reaktion hatte der Kommissar nun überhaupt nicht erwartet. Jansen starrte ins Leere und war seinem Kollegen nicht die kleinste Hilfe.
    »Ach, es hat sowieso keinen Sinn. Ich schaff das einfach nicht.« Frau Kalbe wischte sich noch einmal mit einer anmutigen Bewegung über die Augen. Dann straffte sie sich. »Wissen Sie, ich habe so etwas wirklich noch nie getan. Ich schwöre es Ihnen!«
    »Was denn, Frau Kalbe?«
    »Fremdes Eigentum angetastet«, kam leise die Antwort.
    Und dann erzählte Brigitte Kalbe, wie sie am Abend zuvor das Nachbargrundstück betreten hatte, in der unredlichen Absicht, den berauschend duftenden Rosenbusch auszugraben und neben ihre Terrasse zu pflanzen.
    »Ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Es muss der unvergleichliche Duft der Rosa alba gewesen sein. In meiner Jugend kannte ich mal einen Garten, wissen Sie, da stand genauso eine Félicité Parmentier …«
    Einen Moment schien sie sich in ihren Erinnerungen zu verlieren. Angermüller und Jansen wendeten gleichzeitig den Blick hinüber zu der Pflanze, die auf die alte Dame so eine ungeheure Anziehungskraft ausgeübt hatte. Gerade hatten Ameise und Friedemann die Rose vollständig ausgegraben und waren nun dabei, mit dicken Handschuhen bewehrt, die Erde vorsichtig aus ihren Wurzeln auf das Sieb zu schütteln. Frau Kalbe hatte sich wieder gesammelt und berichtete, wie Alma plötzlich angefangen hatte zu buddeln, und sie irgendwann erkennen musste, was ihr Hund da Grauenhaftes entdeckt hatte.
    »Mir ist fast das Herz stehen geblieben. Ich habe meine Sachen in die Schubkarre geschmissen, bin hierher zurück gerannt und sofort ins Haus. Ich habe versucht, mich zu beruhigen. Mein erster Gedanke war, ich könnte die Sache für mich behalten. Aber ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Ständig sah ich diese Knochen wieder vor mir, habe darüber nachgedacht, wer sie wohl vergraben hat, was da wohl vorgefallen ist. Und wann. Ob hier nebenan etwas Schreckliches passiert ist und ich davon nichts mitbekommen habe? Mir wurde klar, ich würde mit dem Wissen um das, was hier nebenan unter dem Rosenbusch liegt, meines Lebens nicht mehr froh. Andererseits war mir die Sache natürlich auch äußerst unangenehm, Sie verstehen?«
    Brigitte Kalbes Wangen waren leicht gerötet. Sie sah besorgt zwischen den beiden Beamten hin und her. Da Jansen sich schon während ihrer Erzählung betont unbeteiligt gegeben hatte, war es an Angermüller, der Frau beruhigend zuzunicken.
    »Keine Sorge, Frau Kalbe. Uns interessiert nur, was Sie uns an Einzelheiten zu Ihrem Fund berichten können. Alles andere ist unwichtig.«
    »Aber ich habe Ihnen eigentlich schon alles gesagt, was ich weiß. Ich fürchte, ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen.«
    Frau Kalbe wirkte immer noch ziemlich nervös und schaute ängstlich zu dem kleinen Diktiergerät, das Jansen aus der Tasche zog.
    »Damit wir uns alles besser merken können, zeichnen wir unser Gespräch auf. Dann fangen wir doch mal mit Ihren Personalien an.«
    Penibel machte Brigitte Kalbe ihre Angaben. Im Sommer wurden es zwei Jahre, dass sie ihr Haus bezogen hatte, und so lange sie hier wohnte, hatte das Nachbarhaus leer gestanden. Wie ihr die anderen Nachbarn erzählt hatten, gehörte das Grundstück einer Erbengemeinschaft, die sich nicht einigen konnte. Einige wollten verkaufen, aber nicht an die anderen Erben, einige wollten vermieten, andere wollten auf gar keinen Fall fremde Leute in dem Haus haben, und so passierte überhaupt nichts damit. Nach Frau Kalbes Wissen
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