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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn
Autoren: Gmeiner-Verlag
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angerufen und du warst irgendwie verschollen. Und als ich nach Hause kam, warst du überhaupt nicht wach zu kriegen.«
    Offensichtlich hatte der Junge sich doch Sorgen gemacht. Derya lächelte schwach.
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    Koray schien sofort zu spüren, dass es eine besondere Bewandtnis haben musste mit dem, was am Vorabend passiert war, denn er gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und strich ihr zärtlich über die Schulter. Dann ließ er sich auf einem Stuhl neben ihr nieder, schnitt sich ein riesiges Stück Baguette ab und legte dick Käse darauf.
    »Erzähl doch mal«, forderte er sie auf, biss in das Weißbrot und sah sie interessiert an. Derya schien kurz zu überlegen und begann dann mit Güls Verschwinden, schilderte ihre Sorgen und ihre Nachforschungen nach der jungen Frau, ihre Begegnung mit Güls Freundinnen und wie sie von dem weißen Lieferwagen erfahren hatte. Irgendwann mischte sich Georg ein und erklärte Koray, warum er ihn angerufen hatte, erzählte, wie sie auf Deryas Spur gekommen waren und dadurch schließlich den sogenannten Rosenmörder gefunden hatten.
    »Krass, ey«, sagte Koray nur, als er das Ende gehört hatte, und schüttelte seinen Lockenkopf. Irgendwann hatte ihn die Schilderung der Ereignisse so in Anspruch genommen, dass er vergessen hatte, sein riesiges Käsebaguette weiter zu essen. Auch Koray war anzumerken, wie fassungslos ihn machte, was Ronald, den er seit seiner Kindheit kannte, sich und anderen getan hatte. Doch vor allem schien der Junge jetzt den neuen Nachbarn in einem anderen Licht zu sehen. Er begegnete Georg auf einmal in einer Mischung aus Ehrfurcht und Verwunderung und stellte ihm erstaunlich viele Fragen nach seinem beruflichen Alltag.
    »Bulle ist wohl doch gar kein so schlechter Job«, meinte er schließlich nachdenklich und stopfte sich den Rest Baguette in den Mund.
    »Ich dachte, du willst Gangsta-Rapper werden?«, fragte Derya ihren Sohn erstaunt. Der zuckte mit den Achseln.
    »Mal sehn«, antwortete er kauend und grinste. »Man muss sich ja immer noch ein paar Möglichkeiten offenhalten.«
    Koray aß noch mehr Baguette mit Käse, denn Spargel war ihm wohl doch zu exotisch. Dann machte er sich über ein großes Stück Schokoladentorte her, stopfte noch ein paar Erdbeeren nach, und trollte sich zurück in sein Zimmer. Derya und Georg blieben einfach in der Sonne sitzen und sprachen erst einmal nichts.
    »Es hat mir auf jeden Fall gutgetan, über das alles noch einmal zu reden. Vielleicht muss ich es noch ein paar Mal machen, das scheint zu helfen«, meinte Derya nach einer Weile und fuhr fort: »Ach, ich freue mich schon so darauf, wenn ich Gül im Krankenhaus besuchen darf. Das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
    Georg sah, dass Derya Tränen in den Augen hatte bei diesen Worten. Aber sie lächelte gleichzeitig. Es waren wohl Freudentränen.
    »Und weißt du, dass wir genau heute vor einer Woche mit Friede und Ronald zusammengesessen haben?«, fragte sie plötzlich und schaute Georg fassungslos an.
    »Ja, das ist verrückt«, nickte der. »Manchmal denke ich auch, im richtigen Leben passieren Geschichten, die kann sich kein Mensch so ausdenken.«
    »Wer weiß, wie das alles gekommen wäre, wenn dein Freund Steffen jetzt nicht weggefahren wäre und wenn du nicht hier eingezogen wärst.« Mit wohligem Schaudern schien Derya sich das auszumalen. »Stell dir das doch mal vor: Wir hätten uns bestimmt gar nicht kennengelernt!«
    Georg musste lächeln. »Das wäre wirklich schade gewesen!«
    Ja, das wäre es, bekräftigte er sich selbst noch einmal in Gedanken. Diese nette, kleine Person, die so mitfühlend und hilfsbereit sein konnte, die so ansteckend lachte, die heulte wie ein Schlosshund, wenn ihr danach war, die vielleicht ein bisschen viel redete, ein bisschen abergläubisch und manchmal ein bisschen verrückt war – er war froh, sie getroffen zu haben. Trotz ihres Hangs zur Schauspielerei hatte sie so gar nichts Unechtes oder Unehrliches an sich.
    Ihm ging durch den Kopf, was in den paar Tagen, die er in Steffens Haus verbracht hatte, so alles geschehen war. Und was sich für ihn verändert hatte. Ob der Zeit geschuldet, die er für sich allein zum Nachdenken hatte oder bestimmten Dingen, die passiert waren, er hatte endlich zu mehr Klarheit gefunden. Georg Angermüller stieß einen wohligen Seufzer aus.
    »Jetzt lass uns über was Schönes reden«, sagte er zu Derya.
    »Worüber denn?«
    Er überlegte einen Moment. »Erzähl mir von
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