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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Angermüller und Jansen auf dem Bartels-Hof auftauchten.
    »Hallo, Georg, je später der Abend«, hatte Friede ihn erfreut, aber leicht erstaunt begrüßt. »Dürfen wir euch ein Glas Wein anbieten?«
    »Vielen Dank, Friede«, antwortete Angermüller und fühlte sich ausgesprochen unwohl. »Das ist mein Kollege, Kommissar Jansen. Wir sind dienstlich hier und haben keine guten Nachrichten. Es geht um Ronald.«
    »Was ist passiert?« Ihre Stimme bebte bei dieser Frage.
    »Können wir vielleicht hineingehen?«, fragte Jansen.
    Im Schein der Lampe über dem Küchentisch hatte Angermüller dann gesehen, wie blass Friede unter ihren weißblonden Locken plötzlich aussah. Aber sie saß völlig aufrecht auf der Bank und folgte ruhig und aufmerksam Angermüllers Ausführungen, stellte sogar manchmal ganz sachlich eine Zwischenfrage. Ab und zu griff sie nach der Hand ihres Sohnes, der neben ihr Platz genommen hatte und dessen Gesicht eher stummes Entsetzen ausdrückte.
    Friede hatte ausgesagt, dass Ronald schon immer unter starken Depressionen litt. Deswegen war er damals auch aus dem Schuldienst ausgeschieden. »Ich habe mich schon vor sehr langer Zeit von ihm trennen wollen. Aber mir war klar, das überlebt er nicht. Einerseits war ich zu stark für ihn, andererseits brauchte er mich.« Auch diese Feststellungen hatte sie so nüchtern getroffen wie ein Forscher, der über seine Probanden spricht. »Also bin ich bei ihm geblieben, anfangs auch wegen der Kinder. Unser Zusammenleben war klar geregelt. Ich führte mein Leben, wie ich es wollte, Ronald akzeptierte alle Bedingungen, Hauptsache, er konnte bleiben. Leider ist es nicht besser geworden mit ihm. In den letzten Jahren kam dann auch noch eine schwere Medikamentenabhängigkeit bei ihm dazu.«
    Derya schüttelte den Kopf, als Georg ihr das erzählte, und sah ihn ungläubig an. »Aber wie konnte er nur so was Schreckliches tun?«
    »Er war krank. Ronald war psychisch krank. Und die Medikamente haben seine ohnehin vorhandenen Wahnvorstellungen wohl noch befördert.«
    »Aber davon habe ich nie etwas bemerkt. Ich verstehe das nicht«, sagte Derya ungläubig und traurig zugleich. »Die arme Friede.«
    Angermüller nickte. Er sagte ihr nicht, dass er dachte, dass Friede etwas geahnt haben musste. Sie war Psychologin, sie wusste über Ronalds Probleme Bescheid. Sie hatte ihn des Öfteren im Krisenzentrum aushelfen lassen, dies ihnen gegenüber aber nicht erwähnt. Ob bewusst oder unbewusst, darüber war Georg sich nicht sicher. Dass auch niemand anders ihnen darüber berichtet hatte, lag einfach daran, dass Ronald nicht zu den offiziellen Helfern zählte, als Friedes Mann quasi zur Familie gehörte und völlig vertrauenswürdig erschien.
    Ganz bestimmt aber musste Friede bemerkt haben, dass ihr Mann sich heimlich selbst Rezepte in ihrer Praxis ausschrieb für die Medikamentencocktails, mit denen er die jungen Frauen in den Tod beförderte. Vielleicht nahm sie ja an, er brauchte die Drogen alle für sich selbst, obwohl er mit diesen Mengen Pferde hätte einschläfern können. Aber selbst wenn sie etwas geahnt hatte – wahrscheinlich hatte sie aus Angst vor der Wahrheit die Augen lieber fest verschlossen.
    Angermüller und seine Kollegen hatten gestern Nacht auch noch die Verbindungen zu den Grundstücken in Neustadt und Eutin offen gelegt. Von Friede erfuhren sie, dass Ronald diesen Dr. Brecht von einem Krankenhaushilfsprojekt für Kalkutta kannte. So wusste er bestens Bescheid über das große Grundstück am Binnenwasser und die langen Abwesenheiten des Dr. Brecht. Und mit dem Wagen der Baumschule, den sich Ronald regelmäßig bei seinem Sohn auslieh, fiel er nirgendwo als unbefugter Besucher auf. Von Ruben erfuhren sie, dass er schon seit Jahren von seinem Chef den Lieferwagen dauerhaft für private Nutzung gestellt bekam und ihn sich quasi mit seinem Vater teilte.
    Da Ronald den Nachnamen von Friede als Ehenamen angenommen hatte, war auch niemand darauf gekommen, dass er mit einer Anni Nickel verwandt sein könnte. Ronalds alte Mutter war nämlich die einzige noch lebende Schwester der verstorbenen Hausbesitzerin in Eutin und ihr Name fand sich unter den Mitgliedern der Erbengemeinschaft.
    »Hallo!« In einem überdimensionalen roten T-Shirt mit dem Mondstern der türkischen Flagge und in Boxer-Shorts stand Koray in der Tür, offensichtlich gerade erst aufgestanden. »Mama, sag mal, was war gestern eigentlich los? Deine Kundin hat hier angerufen, Georg hat ein paar Mal
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