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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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Münchener
Zeit kannte er den Polizeipräsidenten von Oberbayern recht gut. Irgendwas war
da im Busch, das spürte er.
    Der Voglwirt. Ottakring war ein-, zweimal da gewesen. Wirklich wohl
gefühlt hatte er sich nicht. Die Neigung, Teil der Kulisse für die Prominenten
dieser Welt und ihr Gefolge sein zu wollen, fehlte ihm komplett. »Tor zu den
Alpen« hatte ganz groß vorn auf dem Prospekt gestanden. Ein First-Class-Hotel,
das lange in Rosenheim gefehlt hatte und erst im vergangenen Jahr am südlichen
Stadtrand eröffnet worden war. Eine Art Laufsteg der Schönen und Reichen, ein
Jahrmarkt der Eitelkeiten.
    Schon von fern hörte er Herrn Huber im Porsche bellen. Gemächlich
ging Ottakring auf den fünfundzwanzig Jahre alten orangefarbenen 911E zu. Der
Wagen hatte an die zweihunderttausend Kilometer auf dem Tacho, und jeden Monat
war irgendetwas defekt. Aber Ottakring hatte die Zeit, alles selbst zu
reparieren.
    Er warf sich hinters Steuer und fuhr los. Brrrrh, es roch streng
nach Hund. Er kurbelte das Fenster herunter. Herr Huber machte sich lang und
streckte ihm den Kopf hin. Zerstreut kraulte Ottakring ihm die Ohren.
    Was wollten die von ihm?
    »Gut, dass Sie da sind.« Ohne Zögern kam der Präsident auf
ihn zu. Den Arm ließ er diesmal unten. »Es ist wichtig. Kommen Sie.«
    »Wo kann ich meinen Hund für eine halbe Stunde unterbringen?«,
fragte Ottakring den jungen Mann an der Rezeption des Voglwirts, der wie ein
Flugbegleiter gekleidet war.
    »Da drüben ist die Hundebar«, säuselte der Angestellte. »Da ist auch
ein Haken, da können Sie ihn anbinden. Wir passen schon auf. Ach, ich mach das
schon für Sie. Komm her, was bist du für ein fesches Hündchen, richtig
entzückend.«
    Mit den Gesprächsfetzen in unterschiedlichen Sprachen und dem Duft
von Gebratenem wehte auch ein Flair von großer, weiter Welt durch die
Eingangshalle. Die Innenarchitekten hatten zwar einen dezent alpenländischen
Stil mit viel edlem Holz gewählt, doch das Haus war weit davon entfernt, etwa
zu jodeln. Alles war großzügig, hell und übersichtlich gestaltet. Üppig behängt
war nur ein Weihnachtsbaum, der so hoch war, dass er sich in einer Fabrikhalle
hätte ducken müssen. Ein riesiger Kronleuchter schwebte drohend genau über
Ottakring. Dachbalken, für die etliche Almhütten abgerissen worden waren,
wiesen zu weitläufigen Räumen mit verglasten Wänden und viel Grün. In der Ecke
der Empfangshalle fiel Ottakring ein Brunnen auf, in dem zwei Bronzedelphine
Wasser spien. In seiner Mitte thronte in Lebensgröße ein Neptun aus weißem
Alabaster mit einem Dreizack im Patinalook. Das sanfte Plätschern des Wassers
wurde vom Stimmengewirr unterdrückt.
    Ottakring wusste, dass das Hotel seit der Eröffnung im vergangenen
Sommer quasi ausgebucht war. Es schien, als hätte die Welt auf dieses neue Haus
im Rosenheimer Land nur gewartet. Die Voraussetzungen waren gut: Golfspieler in
der Hochsaison, Skifahrer im Winter, Urlauber und Kongressteilnehmer.
Erlebnishungrige fanden in Fun- und Freizeitparks ihr Vergnügen. Naturfreunde
freuten sich über spektakuläre Berge, Klammen und Höhlen. Kleine und große Schlösser,
Kirchen und Klöster warteten auf die Besichtigung. Die Möglichkeiten zum
Wandern und Radeln waren unbegrenzt, und zahlreiche Bäder versprachen Wellness
pur. Auch die VIP -Liste mit Politikern, Sängern,
Sportlern, Medien- und Filmstars war unübertroffen, wenn man von München einmal
absah.
    Ottakring strömte mit der Trauergemeinde auf das großzügige Areal,
das an den Garten grenzte und den Blick auf die Gebirgszüge des Wendelstein und
des Wilden Kaisers im Süden freigab. Die vergangenen Tage hatten ein
gigantisches weißes Tuch aus Schnee über die Berglandschaft gebreitet. Alles
verschwamm in blau schimmerndem Dunst.
    »Robert Speckbacher, Assistent der Hotelleitung«, stellte sich ihm
ein etwas dicklicher Mann mittlerer Größe von gut dreißig Jahren vor. Er trug
einen Trachtenanzug. Sein schwammiges Gesicht war nicht das eines Menschen, dem
man großen Scharfsinn zutraute. Er geleitete die drei Herren – den
Münchener Polizeipräsidenten, den Rosenheimer Polizeidirektor und
Ottakring – zu einer Lounge-Ecke. Dann verabschiedete er sich wieder
dezent mit einer linkischen Verbeugung.
    In der Weichzeichner-Atmosphäre von cremefarbenen Ledersesseln,
flachem Intarsientisch aus nordamerikanischer Kirsche und indirektem Licht
schlug der Münchener eine persönliche Note an. »Sie haben sich einen
Schnurrbart
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