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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin
Autoren: Guenter Krieger
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zur Kenntnis nahm.
    »Noch hat sie nicht entbunden«, erklärte Wirich, »aber jeden Augenblick kann es so weit sein.«
    »Wo ist sie?«, fragte Jutta mit runden Augen.
    »Drinnen, umhütet von ihren Zofen, die jeden, der ungefragt hereinkommt, auf der Stelle zerfleischen.«
    »Darf ich sie sehen?«
    Lächelnd schüttelte Wirich den Kopf. »Das geht auf keinen Fall, Kind. Hast ja gehört, was der Herr Ritter gesagt hat.«
    »Ich will nicht, dass es ihr so ergeht wie Mama«, sagte Jutta zu sich selbst, nachdem der Förster verschwunden war. Der Blick, mit dem ihr Vater sie daraufhin maß, hatte beinahe etwas Feindseliges.
    »Das liegt wahrlich nicht in der Hand eines törichten Mädchens«, sagte er gepresst.
    Die Amme, die wenig später den Schuppen betrat, war eine gedrungene Frau mit rosafarbenem Gesicht und leicht verbissenen Zügen. Wortlos nahm sie Helmprecht den Säugling ab und legte ihn an ihre Brust. Nachdem das Kind gestillt war, wollte sie es dem Vater zurückreichen, aber Helmprecht lag inzwischen schlafend auf einem Haufen Stroh. Seit zwei Tagen hatte er kein Auge zugetan. Die Amme grunzte etwas in sich hinein, wandte sich dann an Jutta. »Hier, nimm die Kleine. Aber lass sie bloß nicht fallen!« Dann verschwand sie.
    Das Baby schlummerte und sah jetzt recht zufrieden aus. Zum ersten Mal hielt Jutta die Schwester in ihren Armen. Sie war leichter, als sie gedacht hatte. Jutta fiel ein, dass sie noch keinen Namen hatte, jedenfalls hatte Vater noch keinen erwähnt.
    Helmprecht schnarchte. Daheim wartete viel Arbeit, aber Jutta hielt es für besser, ihn eine Weile schlafen zu lassen. Draußen brütete der Sommer. Die Luft in dem Schuppen war stickig und heiß. Je mehr Jutta darüber nachdachte, umso überwältigender fand sie die Tatsache, dass der Kaiser und die Kaiserin leibhaftig in der Nähe waren. Sie sah zur Tür und fasste einen Entschluss.
    Aber das Kind! Ließ sie es hier zurück, würde es bald erneut zu schreien beginnen. Was wiederum den Vater wecken würde. Notgedrungen musste sie also ihre Schwester mitnehmen.
    Die Tür knarzte beim Öffnen. Mit einem Blick nach rückwärts überzeugte sich Jutta, dass Helmprecht weiterschlief. Wiljo wollte ihr folgen, aber Jutta ließ ihn zurück. Den Hund konnte sie für ihr Vorhaben nicht gebrauchen.
    Draußen blendete sie das Sonnenlicht. Vor dem Haus des Försters standen nach wie vor die Ritter und unterhielten sich. Sie machten einen gelösteren Eindruck als vorhin, manchmal lachten sie vergnügt. Ihre Grimmigkeit war wie verflogen. Langsam trat Jutta näher. Niemand schien sie wahrzunehmen, nur einer der Männer sah sie kurz an, wandte sich aber sogleich wieder seinen Kameraden zu. Ein kleines Mädchen, das einen Säugling trug, stellte keine Gefahr dar.
    Die Ritter unterhielten sich auf Sächsisch und waren deshalb nicht leicht zu verstehen. Aber schon bald hatte Jutta begriffen, dass sie über den Knaben sprachen, den Kaiserin Theophanu entbunden hatte; irgendwer nahm außerdem das Wort »Nottaufe« in den Mund. Plötzlich trat ein mittelgroßer Mann aus dem Haus. Sofort verstummten die Ritter, sahen ihn erwartungsvoll an. Ein blonder Bart rahmte sein rötliches, noch junges Gesicht, seine Augen leuchteten wie die eines Knaben, den man reich beschenkt hatte. Über seinen Schultern lag ein purpurner Umhang, in den Händen hielt er einige Weinschläuche.
    Jutta stutzte. Das musste Kaiser Otto sein.
    »Männer, das Reich hat einen Thronfolger. Lasst uns trinken auf meinen Sohn!«, rief er.
    Die Ritter zogen jubelnd ihre Schwerter, um sie in die Höhe zu recken. Lächelnd verteilte der Kaiser die Schläuche. Er selbst nahm ein paar kräftige Züge, sodass der Wein durch seinen Bart rann und auf sein blaues Surkot tropfte. Niemand achtete auf das Mädchen. Die Ritter führten ihren Herrn in den Schatten einer nahen Linde, stimmten einen rauen Gesang an, tranken. Ihr Kaiser schien für sie kein Unnahbarer zu sein.
    Die Tür zum Haus stand weit offen und war unbewacht. Jutta zögerte nicht, trat ein. Niemand eilte herbei, um es ihr zu verbieten. Hatte die Sonne sie vorhin geblendet, so musste Jutta sich nun wieder an dämmriges Licht gewöhnen. Sie befand sich in einem Vorraum, zu ihrer Rechten führte eine steile Holzstiege nach oben.
    Wo mochte die Kaiserin sein? Vermutlich nicht im Obergeschoss – wie hätte die Hochschwangere dort hinaufgelangen sollen?
    Gedämpfte Frauenstimmen hinter einer Tür. Waren das die beflissenen Zofen, von denen Wirich
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