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Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Titel: Rosehill 01 - Die Tochter des Lords
Autoren: Julie Garwood
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Cole die Fragen seiner Schwester beantwortete, entfernte sie fast alles, was zu einer »feinen« Dame gehörte. Erst streifte sie die weißen Handschuhe ab, dann zog sie die Nadeln aus dem Nackenknoten, und die dichte blonde Mähne fiel auf ihren Rücken. Vergnügt schüttelte sie ihre Locken. »Wie gut, dass ich mich nicht mehr wie eine Lady benehmen muss. Das ist furchtbar anstrengend.«
    Cole lachte, und sie wusste, dass sie von ihm kein Mitgefühl erwarten durfte.
    »Sicher würdest du nicht lachen, wenn du ein Korsett tragen müsstest. Ich finde es einfach unnatürlich, den Körper so eng zusammenzuschnüren.«
    »Musstest du dieses Ding in der Schule tragen?«, fragte er entsetzt.
    »Ja, aber ich tat’s nicht. Niemand merkte was. Glücklicherweise zog ich mich nicht in aller Öffentlichkeit an und aus.«
    »Oh, hoffentlich nicht!«
    Als sie den ersten Steilhang erreichten, musste er das Tempo der Pferde drosseln. Mary Rose drehte sich um und passte auf, dass ihr Gepäck nicht vom Wagen fiel. Auf dem Gipfel zog sie ihre marineblaue Jacke aus, hängte sie über die Rückenlehne der Bank, dann öffnete sie die Blusenknöpfe am Kragen und an den Manschetten. »Etwas Merkwürdiges ist in der Schule geschehen, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Im Januar kam eine neue Klassenkameradin aus Chicago zu uns. Ihre Eltern begleiteten sie und halfen ihr, sich einzugewöhnen. Stell dir vor, die Mutter des Mädchens wuchs in England auf und glaubte, mich zu kennen.«
    »Unmöglich! Du warst nie in England. Vielleicht hast du sie woanders getroffen?«
    Mary Rose schüttelte den Kopf. »Daran würde ich mich sicher erinnern.«
    »Erzähl mir alles.«
    »Ich ging über den Schulhof, lächelte die Neuankömmlinge höflich an, und plötzlich begann die Mutter des Mädchens zu schreien, laut genug, um die Wasserspeier am Emmet Building zu erschrecken. Auch ich bekam’s mit der Angst zu tun. Sie zeigte mit dem Finger auf mich, und ich wurde schrecklich verlegen.«
    »Und dann?«
    »Mit beiden Händen griff sie sich an die Brust und sah aus, als würde sie zusammenbrechen.«
    »Was hast du denn getrieben?« Sofort war Coles Misstrauen erwacht, und er befürchtete, dass sie ihm nicht die ganze Geschichte anvertraut hatte. Immer wieder beschwor sie Ärger herauf, und dann staunte sie über die Konsequenzen.
    »Gar nichts!«, beteuerte sie. »Ich benahm mich wie eine perfekte Lady. Wieso glaubst du denn, ich wäre schuld am Anfall dieser armen Frau gewesen?«, fragte sie vorwurfsvoll.
    »Weil du’s in solchen Situationen meistens bist. Hattest du deine Waffe bei dir?«
    »Natürlich nicht. Wirklich, ich weiß mich zu benehmen.«
    »Und wie ging’s dann weiter?«
    »Nachdem sie sich beruhigt hatte, erklärte sie mir, sie hätte mich für eine Bekannte gehalten – eine gewisse Lady Agatha Sowieso. Sie behauptete, ich wäre dieser Dame wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    »Na und? Viele Frauen sind blond und haben blaue Augen. Das ist keineswegs ungewöhnlich.«
    »Soll das heißen, dass ich unscheinbar und hässlich bin?«
    »Klar«, log er, um sie zu necken. In Wirklichkeit war Mary Rose bildschön. Zumindest hatte ihm das jeder heiratsfähige Mann in der Stadt versichert. Er selbst sah in seiner Schwester eher ein gutmütiges, süßes kleines Ding, das allerdings ein wildes Temperament entwickeln und eine Menge Ärger machen konnte.
    »Adam findet mich hübsch«, entgegnete sie und stieß ihn mit der Schulter an. »Und er sagt immer die Wahrheit. Außerdem kommt’s nur auf das Herz an. Mama Rose schreibt mir, ich sei ihre schöne Tochter, obwohl sie mich nie gesehen hat.«
    »Willst du endlich aufhören, mich mit diesem eitlen Geschwätz zu langweilen, Mary Rose?«
    »Ja, schon gut«, erwiderte sie lachend.
    »Und an deiner Stelle würde ich mir keine Sorgen machen, nur weil du irgendeiner Frau ähnlich siehst.«
    »Oh, die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Etwa einen Monat später ließ mich die Schulleiterin in ihr Büro rufen. Dort erwartete mich ein älterer Mann, und auf dem Schreibtisch lag meine Akte.«
    »Wieso wusstest du, dass es deine war?«
    »Weil ich die dickste Akte von der ganzen Schule hatte, und der Einband war ziemlich abgegriffen.« Sofort erriet sie, was er dachte. »Du brauchst gar nicht so wissend zu grinsen, Cole. Im ersten Schuljahr stellte ich einiges an, das gebe ich zu. Damals hatte ich Heimweh und wollte rausgeworfen werden. Aber danach war ich sehr brav.«
    »Erzähl mir von diesem Mann,
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