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Rosas Vermaechtnis

Rosas Vermaechtnis

Titel: Rosas Vermaechtnis
Autoren: Christa Leinweber
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von Geisterhand inszeniert, vor ihr lag. Sie stutzte. Natürlich! Die Jauchegrube! Ja, tatsächlich, das musste die Jauchegrube sein, die die Vorbesitzer des Hofes erwähnt hatten, ohne dass sie diese bei der Begehung des Grundstückes jemals gefunden hatten, sodass der Umstand schließlich in Vergessenheit geraten war. Alexandra trat nun doch näher hinzu und ließ ihren Blick über das trübe Wasser gleiten. Als sie die Augen bereits wieder abwenden wollte, machte sich plötzlich ein Detail in ihrem Bewusstsein fest, das sie scheinbar übersehen hatte. Sie schaute noch einmal genauer hin und sah jetzt im von ihrem Standpunkt aus halbwegs verborgenen Teil der Grube die Hacke eines Männerschuhs, der, die Sohle aufwärtsgerichtet, dort herumzuschwimmen schien. Eigenartig! Alexandra machte einige Schritte in die Richtung, um die Sache besser in Augenschein nehmen zu können, und dann sah sie ihn.
    Der Mann, der dort mit dem Gesicht nach unten in der Grube lag, war offensichtlich darin eingebrochen – die herumliegenden Holzsplitter und abgerissene, fingerdicke Bodendeckerranken sprachen für sich. Alexandra registrierte einen Fußabdruck, der sich in die feuchte Erde am Rand der Grube eingegraben hatte, und ein zerknülltes Papiertaschentuch. Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, dass sie selbst vielleicht einbrechen könnte, und ungeachtet der ekligen Feuchtigkeit, ging sie neben der Grube in die Knie und versuchte, sich trotz aller Beklemmung ein Bild zu machen. Sie erkannte, dass dem Mann nicht mehr zu helfen war. Dort, wo er mit dem Oberkörper lag, war das Jauchenwasser dunkler gefärbt, was für eine Verletzung sprechen könnte. Alexandra richtete sich auf, während ihr jetzt das Herz bis zum Halse schlug, drehte sich auf dem Absatz um und lief zum Haus zurück. Sie musste die Polizei rufen und Marie Bescheid sagen.
    Eine Dreiviertelstunde später fuhr ein dunkler Kombi auf den Hof und sie ging dem Fahrer entgegen, der inzwischen ausgestiegen war, sich bewundernd umsah und das idyllische Panorama für einen Moment auf sich wirken ließ, bis er Alexandra erblickte und lachend auf sie zukam.
    »Ich dachte ja eben, ich höre nicht richtig, als ich deinen Namen hörte, Alexandra. Na, wie geht's unserer ehemaligen Rechtsmedizinerin?« Er blieb ganz plötzlich stehen und hielt sich die Nase zu. »Ist das das Parfüm, was man jetzt hier auf dem Land trägt? Du liebe Güte!«
    »Hallo, Jan. Ja, dieses Parfüm ist hier absolut en vogue.« Sie verzog den Mund zu einem verunglückten Grinsen. »Aber komm erst mal mit, ich zeige dir, wo der Tote ist, dann wirst du das auch verstehen.«
    Jan Berger, Hauptkommissar und ein früherer Kollege Alexandras, hatte vor einem Jahr sehr bedauert, dass sie sich dazu entschlossen hatte, ihren Beruf an den Nagel zu hängen, um sich einen lang gehegten Traum zu verwirklichen. Ihre Arbeitsweisen ergänzten sich gut, und er hatte sich mit der anstehenden Veränderung schwergetan. Der neue Rechtsmediziner, Dr. Sebastian Krüger, hatte es deshalb zuerst nicht leicht damit gehabt, Bergers Anerkennung zu bekommen, aber inzwischen respektierten sie sich auf Abstand.
    Über Jan und Alexandra war im Präsidium viel spekuliert worden; irgendwie hätten sie, wenn es nach den Kollegen gegangen wäre, ein Paar sein müssen, wahrscheinlich, weil sie sich äußerlich ähnlich waren. Auch Berger war groß, schlank, schlaksig und hatte dichtes, blondes Haar. Darüber hinaus besaßen beide einen ähnlichen ovalen Gesichtsschnitt. Man hätte sie für Geschwister halten können, aber da sie das nicht waren, sollte so viel Ähnlichkeit – besonders nach Auffassung der Kolleginnen – ein Zeichen dafür sein, dass sie zusammengehörten. Alexandra war dem Geflüster hinter ihrem Rücken immer rigoros entgegengetreten – es fehlte noch, dass andere darüber befanden, welcher Mann zu ihr passte. Obwohl ... – aber an dieser Stelle angelangt, verbannte sie ihre Gedanken besser.
    Auch Jan war das Gerede nicht verborgen geblieben. Er mochte Alexandra gern und respektierte sie, träumte aber insgeheim von einer Frau mit einer besonders weiblichen Ausstrahlung. Gefunden hatte er sie jedoch auch bis zu seinem vierzigsten Geburtstag noch nicht, den er unlängst hinter sich gebracht hatte, was seinem Optimismus jedoch keinen Abbruch tat.
    Als Marie jetzt eilig aus dem Haus gelaufen kam und sich zu ihnen gesellte, ruhte sein Blick eine ganze Weile wohlgefällig auf ihr, was Alexandra schmunzelnd zur
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