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Romeo und Jabulile

Romeo und Jabulile

Titel: Romeo und Jabulile
Autoren: Lutz van Dijk
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dass du so hin und weg von ihm bis t …«
    Genauso ist es. Seit jenem Ostermontag habe ich so viel mehr von ihm erfahren. Wie sparsam er ist und selbst von dem wenigen Geld, das er bei der Baufirma bekommt, noch seiner Mutter etwas abgibt. Wie hart er arbeiten muss, oft mehr als zehn Stunden beim Beladen der Lastwagen mit Steinen und anderem Material. Wie ordentlich und sauber er ist, obwohl doch alles ziemlich armselig ist in seiner Hütte und es nur einen Wasserhahn ziemlich weit weg gibt. Wie er sein einziges weißes Hemd sorgfältig auf seinem Koffer presst nach dem Waschen, da er natürlich kein Bügeleisen hat. Wie gut wir über einfach alles miteinander reden können.
    Un d … wie zärtlich er zu mir ist, wie liebevoll. Wie schön es ist, wenn er mich streichelt, mich festhält. Und selbst Kondome hat er bereitliegen, ohne dass ich etwas sagen muss. Noch sind wir nicht so weit. Aber wenn wir einmal richtig Sex haben werden, irgendwann später, werde ich mich auf ihn verlassen können. So war bisher noch kein Junge zu mir. Niemals zuvor.
    Und dann lerne ich beide, seine Mutter und seine Tante, nur ein paar Tage später durch einen Zufall kennen. Ohne dass wir auch nur Zeit hatten, etwas zu planen.
    Es geschieht an einem frühen Samstagabend, an dem ich Vater in seinem Spazashop helfe, weil wir am Wochenende nicht trainieren und so kurz nach dem großen Sportfest auch noch kein neues Spiel ansteht. Ich hoffe darauf, später noch zu Romeos Hütte zu gehen. Später, wenn es dunkel ist und Vater sich meist aufmacht, mit Freunden in einer nahen Shebeen zu trinken und Karten zu spielen.
    Makhulu ist für das Wochenende zu einer Beerdigung gefahren und wird erst Montag wieder bei uns sein. Lonwabo sitzt mit einem Freund im Hinterzimmer des Ladens, wo sie ein neues Handy ausprobieren, mit dem man jede Menge Musik kopieren kann. Sie teilen sich einen Kopfhörer und swingen ihre Oberkörper begeistert im Rhythmus einer Musik, von der wir nichts hören.
    »Du kannst schon mal die Theke abwischen!«, ruft Vater, der seinerseits begonnen hat, die Gemüsekisten von der Straße hereinzuholen.
    In dem Moment kommen zwei Frauen, die Vater anscheinend kennt. » Molwen i … hallo, Ladys , was darf’s denn sein?« Zu mir zieht er eine eigenartige Grimasse, die ich erst nicht verstehe. Normalerweise spricht er Frauen im Township nicht mit dem englischen Wort Ladys an.
    » How are you ? – Wie geht es Ihnen?«, antwortet die ältere der beiden höflich und mit einem englischen Akzent, der mir vertraut vorkommt.
    Dann wählt die andere Frau sorgfältig ein paar Karotten, Tomaten und Äpfel aus. Vater wiegt alles ab und nennt den Preis. Die ältere legt vier Äpfel wieder zurück, und Vater wiegt erneut ab. Jetzt stimmt der Preis für sie.
    Als sie schon beinah gehen wollen, hält die jüngere Frau noch mal inne und fragt Vater: »Haben Sie auch Biltong ?«
    Vater nickt und legt verschiedene eingeschweißte Päckchen des getrockneten Fleisches auf die Theke. »Ist aber ziemlich teuer.«
    Die Frauen studieren sorgfältig die kleinen Zettel, die an jedem Päckchen hängen und auf die Vater die Preise geschrieben hat: zwanzig Rand , dreißig Rand , vierzig Rand .
    Die Frauen tuscheln miteinander und zählen dann erneut alle Münzen, die noch übrig sind. Es scheint gerade zu reichen. »Wir nehmen das für zwanzig Rand «, sagt die jüngere Frau und fügt dann stolz hinzu: »Es ist für meinen Junge n – er mag es so gern, und morgen ist sein Geburtstag!«
    Natürlich habe ich längst den englischen Akzent erkannt. Die beiden sprechen genauso wie Romeo. Mein Herz klopft. Aber ich versuche, meine Aufregung nach außen hin zu verbergen. Ich halte mit dem Wischen der Theke inne und sammle die Münzen der beiden Frauen ein, bevor ich sie in Vaters Kasse lege und abschließe.
    Dann nehme ich die vier Äpfel, die sie zurückgegeben haben, und folge den beiden nach draußen. Vater beachtet mich zunächst nicht, wohl weil er vermutet, ich würde sie nur in die große Gemüsekiste beim Eingang zurücklegen.
    Kaum bin ich jedoch mit den beiden Frauen draußen, spreche ich sie so unauffällig wie möglich an: » Sorry , darf ich Sie etwas fragen?«
    Unsicher bleiben beide stehen. » Yes? «
    »Kommen Sie aus Simbabwe ?«
    Ich merke, dass sie sich bei der Frage unbehaglich fühlen. Sie können schließlich auch nicht wissen, was mich bewegt.
    Vorsichtig fragt die ältere der beiden deshalb zurück: »Warum möchtest du das wissen?«
    Jetzt
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