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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Bischöfen und Oberen der Kongregationen in kleinen Gruppen zugeführt. Frankreich war am meisten vertreten, mit beinahe zweitausend Pilgern. Ein internationales Komite hatte in Paris gearbeitet, um alles zu organisiren; es war eine heikle Arbeit, denn es war ein freiwilliges Gemisch von Mitgliedern der Aristokratie, Verbindungen bürgerlicher Damen, Arbeitervereinen, und alle Klassen, Lebensalter und Geschlechter vermengten und verbrüderten sich im selben Glauben. Der Vicomte fügte hinzu, daß der Pilgerzug, der dem Papste Millionen bringe, das Datum seiner Ankunft eigens so gewählt habe, um als eine Verwahrung des gesamten Katholizismus gegen die Feste des zwanzigsten September zu erscheinen, mit denen der Quirinal eben den glorreichen Jahrestag der Erhebung Roms zur Hauptstadt feierte.
    Pierre glaubte, daß es Zeit sei, wenn er um elf Uhr käme, da die Feierlichkeit auf zwölf angesetzt war. Sie sollte in der Sala dei Beatificazione stattfinden, einem großen, schönen Saal, der sich über dem Portikus von St. Peter befindet und seit 1890 in eine Kapelle verwandelt ist. Eines der Fenster geht auf die mittlere Loggia hinaus, von wo einst der neugewählte Papst das Volk, Rom und die Welt segnete. Zwei andere Säle, die Sala regia und die Sala ducale gehen diesem Saale voran. Als nun Pierre sich auf den Platz in der Sala dei Beatificazione selbst begeben wollte, wozu ihn seine grüne Karte berechtigte, da waren bereits alle drei Säle derart von einer dichtgedrängten Menge gefüllt, daß er sich nur mit der größten Mühe einen Weg bahnte. Bereits seit einer Stunde erstickte man in dieser Weise, und das Fieber, die Aufregung der hier eingeschlossenen drei- bis viertausend Menschen wuchs immer mehr. Endlich konnte er bis zur Thüre des dritten Saales gelangen, aber hier entsank ihm der Mut beim Anblick der außerordentlichen Menge von Köpfen, und er versuchte nicht einmal mehr, weiter zu gehen.
    Die Sala dei Beatificazione, die er mit einem Blicke umfaßte, indem er sich auf die Fußspitzen stellte, war sehr reich ausgestattet, vergoldet und gemalt und besaß eine hohe, regelmäßige Decke. Gegenüber dem Eingange, auf dem gewöhnlichen Platze des Altars, war auf einer niedrigen Estrade der päpstliche Thron, ein großer, roter Sammetsessel, aufgestellt, dessen goldene Rücken- und Armlehnen hell glänzten; dahinter fielen die ebenfalls aus rotem Sammet bestehenden Behänge des Baldachins gleich großen, ausgebreiteten purpurnen Flügeln hernieder. Was ihn jedoch besonders interessirte, was ihn packte, das war diese Menge – diese Menge voll zügelloser Leidenschaft, wie er ihresgleichen noch nie gesehen. Er hörte die lauten Schläge ihrer Herzen; ihre Augen täuschten die fieberhafte Erwartung hinweg, indem sie den leeren Thron betrachteten und anbeteten. Ach, dieser Thron! Er blendete sie, er verwirrte die frommen Seelen bis zur Ohnmacht, gleichwie die goldene Monstranz, auf der Gott in Person geruhen würde, Platz zu nehmen. Man sah da Arbeiter im Sonntagsstaat mit hellen Kinderblicken und verzückten, derben Gesichtern, Bürgerdamen in der vorgeschriebenen, schwarzen Toilette, ganz blaß vor einer Art von heiligem Schreck und übermäßigem Verlangen, Herren im Frack und weißer Krawatte, strahlend, gehoben von der Ueberzeugung, daß sie die Kirche und die Völker retteten. Besonders eine Gruppe der letzteren, ein ganzes Bündel schwarzer Fräcke, machte sich vor dem Throne bemerkbar; das waren die Mitglieder des internationalen Komites, an deren Spitze der Baron von Fouras triumphirte. Er war ein etwa fünfzigjähriger, sehr großer, sehr dicker, hochblonder Mann; in beständiger Bewegung ging er hin und her, gab Befehle wie ein General am Morgen einer entscheidenden Schlacht. Da und dort leuchtete inmitten der grauen und neutralen Masse der Gewänder der violette Seidentalar eines Bischofs auf, da jeder Hirt bei seiner Herde hatte bleiben wollen. Die bärtigen oder glatt rasirten Köpfe der Ordensgeistlichen, der Oberen in braunen, schwarzen und weißen Gewändern ragten hoch über alle anderen Köpfe empor. Rechts und links flatterten die Fahnen, die Verbindungen und Kongregationen dem Papste zum Geschenk darbrachten; und die hohle See ging immer hoher, das Brausen des Meeres schwoll immer mehr an; die schwitzenden Gesichter, die brennenden Augen, die verschmachtenden Münder hauchten eine so ungeduldige Liebe aus, ein so schwerer Geruch stieg von diesem zusammengedrängten Menschenvolk auf, daß die
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