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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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als verfolge er die Scene. Der junge Mann setzte seine Erklärungen fort; er sagte, daß im Zimmer, an der rechten Wand, sich ein gewisses Möbelstück befinde, wo das Gold aufbewahrt werde. Manche erzählten auch von den tiefen Schubladen eines Schreibtisches, andere behaupteten wieder, daß das Geld im Hintergrunde des sehr geräumigen Alkovens in großen, mit Vorhängeschlössern versehenen Koffern ruhe. Links von dem zu den Archiven führenden Korridor befand sich wohl ein großes Zimmer, wo sich der Generalkassier aufhielt, und wo sich ein monumentaler Geldschrank mit drei Abteilungen befand. Das war jedoch das Geld vom Erbgut Petri, von den administrativen Einnahmen aus Rom; das Geld vom Peterspfennig, von den gesamten Spenden der Christenheit hingegen ruhte in den Händen Leos XIII. Er allein kannte genau ihren Betrag; er allein lebte mit diesen Millionen, über die er als unumschränkter Herr verfügte, ohne jemand Rechenschaft abzulegen. Er verließ daher auch nicht sein Zimmer, wenn die Dienerschaft aufräumte. Nur widerstrebend willigte er ein, auf der Schwelle des Nebenzimmers stehen zu bleiben, um den Staub zu vermeiden. Wenn er für einige Stunden fortging, in die Garten hinab steigen mußte, so verschloß er die Thüren doppelt und nahm die Schlüssel mit sich, die er niemals jemand anvertraute.
    Narcisse hielt inne und wandte sich zu Monsignore Nani.
    »Nicht wahr, Monsignore, das sind Thatsachen, die ganz Rom kennt?«
    Der Prälat schüttelte den Kopf, ohne Zustimmung oder Mißbilligung auszusprechen. Er hatte wieder begonnen, das Gesicht Pierres zu beobachten, um die Wirkung dieser Geschichten darauf zu lesen.
    »Gewiß, gewiß, man erzählt sich so vieles! ... Ich weiß es nicht, aber da Sie es wissen, Herr Habert ...«
    »O,« fuhr dieser fort, »ich beschuldige Seine Heiligkeit nicht, so schmutzig geizig zu sein, wie das Gerücht behauptet. Es zirkuliren Märchen von goldgefüllten Koffern, vor denen er ganze Stunden zubringen soll, um die Hände hineinzutauchen – von Schätzen, die in Winkeln aufgehäuft sind, damit er sich das Vergnügen machen kann, sie unablässig zu zählen. Aber man kann doch zugestehen, daß der heilige Vater trotz allem das Geld an und für sich ein wenig liebt, daß es ihm, wenn er allein ist, Vergnügen macht, es zu berühren und zu ordnen. Das ist bei einem Greise, der keine andere Zerstreuung hat, eine wohl entschuldbare Manie. Ich beeile mich, hinzuzufügen, daß er das Geld noch viel mehr wegen der ihm innewohnenden sozialen Kraft liebt, wegen der entscheidenden Stütze, die es dem Papsttum von morgen leihen muß, wenn es siegen will.«
    Da erhob sich vor Pierre die hohe Gestalt dieses vorsichtigen und weisen Papstes, der sich der modernen Bedürfnisse bewußt, der geneigt war, die Kräfte des Jahrhunderts zu benützen, um es zu erobern, der Geschäfte machte, ja sogar durch einen Bankerott beinahe den von Pius IX. hinterlassenen Schatz verloren hatte, und nun die Bresche ausbessern, den Schatz wieder herstellen wollte, um ihn fest und vergrößert seinem Nachfolger zu hinterlassen. Ja, er war sparsam, aber nur für die Bedürfnisse der Kirche, die, wie er fühlte, ungeheuer waren, mit jedem Tage größer wurden und für sie eine Lebensfrage bedeuteten, wenn sie den Atheismus auf dem Felde der Schule, der Institutionen und Verbindungen aller Art bekämpfen wollte. Ohne Geld war sie nichts mehr als eine Vasallin, abhängig von der Gnade der bürgerlichen Mächte, des Königreichs Italien und der anderen katholischen Nationen. Daher kam es, daß er trotz seiner Wohlthätigkeit, trotzdem er nützliche Werke, die dem Glauben zum Triumphe verhelfen, freigebig unterstützte, zwecklosen Ausgaben verächtlich aus dem Wege ging und sowohl gegen sich selbst wie gegen andere eine hochmütige Härte an den Tag legte. Persönlich war er bedürfnislos. Gleich in der ersten Zeit seines Pontifikats hatte er sein kleines Privatvermögen gänzlich von dem reichen Vermögen des Heiligen Stuhles geschieden und weigerte sich, dem letzteren irgend etwas zu entnehmen, um den Seinigen zu helfen. Noch nie ist ein Papst so wenig unter dem Nepotismus gestanden; seine drei Neffen und seine beiden Nichten sind arm und befinden sich in großer Geldverlegenheit. Er hörte weder auf Klatsch noch auf Klagen oder Beschuldigungen, blieb unzugänglich und fest und verteidigte die Millionen des Papsttums rauh gegen die vielen gierigen Gelüste, gegen seine Umgebung und gegen seine Familie. Er setzte
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