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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Dann wollen wir im großen und ganzen eine Million für die italienischen Diözesen rechnen, eine Million für das Sekretariat und die Nuntiaturen, eine Million für den Vatikan. Unter diesem letzten Posten verstehe ich die Ausgaben für den päpstlichen Hof, für die militärische Wache, die Museen, die Instandhaltung des Palastes und der Basilika. Wir halten bei fünf Millionen, nicht wahr? Rechnen Sie die zwei anderen für die Subventionen der Propaganda und vor allem der Schulen, die Leo XIII. mit seinem hohen praktischen Verständnis stets sehr freigebig unterstützt; denn er wird von dem richtigen Gedanken geleitet, daß der Kampf, der Triumph der Religion bei den Kindern ist, die die Männer von morgen sein und ihre Mutter, die Kirche, verteidigen werden, wenn man es versieht, ihnen Grauen vor den abscheulichen Lehren des Jahrhunderts einzuflößen.«
    Ein Schweigen entstand. Die drei Männer blieben unter der majestätischen Kolonnade stehen, wo sie langsam auf und ab wandelten. Nach und nach hatte sich die wimmelnde Menge von dem Platze verzogen, und auf dem brennend heißen, einsamen, gleichmäßigen Pflaster war nichts mehr zu sehen als der Obelisk und die zwei Springbrunnen, während sich auf dem Sims des gegenüberliegenden Portikus im hellen Sonnenlicht die Statuen in einer edlen, unbeweglichen Ruhe hinzogen. Und einen Augenblick glaubte Pierre, der die Augen noch immer auf die Fenster des Papstes gerichtet hielt, ihn abermals inmitten des rieselnden Goldes zu sehen, von dem man ihm erzählte – glaubte er zu sehen, wie sich sein ganzer, weißer, reiner Körper, sein ganzer, dürftiger, durchsichtiger Wachsleib in diesen Millionen badete, die er versteckte, die er zählte, die er nur zum Ruhme Gottes ausgab.
    »Er hat also keine Sorgen,« murmelte er, »er ist nicht in Verlegenheit?«
    »In Verlegenheit, in Verlegenheit!« rief Monsignore Nani. Das Wort brachte ihn derart außer sich, daß er aus seiner diplomatischen Verschwiegenheit heraustrat. »Mein lieber Sohn, jeden Monat, wenn der Schatzmeister, Kardinal Mocenni, zu Seiner Heiligkeit kommt, gibt er ihm die Summe, die er fordert; und er wird sie ihm geben, wenn sie noch so hoch ist. Gewiß war er so weise, große Ersparnisse zu machen, der Schatz von St. Peter ist größer denn je. In Verlegenheit, in Verlegenheit! Herr Jesus! Wissen Sie denn nicht, daß, wenn der Papst, falls unglückliche Umstände eintreten, morgen einen direkten Ruf an die Liebe aller seiner Kinder, der Katholiken der gesamten Welt ergehen läßt, daß dann eine Milliarde zu seinen Füßen niederfallen würde, gerade so wie dieses Geld, wie diese Juwelen, die vorhin auf die Stufen seines Thrones niederregneten?«
    Plötzlich wurde er wieder ruhig und lächelte abermals auf seine hübsche Weise.
    »So habe ich wenigstens manchmal sagen hören; denn ich selbst weiß nichts, gar nichts. Es ist ein Glück, daß Herr Habert gerade hier ist, um Sie aufzuklären. Ach, Herr Habert, Herr Habert! Und ich war immer der Meinung, daß Sie ganz und gar in der Kunst aufgehen und von den niedrigen, irdischen Interessen himmelweit entfernt sind! Wirklich, Sie verstehen sich auf diese Dinge wie ein Bankier und ein Notar. Nichts ist Ihnen unbekannt, gar nichts. Es ist wirklich wunderbar.«
    Narcisse mußte die feine Ironie herausfühlen; denn in der That steckte in ihm hinter dem erkünstelten Florentiner, hinter dem engelhaften Jüngling mit dem langen, gelockten Haar und den malvenfarbigen Augen, die sich vor Botticelli umflorten, ein praktischer, in Geschäften sehr erfahrener Junge, der sein Vermögen bewunderungswürdig verwaltete und sogar ein wenig geizig war. Er begnügte sich, mit matter Miene halb die Lider zu schließen.
    »Ach,« murmelte er, »dies alles sind nur Träumereien; meine Seele ist anderswo.«
    »Nun, ich bin nur glücklich, daß Sie einem so schönen Schauspiele beiwohnen konnten,« fuhr Monsignore Nani fort, indem er sich zu Pierre wandte. »Noch ein Paar solche Gelegenheiten, und Sie werden alles selbst gesehen und verstanden haben, was sicherlich mehr wert ist als alle Erklärungen der Welt. Versäumen Sie also nur nicht morgen die große Zeremonie in St. Peter. Es wird prächtig sein, und ich bin überzeugt, Ihnen Stoff zu ausgezeichneten Betrachtungen zu geben. Doch nun muß ich Sie verlassen; ich bin entzückt von der guten Stimmung, in der ich Sie sehe.«
    Seine forschenden Augen schienen mit einem letzten Blick freudig die Erschöpfung und Unsicherheit
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