Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
VAGES GESTIKULIEREN. ULTRAMARIN.
    Der heilige Mann sah über den Hang des Berges. Mehrere Personen näherten sich auf dem Weg von unten. Sie hatten Blumen im Haar und trugen etwas, das verdächtig nach einer Schüssel Reis aussah.
    ODER VIELLEICHT IST ES GAR KEIN BLAU IN DEM SINNE, MEHR EINE ART NILGRÜN.
    »Jetzt hör mal, mein Sohn«, sagte der heilige Mann hastig, »was willst du eigentlich? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
    DOCH, DAS HAST DU. GLAUB MIR.
    »Weshalb bist du zu mir gekommen?«
    WARUM MÜSSEN DIE DINGE SO SEIN, WIE SIE SIND?
    »Nun…«
    DU WEISST ES NICHT, ODER?
    »Ich weiß es nicht genau. Die ganze Sache gilt als geheimnisvoll…«
    Der heilige Mann fühlte einen durchdringenden Blick auf sich ruhen und glaubte zu spüren, daß sein Schädel transparent wurde.
    DANN MÖCHTE ICH DIR EINE EINFACHERE FRAGE STELLEN. WIE VERGESSEN MENSCHEN?
    »Vergessen? Was?«
    DIES UND DAS. ALLES.
    »Es… äh… geschieht automatisch.« Die mutmaßlichen Priester hatten inzwischen die Kurve der Berggipfel erreicht. Der heilige Mann griff rasch nach dem Bettelnapf.
    »Nehmen wir an, das hier ist dein Gedächtnis«, sagte er und winkte mit dem Napf. »Es paßt nur eine bestimmte Menge hinein. Wenn Neues hinzukommt, muß Altes weichen, um Platz zu schaffen…«
    NEIN. ICH ERINNERE MICH AN ALLES. AN ALLES. AN TÜRKNÄUFE. AN SONNENSCHEIN, DER SICH AUF HAAREN SPIEGELT. AN GELÄCHTER. AN DAS GERÄUSCH VON SCHRITTEN. AN JEDES NOCH SO KLEINE DETAIL. ALS SEI ES ERST GESTERN GESCHEHEN. ODER ALS HÄTTE ES SICH MORGEN EREIGNET. AN ALLES ERINNERE ICH MICH. VERSTEHST DU?
    Der heilige Mann kratzte sich am kahlen Kopf.
    »Das traditionelle Vergessen geschieht auf folgende Weise«, sagte er. »Man tritt in die klatschianische Fremdenlegion ein, trinkt das Wasser eines magischen Flusses und kippt jede Menge Alkohol.«
    AH, JA.
    »Aber Alkohol schwächt den Körper und ist Gift für die Seele.«
    KLINGT GUT.
    »Herr?«
    Der heilige Mann drehte sich gereizt um. Die Priester waren eingetroffen.
    »Einen Augenblick. Ich spreche gerade mit…«
    Von dem Fremden fehlte jede Spur.
    »Herr, wir haben einen langen Weg hinter uns, um…«, begann einer der Neuankömmlinge.
    Der heilige Mann hob die Hand, hielt sie senkrecht und bewegte sie einige Male hin und her. Er brummte etwas Unverständliches.
    Die Priester wechselten erstaunte Blicke. Sie hatten sich diese Begegnung anders vorgestellt. Schließlich nahm einer von ihnen seinen ganzen Mut zusammen.
    »Herr…«
    Der heilige Mann drehte sich um und versetzte ihm eine Ohrfeige. Es klatschte auf angemessene Weise.
    »Na bitte! Und nun… was kann ich für euch…«
    Der heilige Mann unterbrach sich, als eine Meldung der Ohren sein Gehirn erreichte.
    »Warum hat er von Menschen gesprochen?«
     
    Tod wanderte nachdenklich über den Hang und näherte sich einem in aller Ruhe grasenden, weißen Pferd.
    DERZEIT BRAUCHE ICH DICH NICHT, sagte er.
    Das Pferd musterte ihn aufmerksam. Es war viel intelligenter als die meisten Pferde – keine besondere Leistung. Offenbar merkte es, daß mit der Gestalt in Schwarz etwas nicht stimmte.
    ES KÖNNTE EINE WEILE DAUERN, sagte Tod.
    Und er ging los.
     
    In Ankh-Morpork regnete es nicht. Imp nahm das mit großer Überraschung zur Kenntnis.
    Es überraschte ihn auch, wie schnell man in dieser Stadt sein Geld verlor. Sein bisheriger Verlust belief sich auf drei Dollar und siebenundzwanzig Cent.
    Dafür gab es einen guten Grund. Er hatte das Geld in eine kleine Schale gelegt wie ein Jäger einen Köder. Als er das nächste Mal hinsah, war die Schale leer.
    Die Leute kamen nach Ankh-Morpork, um ihr Glück zu versuchen. Manche versuchten auch das der anderen.
    Außerdem schienen Barden hier unerwünscht zu sein, selbst jene, die beim jährlichen Sänger- und Dichterfest in Llamedos den Mistelzweigpreis und die Jahrhundertharfe gewonnen hatten.
    Am Rand eines Platzes spielte Imp schon eine ganze Weile, aber niemand achtete auf ihn. Einmal war er zur Seite gestoßen worden – von jemandem, der es sehr eilig und offenbar auf das Geld in der Schale abgesehen hatte. Als er gerade die Weisheit der Entscheidung, Ankh-Morpork zu besuchen, in Frage stellte, näherten sich zwei Wächter.
    »Er spielt eine Harfe, Nobby«, sagte einer von ihnen, nachdem er Imp eine Zeitlang beobachtet hatte.
    »Leier.«
    »Es ist wirkllich eine Harfe«, sagte er. »Ich habe sie gewonnen, und zwar beim…«
    »Ah, du kommst aus Llamedos«, spekulierte der dicke Wächter. »Ich hör’s
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher