Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rolf Torring 129 - Unter Indianern

Rolf Torring 129 - Unter Indianern

Titel: Rolf Torring 129 - Unter Indianern
Autoren: Hans Warren
Vom Netzwerk:
schließlich hatte er ja so gehandelt, wie er der Sitte und den Bräuchen seines Volkes entsprechend hatte handeln müssen.  
      Als wir die eigentliche Grabkammer betreten hatten, begann Professor Membro sofort mit der Untersuchung der vor langer Zeit verstorbenen Indianer. Er war in seine Arbeit bald so vertieft, daß er alles um sich herum vergaß. Immerfort machte er sich rasch Aufzeichnungen in sein Notizbuch, das der Indianer ihm auch während der Zeit seiner Gefangenschaft gelassen hatte. Mit geübter Hand entwarf er naturgetreue Skizzen einiger Indianer im Schein der Taschenlampe, die er auf einen Vorsprung in der Mauer placiert hatte, so daß sie sein Heft gerade beschien. Die Indianer selbst ließ er unberührt.  
      Rolf und ich gingen inzwischen zu dem alten Indianer hinunter, um mit ihm zu sprechen. Er wollte zunächst gar keine Antwort geben, als er aber erfuhr, daß wir seine beiden Jaguare nicht getötet hatten, leuchteten seine Augen auf. Dann sprach er. Sich selbst den "Starken Büffel" nennend, versprach er uns, nichts mehr gegen uns zu unternehmen. Konnten wir ihm, der uns zweimal überlistet hatte, trauen?  
      Rolf überlegte kurz, dann löste er ihm die Fesseln und sagte:  
      „Ich will den Worten des ,Starken Büffels' glauben, obwohl er uns töten wollte. Wir sind nicht als Feinde gekommen und wollen in Frieden wieder von hier fortgehen. Der 'Starke Büffel' soll mein roter Bruder sein."  
      Lange blickte der alte Indianer Rolf mit ernsten Augen an, dann erwiderte er:  
      „In deinem Gesicht steht keine Hinterlist geschrieben. Der 'Starke Büffel' wird dein roter Bruder sein. Ist der Mann, den du den Professor nanntest, noch hier? Hat er meine roten Brüder geschändet?"  
      „Mein roter Bruder kann beruhigt sein; seine toten Brüder sind nicht entweiht worden. Wir verlassen das Todestal bald und werden nie hierher zurückkommen. Weiß mein roter Bruder, daß sich ein weißer Mann in diesen Bergen herumtreibt?"  
      „Der 'Starke Büffel' weiß es, fürchtet den weißen Mann aber nicht. Der 'Starke Büffel' ist stärker als er. Laßt uns nach oben gehen, der ,Starke Büffel' möchte noch einmal die Sonne sehen, ehe er das Grab für immer verschließt."  
      „Für immer verschließt?" fragte Rolf überrascht  
      „Jawohl, der ,Starke Büffel' wird sich zu seinen toten Brüdern versammeln."  
      Rolf versuchte, ihm den Entschluß auszureden, der alte Indianer aber ließ sich nicht irre machen.  
      Wir stiegen empor. Professor Membro hatte inzwischen seine Studien wohl schon abgeschlossen, denn er war bereits ins Freie zu seiner Tochter gegangen.  
      Als wir draußen mit dem alten Indianer erschienen, machte Rolf dem Professor ein Zeichen, nichts zu fragen. Der Indianer beachtete den Professor auch gar nicht. Plötzlich raschelte es im hohen Grase neben uns. Der eine Jaguar stand neben seinem Herrn. Der rief ihm nur ein Wort zu, und das Tier verhielt sich an der Seite seines Gebieters völlig still und friedlich.  
      Rolf gab gleich das Zeichen zum Aufbruch. Da wir nur vier Pferde hatten, mußte einer von uns laufen. Wir wollten uns abwechseln. Rolf übernahm es zuerst, zu Fuß zu marschieren. Nur er verabschiedete sich von dem „Starken Büffel", während wir andern schon schweigend davon ritten.  
      Durch die Schlucht gebrauchten wir die gleiche Vorsicht wie beim ersten Durchreiten. Wir passierten sie, ohne daß sich etwas ereignete. Rolf erreichte uns erst eine Viertelstunde später. Er lachte vor sich hin und gab uns ein Zeichen, ruhig weiter zureiten. Als ich mich einmal nach ihm umblickte, war er nicht zu sehen.  
      Hatte er es übernommen, für den „Starken Büffel" noch etwas zu erledigen? Ich hielt mein Pferd an, um auf meinen Freund zu warten.  
      Doch da kam er schon — zu Pferde und winkte mir freudestrahlend zu.  
      „Das ist der Mustang des Professors, Hans," rief Rolf. „Der Indianer hatte ihn in der Nähe untergebracht und mir, ohne daß ich ihn darum gebeten hätte, zurückgegeben, da er nicht wollte, daß sein weißer Bruder laufen müßte."  
      „So sind die Indianer," sagte ich. „Als Feinde können sie grausam sein, wenn sie aber jemand ihren Bruder nennen, helfen sie ihm, wo sie nur können. So kommen wir rascher durch die Berge; ich machte mir schon Gedanken — Rasters wegen."  
      „Er ist sicher noch irgendwo in der Nähe, Hans. Ich hoffe aber, daß er die Flucht ergreift, sobald er sieht, daß wir den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher