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Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk

Titel: Rolf Torring 085 - Der Meeres-Spuk
Autoren: Hans Warren
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gefunden. Hier ist der kleine Tempel, in dem wir jetzt stehen. Und hier, ja, hier muß sie sein, wenn sie noch am Leben ist. Wir müssen den alten Geheimgang finden. Hoffentlich ist er noch erhalten! Dann brauchen wir nicht zu versuchen, mit dem Sampan zu landen. Merkwürdig, der Eingang muß sich in dem Gebäude befinden, das den jungen Damen als Wohnhaus gedient hat. Wer von Ihnen, meine Damen, ist am längsten hier?"  
      Ein junges hübsches Mädchen trat vor.  
      „Fräulein Feodag," rief Hearst, »Sie verschwanden vor fast genau einem Jahr. Ihre Eltern werden sich freuen, Sie wiederzusehen."  
      „Fräulein Feodag," wandte sich Rolf an das junge Mädchen, »haben Sie ab und zu während Ihres Aufenthaltes in dem Gebäude am Anfang jedes Monats einen eigenartigen Gesang gehört, der immer nachts erklang?"  
      „Ja," rief das Mädchen, „es klang unheimlich. Aus der einen Ecke des alten Gebäudes kamen die sonderbaren Töne."  
      „Sehr gut," sagte Rolf, „jetzt, meine Herren, müssen wir noch einen gefährlichen Gang wagen, dann ist unsere Aufgabe wahrscheinlich restlos erfüllt. Die jungen Damen müssen einstweilen hier zurückbleiben. Bis es dunkel wird, sind sie hier ganz sicher. Bis dahin sind wir längst zurück. Eher kann der Wächter auch nicht zurückkommen."  
      „Er ist täglich um die Mittagszeit, nachdem er uns Essen gebracht und eingeriegelt hatte," sagte Fräulein Feodag, „verschwunden und erst gegen Abend, wenn es bereits dunkel wurde oder schon dunkel war, zurückgekehrt. Als wir Sie vorhin hörten, ahnten wir, daß Fremde die Insel betreten haben mußten, und wollten uns befreien."  
      „Bleiben Sie in dem kleinen Tempel, meine Damen," sagte Rolf. „Wir gehen nicht weit fort. Wir wollen nur versuchen, eine Leidensgefährtin von Ihnen, der es bisher vielleicht viel schlechter — oder auch besser — ergangen ist, zu befreien."  
      Wir gingen in das Nebengebäude hinüber, das den Mädchen als Gefängnis gedient hatte. Rolf ließ sich von Fräulein Feodag die Ecke zeigen, aus der der seltsame Gesang erklungen war. Aufmerksam studierte er wieder die alte Zeichnung, die er mitgebracht hatte, nickte und tastete an der dicken Wand herum. Da öffnete sich plötzlich eine schmale, kunstvoll versteckte Tür.  
      Rolf zog beide Pistolen und winkte uns, ihm zu folgen. Seine Taschenlampe hatte er an einem Hemdknopf auf der Brust befestigt, nachdem er sie eingeschaltet hatte.  
      Ein enger, niedriger Gang, der steil abfiel, nahm uns auf. Ganz leise schritten wir ihn entlang. Rolfs Gebaren zeigte uns deutlich, daß er eine Gefahr erwartete.  
      Nach etwa sechzig Metern begann der Gang wieder anzusteigen. Jetzt wurden Rolfs Bewegungen noch vorsichtiger. Endlich kamen wir an eine Mauer, die den Gang, der insgesamt ungefähr einhundertundzwanzig Meter lang sein mochte, abschloß.  
      Rolf lauschte geraume Zeit an der Mauer, dann bewegte er einen alten Hebel. Sofort wich ein Teil der Wand zurück.  
      Ein Tempelraum lag vor uns, völlig leer bis auf eine große Götterstatue uns gegenüber. Die Statue stellte wieder die Göttin dar, die mit der verschwundenen Frau Knight so auffallende Ähnlichkeit hatte, daß ich die Lösung des Rätsels endlich zu ahnen begann.  
      Ein schwacher Schrei. Er konnte nur von einer Frau kommen. Von einem Laublager neben dem Götterbild erhob sich eine Gestalt. Wieder ein Schrei, diesmal lauter und freudiger! Endlich verständliche Worte:  
      „Herr Hearst! Herr Hearst!"  
      Das lebendige Ebenbild der Göttin eilte uns entgegen.  
      „Violet Knight!" rief Hearst, völlig erschüttert. „Schnell zurück!" rief Rolf. „Frau Knight, kommen Sie!"  
      Die beiden Taucher, Hearst mit Frau Knight und Rice verschwanden in dem geheimen Gang, den wir eben gekommen waren. Ich wollte ihnen schon folgen, da erklang ein wütendes Gebrüll. Wie Ameisen quollen von allen Seiten Inder in den Tempelraum. Dolche blitzten im Scheine unserer Taschenlampen. Die braune Welle flutete auf uns zu. Uns blieb nichts anderes übrig, als von den Waffen Gebrauch zu machen. Pongo sprang den Indern entgegen.  
      Erschrocken wichen sie zurück. Im nächsten Augenblick waren auch wir im Geheimgang verschwunden. Die Tür flog krachend zu. Rolf drehte den Hebel so weit zurück, daß er abbrach. Die Geheimtür konnte jetzt vom Tempelraum her höchstens mit Gewalt geöffnet werden.  
      Wir eilten den Gang entlang und kamen in das alte Gebäude auf
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