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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten
Autoren: Olov Svedelid
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Oder versuchte er, mich einzuschüchtern, um mir dann die eigentliche Anklage zu präsentieren? Das hätte ihm ähnlich gesehen. Alles sah ihm ähnlich. Mein jedenfalls zeitweise von dem Brei befreites Gehirn erinnerte sich, daß Segelohr und Warze behauptet hatten, man beschuldige mich eines schweren Verbrechens. Diese Anschuldigung war mir so absurd erschienen, daß ich nicht darauf reagiert hatte. Eine Weile schwiegen wir und ließen das Tonbandgerät laufen. Er hatte Zeit, und es war nicht sein Band. Langsam begriff ich: Er meinte es ernst und hatte den Staatsanwalt überzeugt, Anklage zu erheben.
    »Bist du verrückt?« fauchte ich ihn an.
    »Hier stelle ich die Fragen, Hassel.«
    »Dir ist doch wohl klar, daß ich mit der Sache nichts zu tun habe!«
    »Das haben schon viele behauptet.«
    Das Schlimmste war: Er hatte recht. Jedenfalls mit der letzten Bemerkung. Während eines Verhörs fallen mit Sicherheit zwei klassische Sätze: »Ich bin unschuldig« und »Ich habe nichts mit der Sache zu tun«. Ich weiß nicht, wie oft ich diese Schutzbehauptungen selbst schon gehört hatte, trotzig oder gezwungen ruhig, höhnisch oder weinerlich geäußert. Nun war ich selbst in der Situation und hatte eine solche Floskel gebraucht. Einmal und nie wieder, schwor ich mir. Nicht einmal mit glühenden Zangen würde er mir abringen können, daß ich mich für unschuldig erklärte. Von jetzt an herrschte kalter Krieg zwischen uns.
    Die Wut, daß ich, ein ehrlicher Polizist, eines Verbrechens verdächtigt wurde, steigerte sich zu einer keinesfalls kalten Raserei. Einen Kollegen des Mordes zu bezichtigen, war so selten, daß mir lediglich der Fall des Reservepolizisten und Massenmörders Hedin einfiel, der vor vielen Jahren in Schonen gewütet hatte. Aber Hedin war eigentlich kein richtiger Polizist und bewies noch lange nicht, daß jemand aus dem Korps eines solchen Verbrechens fähig war. Einen Polizisten wegen Mordes, ja sogar zweifachen Mordes an Kollegen anzuklagen, mußte wie ein Erdbeben wirken oder zumindest Neuwahlen und einen Börsenkrach auslösen. Doch es war nicht ausgeschlossen, daß es einem Typen wie Ovengren gelang, mich sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Egal wie, meine sogenannte Karriere war jedenfalls im Eimer; als Kriminalist würde ich nie mehr arbeiten können. Plötzlich verstand ich, was die Anarchisten mit ›Zur Hölle mit allem und allen‹ meinen.
    »Du hast das Recht, einen Anwalt zu nehmen«, verriet Ovengren gnädig, als erwiese er mir eine persönliche Gunst.
    »Das stört dich, nicht wahr?«
    »Möchtest du einen bestimmten Rechtsanwalt hinzuziehen oder sollen wir dir einen beschaffen?«
    Ich runzelte die Stirn und überlegte.
    »Wenn du mich so fragst: Ich nehme Paul Newman.«
    »Newman? Newman? Sein Name steht nicht auf der Liste der zugelassenen Verteidiger. Ist er neu?«
    »Paul Newman spielte vor Jahren einen Anwalt in einem Film. Sehr überzeugend, obwohl er manchmal zuviel trank. Den hätte ich gern als Verteidiger.«
    Ovengren holte tief Luft und murmelte:
    »Du sammelst Minuspunkte, Hassel.«
    »Das ist mein Hobby. Andere sammeln Briefmarken.«
    »Wir wählen einen Anwalt für dich aus. Ich rate dir, die Sache ernst zu nehmen. Das hier ist kein Spaß!«
    »Oh, danke für den guten Rat. Axel Ovengren vom Wochenendjournal kümmert sich um Ihre Herzensbedürfnisse! Haben Sie Probleme im Alltag? Fällt es Ihnen schwer, ernst zu bleiben? Fragen Sie Onkel Axel!«
    »Wie klang meine Stimme auf dem Band? Wirkte ich gelassen oder merkte man, daß in meinen Adern Lava siedete? In diesem Augenblick gab es in meinen Gedanken keinen Platz für Virena oder Elin; ich war ein frisch geborener Anarchist, der gerade eine Übermacht herausforderte. Die Vorspeise hatte ich serviert, als zweiten Gang gab es Stacheldraht, und irgendwann würde es Bomben hageln.«
    »Wie stellst du dich zu der Anklage?«
    »Wie ein Storch. Ein Bein hoch und die Arme ausgebreitet.«
    »Gestehst du die Tat?«
    »1973 schmuggelte ich von einer Finnlandreise eine extra Flasche Ballantines ein. Ich hätte sie verzollen müssen. Als mildernden Umstand möchte ich geltend machen, daß ich glaubte, es handelte sich um Haarwasser.«
    Wütend stellte Ovengren das Bandgerät ab, drohte mit der Faust und schrie:
    »Verdammt noch mal, antworte ordentlich! Denkst du, wir sind hier im Zirkus?«
    »Und du, verdammt, stell den Apparat wieder an. Das Band muß während des ganzen Verhörs laufen, sonst ist es wertlos.
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