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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten
Autoren: Olov Svedelid
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gleich eine Besprechung.«
    »Ich nicht, ich habe den ganzen Tag Zeit«, erwiderte ich.
    Ihr strenger und sachlicher Mund verzog sich; offenbar hatte sie keinen Sinn für meine Scherze. Sie reichte mir eine Klarsichthülle mit Einzahlungsbelegen und Kontoauszügen, und ich studierte sie gründlich.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Wie soll ich das wissen, wenn ich noch nicht kontrolliert habe?«
    »Haben Sie kein Vertrauen zu Lord Mowlan?«
    »Manchmal trau ich mir nicht einmal selbst, obwohl ich ein verläßlicher Typ bin.«
    Soweit ich es beurteilen konnte, stimmten die Belege. Nun mußte ich nur noch Carl Hiller bitten zu kontrollieren, ob die Hinterbliebenen der Seeleute entsprechend unserer mündlichen Vereinbarung ihren Unterhalt bekamen.
    »Ich habe eine Besprechung!«
    Mit beherrschter Ungeduld schaute sie auf die Uhr. Nach Bills Selbstmord war sie aus der Gefahrenzone. Sie und die Organisation konnten weitermachen, als wäre nichts geschehen. Ich stellte keine Bedrohung mehr dar, und es gab keinen anderen Grund mehr als normale Manieren, höflich zu mir zu sein, doch dafür war sie viel zu reich.
    »Okay«, sagte ich.
    »Na also. Adieu, Sie finden sicher selbst hinaus.«
    »Ja, ich habe Karte und Kompaß bei mir.«
    Ohne mich noch einmal anzusehen, nahm sie den Telefonhörer, wählte eine interne Nummer und begann, eine Tagesordnung zu diskutieren. Ihre Sekretärin im Vorzimmer lächelte professionell unverbindlich, und ich grinste amateurhaft zurück. Als ich den Gang entlangging, hörte ich, daß die Frau und der Mann immer noch zankten. Sie schien die Oberhand gewonnen zu haben. Irgend etwas störte mich, meine Gedanken begannen zu kreisen.
    Statt direkt zum Fahrstuhl zu gehen, begab ich mich zu dem kleinen halbrunden Tisch, der mit Telefon, Bildschirm und Notizblock ausgestattet war und als Etagenrezeption diente. Die Frau dahinter war in mittleren Jahren; ihr mütterliches Aussehen paßte gut zu ihrer beruflichen Rolle. Ich lächelte sie an und fragte:
    »Wer sitzt eigentlich im dritten Raum von hinten, auf der linken Seite?«
    Sie zählte die Türen und sagte:
    »Das ist Fräulein Kristina Boman, die ökonomische Direktorin des Unternehmens.«
    »Oho, eine hohe Position.«
    »Ja, höher kann man nicht kommen. Sie ist sehr tüchtig. Wer behauptet, daß sie nur Chef geworden ist, weil sie mit Frau Hoch-Sundin verwandt ist, irrt sich gewaltig.«
    »Verwandt?«
    »Ja, entfernt verwandt. Ich weiß nicht genau wie, und das spielt auch keine Rolle. Sie hat durch ihre Leistungen Karriere gemacht.«
    »Hat sie keinen anderen Vornamen als Kristina?«
    »Nicht daß ich wüßte. Frau Hoch-Sundin nennt sie Krischa, aber das ist ganz persönlich.«
    Im Fahrstuhl fühlte ich, wie Kälte durch meinen Körper kroch. War das Puzzle falsch zusammengelegt? Sollte ein anderes Bild herauskommen? Krischa … die Stimme, die ich auf dem Band von Vontenius gehört hatte! Von Geschäften war die Rede gewesen. Auf wessen Rechnung? War sie in Valeries Auftrag dagewesen? Er hatte sie Krischa genannt, was sonst nur Valerie tun durfte.
    Das konnte darauf hindeuten, daß Valerie ein ganz anderes Verhältnis zu Bill hatte als von ihr angegeben. Angeblich waren sie und Bill Fremde füreinander. Wenn sie nun aber bei verschiedenen Projekten zusammengearbeitet hatten … er war nach außen hin aufgetreten … sie steuerte ihn, wie es sein Vater getan hatte … falls sie von dem Versicherungsbetrug und den Reedereien wußte, vielleicht beteiligt war … auch an den Drogengeschäften … War Intell deshalb so bereitwillig darauf eingegangen, sein ganzes Vermögen aufzugeben, weil er wußte, woher er neues Kapital bekam … Aber das hätte sie erpreßbar gemacht. Hatte Bill wirklich Selbstmord begangen? Oder hatte sie nachgeholfen, um einen gefährlichen Zeugen loszuwerden?
    Kalter Schweiß brach mir aus. Ich stellte mich vor dem Eingang in den Nieselregen und grübelte weiter. Wenn man Krischa zum Verhör holte … Doch wenn ich von meinem Verdacht berichtete, würden die Odeoniten auseinanderfallen wie das Kartenhaus, von dem der Lord gesprochen hatte. Was war meine Pflicht? Wem gegenüber? Die Familien von Sunny und seinen Kameraden sollten die Möglichkeit erhalten, weiterhin ein menschenwürdiges Leben zu führen. Wenn ich Bericht erstattete, würden sie nichts bekommen. Aber …
    Über eine Stunde stand ich im Regen und konnte mich nicht entscheiden.
     
    ENDE
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