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Rockoholic

Rockoholic

Titel: Rockoholic
Autoren: C. J. Skuse
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schlafen, weil mir die Ungewissheit keine Ruhe lässt. Ich wache früh am Morgen auf und denke mit Herzrasen daran. Das Gute an der Sache ist, dass ich noch nie in meinem Leben dermaßen kreativ war. Zahllose Bilder. Landschaftszeichnungen aus dem Gedächtnis. Stimmungsbilder. Porträts von ihm.
    Ich will gar keine Details wissen, noch nicht mal, auf welchem Kontinent er sich befindet. Nur dass er noch am Leben ist, dass ihm unterwegs nichts zugestoßen ist. Vor ein paar Wochen habe ich so einen seltsamen Brief der Krebshilfe erhalten, in dem sie sich für meine so großzügige Spende bedanken und auflisten, welche Geräte zur Früherkennung sie davon anschaffen können. In meinem Kopf herrschte totaler Aufruhr bei dem Gedanken, dass er das gewesen sein könnte, der in meinem Namen gespendet hat. Ich hatte ihm gesagt, dass ich die fünf Riesen nicht zurückhaben will – wenn er sie nun einfach stattdessen der Krebshilfe gespendet hat? Ich weiß es einfach nicht. Ich weiß nichts mit Gewissheit. Und das tut höllisch weh.
    Die Boygroup tritt zum ersten Mal mit ihrer aktuellen Single auf. Es ist der übliche weichgespülte Trallala-Schrott. Ich sehne mich nach ein paar Takten porenzerfetzender Rockmusik, um meinen Gehörgang freizupusten, und zappe mich auf der Fernbedienung durch alle Musikkanäle. Neulich hatten sie ein Regulators-Special auf MTV, aber ich konnte es mir nicht ansehen. Es tat irgendwie weh. Ich würde zu gerne wissen, was aus den anderen Bandmitgliedern geworden ist seit Jacksons ›Tod‹. Sie werden nicht mal mehr irgendwo erwähnt, außer in Artikeln, die von Jackson handeln. Ich weiß, dass sich die Band kurz danach aufgelöst hat. Lennys Zweitbandprojekt taucht ab und zu bei MTV auf, aber die Regulators, so wie ich sie kenne, sind ein für alle Mal gestorben. Letzte Woche fand auf der Severn Bridge eine Gedenkveranstaltung für Jackson statt, bei der die Band allen Fans dankte, die an Ort und Stelle einen Schrein für ihn errichtet hatten. Der Schrein steht noch da. Teelichter auf Untertassen und regennasse Blumen und durchweichte, zerfetzte Poster und lippenstiftverschmierte CD-Hüllen markieren die Stelle, wo Jackson der allgemeinen Ansicht nach ins Wasser gesprungen ist. Ich hab’s mir allerdings nie vor Ort angesehen und das werde ich auch nicht tun.
    Â»Jody, bitte, die Hotdogs!«, ruft Mum noch mal.
    Ich seufze. Mac und ich haben fast den ganzen Nachmittag versucht die Partygesellschaft zu meiden, nachdem wir ein paar Runden mit »Ooh, bist du groß geworden!« und »Ihr zwei seid ein Paar?« und »Mein Freund Mac und ich gehen beide aufs College – er studiert Schauspiel und ich bildende Kunst« absolviert haben. Wir wollen einfach nur unsere Ruhe haben.
    Â»Kannst du nicht Hal schicken?«, rufe ich zurück.
    Â»Nicht an ihrem Geburtstag, nein!«, ruft Mum. Ich schiebe Mac hoch in eine aufrechte Position und er dackelt mir in die Küche hinterher. Die Küchenbar quillt über von Schalen mit Chips, Gemüsesnacks, Dips, Miniwürstchen und Küchlein und genau in der Mitte steht Halleys Torte mit einer dicken, fetten »15«-Kerze drauf. Ich schnappe mir zwei Petits Fours, stopfe mir eins in den Mund und verstecke das andere für Mac hinter meinem Rücken. Mum kommt in die Küche.
    Â»Jody, die Hotdogs, schnell bitte, ja? Teddy wird da draußen schon richtig grantig, weil er glaubt, dass wir bald keine mehr haben.« Sie drückt mir einen Zehner in die Hand.
    Es wird draußen auf der Terrasse gegrillt. Macs Dad steht am Grill (zum ersten Mal wieder seit zehn Jahren, daher auch der Qualm). Er hat sogar den Pub für heute Nachmittag dichtgemacht zum ersten Mal seit, na ja, seit einer Ewigkeit. Im Garten stehen alle möglichen Stühle und Hocker rum, außerdem Halleys Freunde und Mums Bankkollegen. Tish ist auch da, zusammen mit Cree sucht sie im Blumenbeet nach Schnecken. (Roly ist auf mysteriöse Weise aus seinem Tragekorb verschwunden, also haben wir ihr erzählt, er und Mann wären nach Australien gereist, um dort glücklich auf einer Farm zu leben. Es war die netteste Geschichte, die uns eingefallen ist, ohne befürchten zu müssen, dass sie gleich losfahren und die beiden besuchen möchte.) Ein paar Stammgäste aus dem Pub stehen mit Biergläsern in der Hand herum und versuchen unter Gelächter das Qualmproblem in den Griff
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