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Rockoholic

Rockoholic

Titel: Rockoholic
Autoren: C. J. Skuse
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trotzdem an Mac erinnert. Er ist sonst der einzige Mensch, der mich so umarmt, der mich so ganz und gar in vollkommene Geborgenheit einhüllt. Ich wünschte, ich wäre nicht am Leben. Ich möchte am liebsten von der Brücke springen. Ich will wieder den Schmerz von dem kalten Wasser spüren. Mir egal, wie flach es ist. Ich will ertrinken.
    Aber ich kann die Brücke nicht sehen. Meine Augen sind voller Tränen. Es ist zu dunkel. Und da ist dieser Transvestit im Weg. Er steht einfach bloß da. Es ist Mac. Ich starre für eine Ewigkeit in sein Gesicht. Er starrt zurück.
    Â»W...w...was tust du … du solltest doch auf der Bühne stehen. Du verpasst deine Zugaben.«
    Â»Die habe ich schon verpasst«, sagt er. Er hat Tränen in den Augen, versucht aber sie zurückzuhalten. Er betupft sich mit dem Finger die Augenwinkel. »Meine Schminke verläuft.«
    Â»Du verpasst deine Zugaben«, sage ich noch mal und werde von einer weiteren Tränenflut überwältigt.
    Er tritt auf mich zu. In seinen High Heels ist er noch größer als sonst. Er hebt das rechte Bein an und löst den Strumpfhalter, dann das linke, dann schleudert er seine Schuhe hinter sich aufs Pflaster. »Ich dachte schon, ich hätte dich verpasst. Ich dachte, du wärst schon weg, Jode.«
    Ich schüttele den Kopf. »Ich habe das alles doch nur gesagt, um dich eifersüchtig zu machen.« Ich schniefe bei jedem Wort. »Und du warst eifersüchtig, stimmt’s?« Er nickt. »Warum? Ich bin ein wandelndes Katastrophengebiet, Mac. Ohne mich wärst du viel besser dran.«
    Er schüttelt den Kopf. Wasser läuft ihm aus den Augen. »Nein, wär ich nicht.«
    Und ohne dass ich es kommen sehe, macht er einen Schritt auf mich zu und unsere Münder knallen in dem längsten Kuss überhaupt aufeinander – in dem traurigsten, feuchtesten, missratensten Kuss aller Zeiten. Wir schluchzen beide und unsere Schminke verläuft ineinander, so dass unsere Gesichter völlig verschmiert sind.
    Ich schiebe mich von ihm weg, aber er hält mein Gesicht in seinen Händen. »Ich wär von hier weggegangen, wenn’s dich nicht gäbe«, sage ich. »Als wir uns gestritten haben, da hab ich gedacht, du würdest mich hassen. Und ich hab geglaubt, ich sollte besser gehen.«
    Â»Aber du bist nicht gegangen«, sagt er mit todernster Stimme und küsst mich noch mal und wir umarmen uns und es ist, als würden tausend Scheinwerfer aufblenden und mir die lautesten, rotzigsten Gitarrenriffs in den Ohren scheppern.
    Und es ist sogar noch besser als all das. Weil er echt ist. Fest wie ein Fels vor mir.
    Und weil es Mac ist. »Ich liebe dich, Jody«, flüstert er.
    Und weil wirklich ich das erlebe.

EPILOG
GIRL IN LOVE
    Drei Monate später
    Â»Kannst du schnell bei Waitrose vorbeihüpfen und noch mehr Hotdogs kaufen?«
    Â»Ja, nur eine Minute!«, rufe ich zurück. Mac und ich sitzen auf dem Sofa, händchenhaltend, und sehen fern. Die derzeit angesagte Boygroup FTW ist bei MTV Newbies zu Gast und spricht über ihre neue Single. Draußen vor dem Fernsehstudio kreischen eine Million Mädchen nach ihnen und recken Plakate in die Höhe.
    Â»Wir sind echt Glückspilze, dass wir dermaßen tolle Fans haben«, sagt einer von ihnen und winkt durch die Scheibe den Fans zu, die sich draußen vor dem Gebäude drängen, flennend und völlig außer Rand und Band, aber sie können ihn nicht hören. Die anderen Bandmitglieder drehen sich immer wieder zu der Menge um, schneiden Grimassen und ziehen die T-Shirts hoch, um ihre Waschbrettbäuche zu zeigen. Die Mädchen stehen kurz vorm Nervenzusammenbruch, können aber nicht dichter heran.
    Â»Für die Jungs ist das Ganze doch bloß eine Lachnummer«, sage ich. »Und sag jetzt bitte nicht: ›Nimm’s nicht so persönlich‹ – ich weiß, wovon ich spreche, denn ich hab’s am eigenen Leibe erfahren. Kann ich mir noch mal das Foto anschauen? Bloß ein letztes Mal, dann kannst du’s löschen.«
    Er rückt ein Stückchen von mir ab, zieht sein Handy aus der Potasche und fährt mit dem Finger über den Touchscreen auf der Suche nach dem Bild. Dann reicht er mir das Handy. Ich starre es an, das Bild von Ihm-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf – so nennen wir ihn jetzt immer – mit Cree auf den Knien auf dem italienischen Markt.
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