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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition)
Autoren: Carl Nixon
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und Dad mir eben gesagt, daß ich ein Adoptivkind bin.«
    Wir spielten zwar weiter Rugby und interessierten uns für diesen Sport, auch nachdem die Springboks nach Südafrika zurückgekehrt waren, aber etwas in uns war anders geworden. Nur Jim Turner spielte nach der Schule noch weiter, und das allein deshalb, weil sein Vater darauf bestand. Der hing immer noch Mr. Templetons Meinung an, Jim fehle nur der Killerinstinkt, um es ganz weit zu bringen. Nach seiner ersten Spielzeit für New Brighton zog Jim von zu Hause fort und gab noch in derselben Woche den Sport für immer auf.
Ein paar Tage nach Petes Beerdigung bekam Tug Gardiner einen Anruf vom Bestattungsunternehmer. Offenbar hatte Mr. Marshall Anweisungen hinterlassen. Seine Asche sollte geschickt werden an »Terrence Gardiner. Bin ich da bei Ihnen richtig?« Seit vierzig Jahren hatte Tug niemand mehr bei seinem vollen Namen genannt. Das war Petes letzter kleiner Scherz.
    Der Mann von Hayward and Turnbull fuhr zu Tug, um die Asche persönlich zu übergeben. Sie befand sich in einer kleinen Schachtel, die wie Marmor aussah, tatsächlich aber aus einem dicken Kunststoff bestand. Es gab keine Instruktionen von Pete, was mit der Asche geschehen sollte, im Testament stand nur der Standardsatz, der Empfänger der Asche möge entscheiden, wann und wo sie verstreut werden solle. Aber das war sonnenklar.
    Wir warteten, daß die Wochen vergingen. Unser Leben ging nach der Beerdigung ziemlich unverändert weiter. Manchmal dachten wir daran, daß Pete jetzt nicht mehr da war, aber das fühlte sich eher so an, als hätte er sich für eine Weile abgemeldet und stieße wieder zu uns, wenn es etwas Neues gäbe. Die Tage wurden länger, und schließlich wurde es auch wärmer, obwohl wir einen ziemlich feuchten Frühling hatten. Im November blühten die Kohlbäume so prachtvoll, wie sie es damals getan hatten, als wir fünfzehn waren. Das deutete auf einen langen, heißen Sommer hin. Als wir auf den weißen Schimmer der Blüten schauten, die aus jedem Baum sprangen, mußten wir an Petes Traum denken, den, in dem Lucy aus dem Schatten eines blühenden Kohlbaums zu ihm hochgeschaut hatte.
    Schließlich war der Tag gekommen. Wir versammelten uns im Morgengrauen am Strand, vier Tage vor Weihnachten. Das Warnschild wegen gefährlicher Strömungen nahe dem Kanal ist längst verschwunden. Weiter oben am Strand, beim Surfclub, gibt es ein neues – aber trotz der wandernden Dünen kannten wir alle die Stelle; wir hätten sie auch blind gefunden. Es würde nicht so heiß werden wie 1980, doch wir hatten einen schönen Sommertag. Nur ein paar hohe Wölkchen am Himmel und ein angenehm kühler Wind vom Meer. Jase Harbidge brachte eine Kühlbox voll Bier und Eis mit, und als wir vollzählig waren, öffneten wir die Bierdosen und schauten auf die Wellen, während wir tranken.
    Es kam die Idee auf, schwimmen zu gehen, doch niemand hatte Badesachen mit. Das führte zu ein paar Witzen über nackte Ärsche und die Wirkung von kaltem Wasser. Jemand erinnerte an die salzigen Bierflaschen, aus denen wir damals an Silvester getrunken hatten. Andere Erinnerungen stiegen hoch und wurden mit allen geteilt.
    Als die Zeit gekommen zu sein schien, stellte Tug seine leere Bierdose auf den Sand und holte Petes Asche aus der Sporttasche, die er über der Schulter trug. Vorsichtig öffnete er den Deckel. Schweigend sahen wir ihm zu. Die meisten von uns erwarteten, daß er ein paar Worte sagen würde, um dann eine Handvoll Asche herauszunehmen und sie sorgsam zu verstreuen. Vielleicht würde er dann die Schachtel weiterreichen, damit wir alle ein wenig von Petes Asche verstreuten. Doch Tug drehte die Schachtel einfach um; die feinere Asche wurde vom Wind erfaßt und zu den Dünen getrieben, der größte Teil aber verteilte sich auf dem Strand zu unseren Füßen und war schon bald nicht mehr vom Sand zu unterscheiden.
    Keiner hatte sich feierlich angezogen. Wir waren Männer mittleren Alters in Shorts und T-Shirts. Einer von uns war Bauarbeiter, einer Journalist. Ein Bibliothekar stand neben einem, der jahrelang Autos verkauft hatte, momentan aber ohne Arbeit war. Der Manager eines Supermarkts stand Schulter an Schulter mit einem Mann, der ein Malergeschäft hatte. Da war ein Polizist aus Wellington. Wir waren einfach ganz normale Typen, keiner von uns würde irgendwo auffallen. Männer aus der Gegend, die an den Strand gegangen waren. Außer unseren ernsten Gesichtern und der leeren Schachtel, die Tug noch immer
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