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Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt

Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt

Titel: Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
Autoren: Bryan Smith
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steckt und der sich jeden Abend ein Steak schmecken lässt. Und wenn er kacken ging, konnte man sich lebhaft vorstellen, dass ihm fette Geldbündel aus dem Hintern quollen.
    Es war überhaupt nicht die Art von Büro, wie man es sich für die Direktorin einer Einrichtung wie der MUSI vorstellte, die sich Selbstgerechtigkeit und sogenannte konservative Werte auf die Fahnen schrieb.
    Aber Anna hatte sich inzwischen an diese Scheinheiligkeit gewöhnt.
    Sie saß in einem unbequemen Stuhl vor dem großen Eichenschreibtisch der Schulleiterin. Der Stuhl war ein winziges, klappriges Ding, das jedes Mal, wenn sie darauf herumzappelte oder sich drehte, anfing zu kippeln und mächtig zu quietschen. Er kippelte und quietschte eigentlich ständig. Es war das einzige Möbelstück, das nicht wie etwas wirkte, wovon Robin Leach in Lifestyles of the Rich and Famous schwärmen würde. Es gehörte nicht zur üblichen Einrichtung. Dass der Stuhl heute Abend hier stand, diente einzig und allein dazu, Anna massives Unbehagen zu bereiten.
    Die lächerlichen Klamotten, die sie trug, verstärkten dieses Unbehagen noch. Schwarze Strümpfe, hochhackige Schuhe, ein kurzer Faltenrock, wie er typischerweise von katholischen Schulmädchen getragen wurde, und eine von Stärke durchtränkte weiße Bluse, die ihr mindestens eine Nummer zu klein war.
    Das war nicht die normale Bekleidung von weiblichen Studenten an der MUSI. Diese prüden, konservativen Kleidungsstücke lagen zusammengelegt in einem akkuraten Lehnstuhl aus Leder zu ihrer Rechten. Das hier war ihr spezielles Outfit, das sie immer dann anzog, wenn sie für eine nächtliche »Beratungssitzung« in das Büro von Miss Huffington gebracht wurde.
    Die Schulleiterin tat momentan so, als nähme sie ihre Anwesenheit gar nicht war. Ihre Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf eine geöffnete Akte, die auf dem Schreibtisch lag. Die Frau in den 40ern nickte gelegentlich vor sich hin, während sie las, und hielt dann und wann inne, um Anmerkungen an den Rand zu kritzeln. Sybil Huffington sah gut aus für ihr Alter. Sie war groß und schlank. Ihr Haar trug sie zurückgesteckt, aber zahlreiche blonde Strähnen trotzten der Maßregelung und rahmten ihr Gesicht auf eine Art und Weise ein, dass es ihr einen attraktiven, fast mädchenhaften Charme verlieh.
    Es könnte schlimmer sein , befand Anna.
    Das Miststück hätte schließlich auch eine warzige alte Vettel sein können, die von oben bis unten mit Leberflecken übersät war.
    Draußen tobte ein Gewitter. Ein Blitz tauchte das große Fenster hinter der Direktorin in Helligkeit. Die Beleuchtung flackerte kurz, hielt den Naturgewalten aber stand. Ein Donnerschlag folgte unmittelbar darauf, so laut und gewaltig, dass er Anna zusammenzucken ließ.
    Sie rutschte auf ihrem schmerzenden Hintern zur Seite und die Beine des Stuhls stöhnten missbilligend auf. Sie hasste das verdammte Ding, tröstete sich aber damit, dass sie nicht mehr allzu lange darin sitzen musste. Miss Huffington genoss diese quälenden kleinen Psychospielchen. Sie war eine sadistische Hexe. Es gab andere Dinge, die sie noch mehr genoss. Intime Dinge. Indem sie die Wartezeit hinauszögerte, quälte sie sich selbst genauso wie Anna. Anna wusste aus Erfahrung, dass die Frau der süßen Erwartung nicht mehr allzu lange standhalten würde. Jedenfalls hoffte sie das. Sie wollte die versauten Eskapaden des Abends hinter sich bringen und dann in ihr Zimmer zurückkehren.
    Meistens machte es ihr nicht viel aus, die kleine Sklavin von Miss Huffington zu sein. Immerhin brachte das auch Vorteile mit sich. Sie hatte einen Raum ganz für sich allein, keine idiotische Zimmergenossin, mit der sie sich herumschlagen musste; und damit blieb ihr auch viel von dem übrigen Mist erspart, mit dem sich die anderen gegenseitig das Leben schwer machten.
    Sie würden diesen Ort grundsätzlich verändert verlassen. Dauerhaft. Keine Partys mehr. Kein Sex. Keine Saufgelage und keine Drogen. Und kein Rock and Roll. Die entlassenen Jungs würden allesamt als seelenlose kleine Arbeitsmaschinen auf mittlerer Managementebene ihr Dasein fristen, vielleicht auch als Funktionäre bei den Republikanern, während sich die Mädchen auf ihre Zukunft als kleine Frauen von Stepford in einem verschlafenen Vorort einstellen konnten.
    Nicht so Anna.
    In ein paar Monaten würde sie diesem Ort ziemlich genau im gleichen Zustand den Rücken kehren, in dem sie ihn zum ersten Mal betreten hatte. Ihr war der schlimmste Teil des
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