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Robins Sommer

Robins Sommer

Titel: Robins Sommer
Autoren: Sjoerd Kuyper
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„gibt es über den dicken Willem keine Geschichte?“
    „Früher schon“, sagt Papa. „Das ist lange her, da gab s die schon. Früher, als Willem noch nicht so dick war. Früher war er dünn und hat in ganz viele Geschichten gepaßt. Aber als er dann dicker wurde, ist er rausgeplatzt. Kratsch! Genau so, als wäre er aus dem Hemd geplatzt. Jetzt gibt es keine einzige Geschichte mehr, in die der dicke Willem paßt.“
    Robin nickt. Er versteht das nicht ganz, aber er nickt.
    Papa bückt sich zum nächsten Schlafsack. Einem blauen.
    „Das ist Cock“, sagt er. „Die kleine Cock. Sie ist so klein und mager, daß sie unter der Dusche immer hin und her springen muß. Von einem Brausestrahl zum anderen — sonst würde sie überhaupt nicht naß!“
    Das versteht Robin gut. Die kleine Cock! Er sieht sie direkt vor sich, wie sie unter der Dusche herumspringt. Von einem Brausestrahl zum anderen. Robin muß schrecklich lachen. Er lacht so laut, daß auf einmal aus dem letzten Schlafsack ein Kopf zum Vorschein kommt. Aus dem gelben. Ganz hinten.
    „Der Kopf“, sagt Papa, „gehört zu Ton. Guten Morgen, Ton. Das hier ist unser kleiner Junge.“
    Ton hat ein nettes Gesicht. Robin sieht ihn an. Und Ton sieht Robin an. Er sieht etwas verwundert aus. Dann sagt er:
    „Kleiner Junge? Kleiner Junge? Nennst du das klein? Das ist ein Bär von einem Kerl! Junge, was bist du groß geworden...“
    Robin kriegt einen roten Kopf. So rot wie Feuer — so stolz ist er. Er hört die Schritte von Mamas nackten Füßen auf der Treppe. Da vergißt er ganz zu fragen, ob es auch über Ton eine Geschichte gibt.

Pudding

    Es ist Sonntag abend. Es sind Freunde von Mama und Papa zu Besuch. Papa hat den Tisch ausgezogen, und Mama hat sieben Teller gedeckt: für Mama, für Papa, für den dicken Willem, den langen Teun und die kleine Cock, für Ton und für Robin. Damit sie schön zusammensitzen können. Sie haben gut gegessen: Fleisch und Spinat, Ei und Kartoffeln und Apfelmus. Es hat Wein gegeben und Sprudelwasser, wie jeder wollte. Denn es ist ein Fest.
    Papa hatte den ganzen Tag Rockmusik aufgelegt, aber nun hört Robin Geigen. Und Klavier. Die Lampen sind ausgeknipst. Es stehen brennende Kerzen auf dem Tisch.
    Die Freunde lachen viel und laut. Alles, was sie sagen, ist witzig. Nicht für Robin, denn der versteht die Späße nicht. Aber das findet er nicht schlimm. Er findet es schön, wenn die großen Leute lachen. Meistens lacht er einfach mit ihnen.
    Weil es dann schöner ist. Er tut so, als würde er die Witze verstehen. Dann gehört er ein bißchen dazu. Und er merkt: Wenn er mitlacht, lachen die großen Leute noch mehr. Das ist Grund genug, um mit ihnen zu lachen.

    Nach dem richtigen Essen kommt der Nachtisch: Pudding. Mama hat ihn selbst gemacht. In einer großen weißen Form, die wie ein Kaninchen aussieht. Robin war dabei, als sie den Pudding gemacht hat.
    Mama stellt eine große Platte auf den Tisch und stülpt die Kaninchenform darauf. Dann klopft sie auf das Kaninchen. Und klopft noch einmal. Und da: Auf der Platte liegt wieder ein Kaninchen. Ein wunderbares, gelbes Puddingkaninchen! Es zittert ein bißchen. Als ob es frieren würde.
    Mama reicht Ton den großen Löffel.
    „Nimm dir“, sagt sie. „Hau ordentlich rein.“
    Ton nimmt den Löffel und hält ihn hoch in die Luft.
    „Paßt auf“, sagt Ton. „Was ich jetzt mache, das würde ich zu Hause niemals...“
    Und dann... Was ist das jetzt? Da haut Ton, so fest er kann, mit dem Löffel in den Pudding!
    Gelbe Puddingstücke fliegen durch die Gegend. Über den Tisch, durch das Zimmer, auf den Boden.

    Wie konnte er das tun? Der gute Pudding, den Mama selbst gemacht hat, das wunderschöne Kaninchen... Robin könnte heulen!
    Es ist still am Tisch. Niemand sagt etwas.
    Dieser Spaßvogel Ton! Robin würde ihn am liebsten hauen. Genau mit demselben großen Löffel. Aber dann... Auf einmal fängt Papa laut zu lachen an, schallend laut zu lachen! Und dann lacht der lange Teun mit, und die kleine Cock lacht, und Ton, der in den Pudding geschlagen hat, lacht auch. Und sogar Mama lacht jetzt! Mama lacht am lautesten von allen — die Tränen rollen ihr über die Backen. So einen Spaß hat sie.
    Zwei lachen nicht.
    Robin findet es jammerschade um den Pudding und traurig für Mama. Mama lacht zwar laut, aber es muß doch traurig für sie sein. Robin lacht nicht, und der dicke Willem lacht auch nicht. Der dicke Willem schaut verdrießlich auf seinen Schlips. „Guckt mal den Willem!“
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