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Robins Sommer

Robins Sommer

Titel: Robins Sommer
Autoren: Sjoerd Kuyper
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böse. Sie geht langsam. Sie weiß nicht, wohin.
    Martje kennt Wim. Er wohnt in derselben Straße wie sie. Aber Wim ist nicht da. Er ist mit seiner Mutter weg.
    Ich bin ganz allein. Ich kenne nur einen einzigen Menschen. Wim. Sonst niemanden, denkt Martje. Wenn Wim da ist, können wir zusammen spielen. Wenn er nicht da ist, ist nichts los. Martje steht auf der Brücke und guckt ins Wasser. Dort schwimmen zwei Enten. Manchmal auch nur eine. Dann ist die andere gerade untergetaucht.
    Heh, was ist denn auf einmal los? Die Enten fangen plötzlich laut an zu schnattern und flattern schnell unter die Brücke.
    Martje klettert über das Geländer und rutscht durchs Gras hinunter ans Ufer. Sie schaut unter der Brücke nach, wo die Enten geblieben sind. Unter der Brücke sitzt ein Junge. Er füttert die Enten mit Brot.
    Das war es also. Darauf waren die Enten aus. Essen.
    Der Junge blickt hoch. Er sieht Martje an. Dann wirft er weiter Brot ins Wasser. Bis er keins mehr hat.
    Dann sieht er Martje wieder an.
    „Alle!“ ruft er und fegt sich die Krümel von den Händen.
    Martje geht unter die Brücke.

    „Sind das deine Enten?“
    „Nein, die gehören niemandem“, antwortet der Junge.
    „Wie still es hier ist.“
    „Ja, so ist es hier immer. Das weiß ich, weil ich immer hier bin“, sagt der Junge.
    „Alleine?“
    „Ja, alleine. Das da gehört mir.“ Er zeigt auf drei lange Stöcke und ein Stück Stoff.
    „Spielst du hier?“ fragt Martje.
    „Spielen? Ich bin hier“, sagt der Junge. „Und das da ist die belgische Fahne.“
    Er geht zu dem zusammengeknüllten Stofflappen und hält ihn hoch. Tatsächlich, es ist eine Fahne.
    „Ich hab hier gesessen. Da ist ein Boot vorbeigekommen“, erzählt der Junge. „Es paßte gerade unter der Brücke durch. Der Mann im Boot mußte sich bücken. Aber er hat die Fahne vergessen. Die hing an einem Stock hinten am Boot. Die Fahne ist gegen die Brücke geschlagen, und der Stock brach mittendurch. Da ist die Fahne ins Wasser gefallen. Aber der Mann hat nicht angehalten. Er hat sich nicht mal umgeguckt. Als er weg war, hab ich die Fahne aus dem Wasser gefischt.“
    Martje sagt nichts. Sie sieht den Jungen bewundernd an. Der hat eine Fahne.
    Ich muß schnell nach Hause, denkt sie. Vielleicht ist Wim ja schon zurück. Ich muß es ihm gleich erzählen.
    „Ich gehe wieder“, sagt sie zu dem Jungen. „Ich kenne jemanden. Er heißt Wim.“
    „Oh“, sagt der Junge.
    Er kriecht mit Martje zusammen die Grasböschung hoch und klettert über das Geländer. Martje geht nach Hause. Der Junge begleitet sie. „Bist du morgen wieder bei der Brücke?“ fragt der Junge.
    „Ja, morgen schon“, antwortet Martje. Sie wußte gar nicht, daß sie das vorhatte, aber sie sagt es. „Dann komme ich auch“, verspricht der Junge. „Gut“, sagt Martje.
    Der Junge muß jetzt in eine andere Richtung gehen. Als er schon ein ganzes Stück weg ist, blickt er sich um. Gerade, als Martje sich auch umguckt.

    Wim ist wieder da.
    Martje läuft auf ihn zu.
    „Ich hab einen Jungen getroffen, der hat eine Fahne unter der Brücke. Morgen gehen wir hin.“
    „Was?“ fragt Wim. „Eine Fahne? Ein Junge? Unter der Brücke?“
    Es dauert eine Weile, bis Wim genau weiß, wie alles zusammenhängt mit der Brücke und der Fahne und dem Jungen, der auch noch drei lange Stöcke hat.
    „Wie heißt der Junge denn?“ fragt Wim.
    „Das weiß ich nicht“, sagt Martje. „Ich hab ihn nicht gefragt.“
    Am nächsten Tag gehen Martje und Wim zur Brücke.
    „Hier kannst du drüberklettern“, sagt Martje. „Darf man das denn?“ fragt Wim.
    „Ich erlaube es dir“, antwortet Martje.
    Sie rutschen die Uferböschung runter und kriechen unter die Brücke.
    Da sitzt der Junge. Als wäre er nie weggewesen. Er wirft den Enten Brot zu.
    „Hallo!“ ruft Martje. „Das hier ist Wim.“
    „Hallo!“ sagt Wim. „Ich wollte mal die Fahne sehen.“
    Der Junge steht auf und hält die Fahne hoch. Er grinst.
    „Eine schöne Fahne“, sagt Wim.
    Dann setzen sie sich und schweigen.
    Wim kratzt sich am Knie.
    „Wie heißt du?“
    Es hat lange gedauert, aber endlich traut Martje sich zu fragen.
    „Adri“, antwortet der Junge. „Und du?“
    „Martje“, sagt Martje und fügt hinzu: „Jetzt kenne ich zwei Menschen.“
    Adri sieht sie mit einem Blick an, der sagt: Was meinst du damit?
    „Zuerst habe ich Wim gekannt. Und jetzt kenne ich Wim und Adri“, erklärt Martje. „Das sind zweimal soviel Menschen.“
    „Ich kenne jetzt
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