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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux
Autoren: Alexander Kröger
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bestimmt!’
    Robina erinnerte sich, wie sie eines Tages heimlich in seinen Unterlagen gestöbert und das Band der Verhandlung abgehört hatte. Grantig hatte er reagiert, als er es merkte. Einige Tage später hatte er dann – noch voller Bitternis – von selbst davon angefangen, hatte knapp, gleichsam mit erhobenem Zeigefinger, so als wolle er sie vor Ähnlichem bewahren, erzählt… ‘Nun, Vater war einem Anachronismus zum Opfer gefallen und hatte sich nicht oder nicht genügend gewehrt. Ein Bagatellfall: Ein verknöcherter Vorsitzender handelte den Fall formal ab, ohne Rücksicht auf die Persönlichkeit, die Mentalität oder gar die Verdienste dessen, der vor ihm steht. Und warum? Des Streites wegen zwischen zwei kleinen afrikanischen Staaten – Airob und Tasa, ja –, die einige Jahre später in der Union aufgingen’, erinnerte sich Robina, ‘Um eine Sendung aus ehemaligen Armeebeständen, irgendwelche Arbeitsmaschinen jedenfalls – mit und ohne Räumschilde oder so etwas. Beim Entladen im Hafen: temperamentvolle Auseinandersetzungen – im Grunde harmlos, wie Vater schilderte. Aber er sei für die Sendung verantwortlich gewesen, und die Beschwerde beim Ausschuss der Vereinten Nationen habe eben zu dem Disziplinarverfahren und dem Strengen Verweis führen müssen. Dagegen gab es nichts einzuwenden, nur dass sie ihm die ganze Schuld geben würden, damit hatte er nicht gerechnet. Und sein verletzter Gerechtigkeitssinn ließ ihn letztendlich resignieren. Die Freude an seiner Tätigkeit in der Arbeitsgruppe „Standardausgleich“ hatte man ihm gründlich verdorben. Er gab sie spontan auf, wurde Automatist und – Angler und fühlte sich so angeblich wohler.’
    Robina seufzte und zuckte dann lächelnd mit den Schultern. ‘Des Landebootes wegen wird sich wohl keiner bei einem Ausschuss beschweren, und, so ehrenrührig ist der Unfall auch nicht. Aber’– Robina fühlte das zum ersten Mal –‘wenngleich Vater ganz gewiss den falschen Schluss gezogen hatte, vielleicht auch übersensibel reagierte, das Versagen lag wohl doch mehr beim Schiedsrat. Wenn die Gesellschaft jemanden, der bereit ist, alles zu geben, mit Freude zu geben, brüskiert, ihn verletzt, dann ist das heutzutage irreparabel. Man kann nicht Persönlichkeiten entwickeln, Schöpfertum beflügeln wollen und dann gleichsam mit geschlossenen Augen dessen Flügel beschneiden. Vor allem dann nicht, wenn die – in diesem Falle sogar nur vermeintliche – Minderleistung in keinem Verhältnis steht zum bis dahin Erbrachten.
    Hätte sich Vater danach nur gerührt…’
    Robina strich über die glatte Fläche des Kristalls, der vor ihr in unnachahmlichem Ebenmaß aufragte. Sie sah sich wie in einem Spiegel. Einen Augenblick lang überkam sie das Gefühl, sie müsse sich drehen, recken, sich im Raumanzug von allen Seiten betrachten. ‘Der Spiegel hat mich gefoppt’, dachte sie dann, und leise pochte wieder Bangigkeit –‘ich habe das Boot empor gerissen, im letzten Augenblick, aber doch rechtzeitig!
    Der Blitz und der Schub…
    Albern! Ich kann froh sein, dass ich keinen Schock davongetragen habe. Keiner kann übel nehmen, dass mir das Erinnern an diesen Augenblick schwer fällt. Ich habe eben doch zu spät reagiert, eine Hundertstel Sekunde vielleicht. Aber den Boden des Bootes habe ich doch gesehen, das muss bedeuten, dass ich mindestens parallel zur Spiegelfläche geflogen bin.
    Vorhalten kann man mir, dass es nicht mein erster Flug zum Boliden gewesen ist. Aber welcher Mensch ist schon in der Lage, einen Vorgang absolut gleich zu wiederholen? Und das bei einer Landung, bei der sich der Flugplatz so rasch wie hier unter einem wegdreht – und bei dem flirrenden Licht. Außerdem, das hatten wir alle festgestellt, hebt sich das Landezeichen viel zu wenig von der strengen Kristallgeometrie ab.
    Ich werde es überstehen!’ Sie beendete das Nachdenken über die Folgen ihres Missgeschicks.
    ‘Nachher, wenn sie kommen, werden wir das noch Brauchbare in die Grotte schaffen. Weitere Transporte wird es nicht geben, um nichts mehr zu riskieren. Das zweite Beiboot darf nicht gefährdet werden.’
    Robina nickte ihrem Spiegelbild zu. Flüchtig kam ihr jener warme Frühlingsnachmittag in den Sinn, im zweiten Jahr am Institut auf Fehmarn, und sie lächelte. Diesem Frühling war ein rauer Winter mit Nässe und Nebel vorangegangen. Kein Mensch hatte je daran gedacht, die Insel der 200 Leute wegen mit einer aufwändigen Wetterregelung auszustatten. Oft wurde
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