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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux
Autoren: Alexander Kröger
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dessen, dass in der Kabine der Schall nicht mehr übertragen wurde.
    Sie kam trotz der Schräglage ohne Schwierigkeiten in die Schleuse, und dort stellte sie fest, dass die Außenluke klaffte. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihr Ruf in den letzten Minuten die Gefährten gar nicht hatte erreichen können: Mit neuer Hoffnung schaltete sie die Funkanlage des Raumanzugs ein und rief mehrmals hintereinander. Aber auch jetzt als Antwort nur das leise Summen und das eigenartige Knattern, die im Geräusch ihres Atems fast untergingen.
    Dann bildete sie sich ein, steigerte es in sich zur Gewissheit, dass sich draußen schlagartig Funkverbindung einstellen werde, und sie strengte sich an, die verklemmte Luke vollends zu öffnen. Mit Mühe drückte sie den Spalt so weit auf, dass sie sich hindurchzwängen konnte. Dann stand sie neben dem Beibootrumpf.
    Robina erschauerte leicht, als sie das vordem elegante Boot von außen betrachtete. Beulen, herausragende Verstrebungen, Risse und hässliche gezackte Ränder dort, wo die Flächen herausgerissen worden waren.
    Robina achtete darauf, dass sie an den vorstehenden Knickkanten und Blechfransen nicht hängen blieb. Sie wurde getrieben von Hoffnung und Unruhe, beschwichtigte sich ständig, dass überhaupt kein Grund zur Sorge bestehe, selbst wenn die Funkanlage tatsächlich nicht in Ordnung sein sollte. Spätestens in einer Stunde würden die Gefährten sie holen! Sie wussten, wo etwa sie sich befand, das zweite Boot musste startklar sein, also! Trotzdem verhielt sie unschlüssig, als sie unter der Stabilisierungsfläche hervortrat; sie zögerte den erneuten Kontaktversuch hinaus. Nervös nestelte sie an der kurzen Helmantenne und vergewisserte sich, dass die Leuchtdiode, die die Funktionstüchtigkeit des Geräts anzeigte, ihren dünnen rötlichen Schein im Helm verbreitete. Sie schaltete ein-, zweimal, um, wie sie meinte, Kontaktstörungen von vornherein auszuschließen, und erst nach einem Räuspern, rief sie abermals: „Hallo, Frank!“
    Nichts – außer dem Rauschen mit dem stärker gewordenen Knattern, beruhigend und beunruhigend zugleich – das Gerät funktionierte; befremdend nur: Ein derartiges Geräusch trat vordem nicht auf.
    Um sich endgültig Gewissheit zu verschaffen, verstimmte Robina die Frequenz. Da drangen sie in ihren Helm, die pulsierenden Signale des fremden Funkfeuers, der gezogene, anschwellende Ton, der an den einer Gitarrensaite erinnerte, auf der man mit einem Metallstück entlang fährt.
    Robina wusste, dass nach drei Minuten und 27 Sekunden der gleiche rätselhafte Ton aufklingen würde. Das wiederholte sich ständig, seit sie in diesen fremden rotierenden Funkrichtstrahl geraten waren, vor – Robina überschlug – 31 Tagen. Und alle Anzeigen sprachen dafür, dass dieses Signal bereits seit Hunderten von Jahren stark gebündelt in den Raum drang. Nur in unmittelbarer Nähe des Boliden und auf seiner Oberfläche gab es vagabundierende Wellen. Man konnte die Signale so gut wie überall empfangen.
    Robina sah zur Uhr. Das Funkoptimum wurde jeden Augenblick überschritten. Schon standen bizarre Spitzen und glitzernde Flächen zwischen ihr und dem Standort des Schiffes, das, solange sich jemand außenbords befand, die „große Laterne“ aufgesteckt haben musste.
    Dann beschloss Robina, das Rufen zunächst einzustellen und sich einen günstigeren, erhöhten Standort zu suchen. Im nächsten Optimum und mit Direktsicht zum Schiff würde der Kontakt zu Stande kommen!
    Ihr fiel der kleine Vorrat an Signalraketen ein, und sie lächelte darüber. ‘Die lasse ich für den Notfall – wie vorgesehen’, sagte sie sich. ‘Das hier’– sie blickte auf den Haufen zerknitterten Schrotts vor ihr –‘ist laut Reglement noch kein Notfall im eigentlichen Sinne…’
    Robina schritt das Wrack ab. Noch einmal kam ihr das Disziplinarverfahren in den Sinn, das sie unzweifelhaft erwartete – auf der Erde, nach drei Jahren und sieben Tagen. ‘Und – wie groß ist eigentlich mein Verschulden? Gut, als ich den Anflug verpasst hatte, hätte ich vielleicht zu einer erneuten Umrundung ansetzen und den Landeversuch wiederholen sollen. Aber die Ebene schien so über alle Maßen ausgedehnt…
    Auf jeden Fall werde ich mich nicht so stauchen lassen wie Vater!’ Robina schüttelte den Kopf. ‘Das war vor mehr als zwanzig Jahren. Und heute noch krankt er daran, wird es wohl nie überwinden. Er wäre anders geworden – nein, geblieben, wenn ihm das nicht widerfahren wäre,
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