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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3
Autoren: jemisin
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Tod, nicht von einem einsamen.«
    Ich versteifte mich, als ich das hörte, und wünschte mir meinen Stock. Genutzt hätte er mir zwar nichts, und ich brauchte ihn auch nicht, weil ich die Veranda so gut kannte wie meine Westentasche, aber zumindest hätte ich etwas umklammern können, während ich alles tat, um ihn rein durch meinen Willen in Flammen aufgehen zu lassen. Doch meine Magie war eingerostet. Es funktionierte nicht.
    »Ich kann dich nicht aufhalten«, fuhr ich ihn an. »Du hast deine Wünsche klar geäußert. Aber ich werde nicht zulassen, dass du mich belügst. Mach im Haus, was du willst –  Glee wird sich bestimmt freuen, dich zu sehen –, aber lass mich in Ruhe.«

    Ich ging zur Tür und versuchte sie zu öfnen. Wie erwartet bewegte sie sich nicht.
    »Ich lüge nicht«, sagte er. Zu meiner Überraschung hörte ich keinen Ärger in seiner Stimme. Er klang fast schon verletzt, aber das lag wahrscheinlich an meiner Einbildung.
    Ich drehte mich um und seufzte. »Wonach wir uns beide sehnen? Hältst du mich für dumm? Du bist frei, Son…« Ich schüttelte den Kopf und lachte. »Itempas. Die Drei sind wieder vereint. Dann musst du ihre Abneigung eben für ein, zwei Äonen ertragen; du weißt, dass sie nicht ewig währen wird. Und du …« Ich machte eine Geste in seine Richtung. Er stand da und leuchtete so hell, dass ich ihn kaum ansehen konnte. Seine Schönheit tat mir im Herzen weh. Ich wollte weinen. Hatte ich seit Jahren nicht getan. Verdammt. »Du kommst hierher, an einen Ort in der hintersten Ecke des Reichs der Sterblichen und sagst, du willst einer alten Frau am Ende ihres Lebens Gesellschaft leisten. Erwartest du etwa, dass ich das für etwas anderes als Mitleid halte?«
    Einen Moment lang sah er mich an, dann seufzte er mit beinahe menschlich klingender Frustration. »Oree Shoth, du warst einst eine gläubige Itempanerin. Sag mir: Lag Mitleid je in meiner Natur?«
    Ich schwieg, denn er hatte recht.
    »Und es liegt auch nicht in meiner Natur«, fügte er deutlich genervt hinzu, »Zeit zu verschwenden. Wenn ich nicht wünschte, mit dir zusammen zu sein, sondern nur deinem Tod beiwohnen wollte, so würde ich dich töten, die Angelegenheit hinter mich bringen und in das Reich der Götter zurückkehren.«
    Er war wirklich sehr pragmatisch, das musste ich zugeben.
    »Außerdem …« Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken wie ein Mann, der eine Meldung abzugeben hatte. »… bist du zu einer durch und durch unerfreulichen, respektlosen und irrationalen Kreatur geworden –  so wie ich es vorhersah, als wir
uns kennenlernten. Wieso sollte es mich also stören, ein klein wenig Zeit mit dir zu verbringen? Wie du schon sagtest, ich könnte überall hingehen.«
    Wütend schürzte ich die Lippen. »Öfne diese götterverdammte Tür.«
    Der Türriegel glitt knirschend zurück. Ich legte meine Hand darauf –  und hielt inne, als seine Hand die meine berührte. Sie war sichtbar, leuchtete jedoch nicht mehr, so wie sie es hätte tun sollen. Hinter mir hob sich der Morgentau. In der anbrechenden Helligkeit begann die Sonne die Luft zu erwärmen. Früher einmal hätte er zu diesem Zeitpunkt bereits so hell geleuchtet, dass er nicht mehr zu sehen gewesen wäre. Doch nun hatte er sich besser unter Kontrolle. Er leuchtete nur so hell, dass es mir kein Unbehagen bereitete.
    »Vielleicht solltest du sogar dankbar sein«, murmelte er. Sein Ärger war verschwunden. »Wenn meine Geschwister nicht gewesen wären, hätte ich dich die ganze Zeit über begleitet. Mittlerweile könnten wir einander wahrscheinlich nicht mehr ertragen.«
    Sein Daumen strich plötzlich über meinen Handrücken. Ich zuckte zusammen; mein Herz fatterte einen Moment beinahe beschämt in meiner Brust. Ich war zu alt, viel zu alt für solche Gedanken. Er würde mich umbringen.
    Dann sanken seine Worte ein, und ich musste lachen. Er hatte recht. Ein Jahrhundert mit ihm hätte mich in den Wahnsinn getrieben.
    »Soll ich deine Argumente weiterhin widerlegen?« Er war näher herangekommen, um meine Hand zu ergreifen. Sein Atem bewegte mein Haar. »Müssen wir diese fruchtlose Diskussion weiterführen?«
    Eine leichte Brise wehte über die Veranda und fuhr durch meinen Morgenmantel. Sie erinnerte mich daran, wie kalt die Morgenluft war. Seine Nähe und seine Wärme hatten mich das vergessen lassen.

    Ich drehte mich zu ihm um, und obwohl ich ihn sehen konnte, legte ich meine Hand auf sein Gesicht. Meine Finger erforschten die Linien
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