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Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Titel: Ritter 01 - Die Rache des Ritters
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nervös, seine Augen waren weit aufgerissen und voller Furcht. Mit einem leisen Murmeln, das eher wie eine Ermahnung als eine Aufmunterung klang, beruhigte Gunnar sein Pferd, klopfte ihm mit rauer, unbeholfener Hand auf den Hals.
    Gunnar konnte Angst weder gebrauchen noch hatte er Erfahrung darin, sie zu beschwichtigen. Vor langer Zeit schon hatte er mit seiner eigenen Angst abgeschlossen, hatte sie und jedes andere Gefühl verdrängt, das sich eines Tages als Schwäche erweisen konnte. Er kannte keine fröhlichen Feste und gab sich keinen Träumen hin. Sein Verstand war kühl und nüchtern, sein dreiundzwanzig Jahre alter Körper von harter Arbeit und zahllosen Schlachten so gestählt, dass er nicht aus Fleisch und Knochen zu bestehen schien, sondern eher eine zweite Rüstung und eine Waffe war. Gunnar hatte seine Gefühle aus seinem Inneren verbannt und sich seiner Dämonen entledigt.
    Bis auf einen.
    Und jetzt hatte dieser Dämon ihn durch das bevorstehende Turnier in seine Höhle eingeladen, hatte Gunnar damit eine Gelegenheit geboten, die perfekter war, als er sie selbst hätte schaffen können. Er fragte sich, ob der Baron je an die Möglichkeit gedacht hatte, dass Gunnar überlebt haben könnte. Saß er da oben in dieser Burg aus Felsgestein und dachte daran – wenn auch nur flüchtig – , dass noch eine Rechnung offen war? Hatte er je die Angst geschmeckt? Hatte er sich je so elend gefühlt wie der Junge, den er vor dreizehn Jahren auf einem Schlachtfeld liegen gelassen hatte?
    Bald würde er die Angst zu schmecken bekommen.
    Die heilige Kirche sagte, einen Gegner bei einem Turnier zu töten, bedeute ewige Verdammnis. Deshalb wurden die Zweikämpfe mit Schwertern und Lanzen ausgeführt, die stumpf waren – aber trotz allem gefährlich.
    Unfälle passierten immer wieder.
    Persönliche Schulden wurden beglichen.
    Um den Tod seiner Mutter zu vergelten, würde Gunnar Baron d’Bussy vor aller Welt zur Rede stellen. Um seinen Vater zu rächen, würde er auf dem Turnierplatz triumphieren. Der Plan war einfach: den Baron zu besiegen, ihn das Fürchten zu lehren. Ihn um Gnade winseln zu lassen.
    Und sie ihm zu verweigern.
    Der Gedanke, dass er selbst diesen Tag vielleicht nicht überleben würde, ließ Gunnar in seinem Entschluss nicht einen Moment schwankend werden. Er würde seinen Schwur halten, um jeden Preis.
    Während der Regen aus schweren Wolken herunterprasselte, den Turnierplatz in ein Schlammfeld verwandelte und jeden dazu trieb, Schutz in seinem Zelt zu suchen, wendete Gunnar sein Pferd und ritt tiefer in den Wald hinein, um in der Einsamkeit zu versuchen, so viel Geduld aufzubringen, um das Ende des Gewitters abzuwarten.
    Eine helle Morgensonne füllte den Himmel, als Raina d’Bussy auf einer gescheckten Stute durch das offene Tor von Norworth ritt und den Burghügel hinuntergaloppierte. Der frische Duft des nächtlichen Regens hing noch in der Luft, aber sie bemerkte es kaum. Raina ritt in einem halsbrecherischen Tempo, ihr Gewand blähte sich hoch bis über die Knie, und das offene Haar wirbelte wie ein wilder, ungebändigter Vorhang um ihre Schultern. Mit einem fröhlichen Lachen beugte sie sich über den Hals des Pferdes, drängte es, immer schneller zu laufen, vorbei am verlassen daliegenden Turnierplatz und über den regennassen Boden. Schlamm spritzte um sie herum auf, wurde von den Hufen des Pferdes hochgeschleudert und besprenkelte ihre nackten Beine und ihr Gesicht.
    In hartem Galopp preschte Raina an dem Zeltdorf vorbei und den sanft ansteigenden Hügel hinauf, der Norworth Castle gegenüberlag, in Richtung Wald. Als sie sich dem dichten Unterholz näherte, warf sie einen Blick zurück über die Schulter, um abzuschätzen, wie weit sie von dem Reiter entfernt war, der ihr schnell folgte. Sein weißer Hengst donnerte den Hügel hinauf, Erdbrocken flogen unter seinen schweren Hufen auf. Mit einem aufgeregten kleinen Aufschrei ritt Raina in den Schatten der hohen Bäume.
    Sie liebte diese schnellen Rennen, und zum Ärger ihres Vaters und des jungen Ritters, gegen den sie heute angetreten war, wollte sie immer gewinnen. Sie benahm sich gar nicht damenhaft, ganz gewiss nicht. Aber da sie von einem nachsichtigen Vater aufgezogen worden war – ohne Mutter, die dem Dickkopf ihrer Tochter mit Strenge begegnet wäre – , hatte Raina sich ihre eigenen Regeln aufgestellt. Weniger zu geben, als sie konnte, mochte es schicklich sein oder nicht, gehörte nicht dazu.
    Ein rascher Ruck an den Zügeln
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