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Riley Das Mädchen im Licht

Riley Das Mädchen im Licht

Titel: Riley Das Mädchen im Licht
Autoren: Alyson Noël , Ulrike Laszlo
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ganz klar zu sehen, und trotzdem hatte keiner von ihnen die geringste Ahnung, dass wir existierten.
    Ein Mädchen, ihr Führer und ihr Hund schwebten direkt über ihren Köpfen.
    Und sie starrten auf diese ahnungslosen Menschenmassen herunter.
    Mir schnürte sich die Kehle zusammen, und meine Augen begannen zu brennen, also zwang ich mich rasch, meine Aufmerksamkeit etwas anderem zuzuwenden. Ich beobachtete Buttercup, der immer noch Vögel jagte, Loopings drehte, abtrudelte, herumwirbelte, hochsprang und sich vollkommen vergeblich immer mehr abmühte. Er hatte nach wie vor nicht begriffen, warum er keinen Erfolg hatte.
    Ich warf einen verstohlenen Blick auf Bodhi, der vor unserem Abflug seine Streberklamotten abgelegt hatte. Er hatte mir hastig erklärt, dass er dachte, ein Anzug würde bei den Leuten (womit er mich und seinen Führer meinte) mehr Respekt erwecken als das, was er üblicherweise trug.
    Ich glaube allerdings, wir konnten uns darauf einigen, dass dieses Experiment ein gewaltiger Fehler gewesen war.
    Jetzt, da er die Langweilerkluft gegen eine viel passendere Jeans, ein Sweatshirt und Sneakers eingetauscht hatte, die Jungen in seinem Alter üblicherweise tragen, war er weit davon entfernt, wie ein Langweiler auszusehen. Ich schätze, das war der Grund, warum er vorher so merkwürdig rübergekommen war. Die Zurufe bei der Abschlussfeier auf seinem Weg zur Bühne, seine zwanglose, lässige Art dazustehen und ganz zu schweigen von seinen Künsten beim Skateboardfahren – das alles passte einfach nicht zu dem Look, den er sich hatte zulegen wollen. Es war, als hätte er sich verkleidet, eine Art Kostüm getragen, fest entschlossen, die Tatsache zu verbergen, dass er ein ganz normaler vierzehnjähriger Junge war.
    Aber Bodhi war nicht normal.
    Ganz und gar nicht.
    Nicht nur, weil er tot war. Nicht nur, weil er mein Führer war. Jetzt, da sein Haar nicht mehr mit Pomade zurückgekämmt war, seine Klamotten nicht mehr aussahen wie aus einem Spießerladen, sein Gesicht nicht mehr zur Hälfte von diesem grauenhaften Brillengestell verdeckt war, sah er, na ja, richtig süß aus.
    Nein, streicht das. Denn die Wahrheit ist, er war viel mehr als nur süß.
    Er war der Zac Efron des Jenseits.
    Aber als er zu mir herübersah und mich dabei ertappte, wie ich ihn musterte, schaute ich rasch zur Seite.
    Er sollte auf keinen Fall diese Gedanken lesen können.
    Und um mich davor zu schützen, und nur damit alles seine Ordnung hatte, beschloss ich, ihn insgeheim weiterhin Langweiler zu nennen – mochte er auch noch so süß und nett bleiben.
    So war es leichter für mich.
    Ich drückte meine Beine aneinander und streckte meine Zehen wie Pfeile aus, denn ich hatte festgestellt, dass ich so den Luftwiderstand kaum spürte und noch schneller und höher fliegen konnte. Ich hörte Buttercup hinter mir bellen. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er mir oder dem Vogelschwarm, in den er geflogen war, nachjagen sollte. Bodhi rief mir zu. »Hey, Riley, sag mir Bescheid, wenn du bereit für eine Landung bist!« Doch ich tat so, als würde ich die beiden nicht hören.
    Die Wahrheit ist, dass ich, nach all dem, was ich gesehen hatte, es nicht über mich brachte, zu landen.
    Mir war plötzlich etwas klar geworden, das mir vorher nicht bewusst gewesen war.
    Die Erde drehte sich immer noch.
    Menschen liebten, lachten und atmeten immer noch.
    Alle waren eifrig damit beschäftigt, ihr Leben zu gestalten.
    Und keiner von ihnen spürte meine Existenz.
    Keiner von ihnen wusste, dass ich mich unter ihnen bewegte.
    Und es war an der Zeit, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass selbst die Menschen, die mich gekannt hatten – meine Freunde und Lehrer und so weiter -, bereits weitergezogen waren. Sie hatten sich von mir entfernt und ihr Leben weitergeführt. Für sie war ich nur noch eine verborgene Erinnerung an ein armes, bedauernswertes, zwölfjähriges Mädchen, das abrupt aus dem Leben gerissen wurde. Sie wollten nicht länger daran denken, dass sie mich verloren hatten, damit sie nicht über ihr eigenes immer kürzer werdendes Leben nachdenken mussten.
    Ich wusste, dass Ever und meine Tante Sabine mich vermissten, aber was die anderen betraf … Die Zahl derjenigen, die hin und wieder noch an mich dachten, war auf einige wenige gesunken.
    Ich presste meine Augenlider zusammen, als ich spürte, wie sich dieses schreckliche Brennen in hervorquellende Tränen verwandelte. Rasch listete ich alle sehr guten und stichhaltigen Punkte auf, warum ich
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