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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Boenke
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schön blöd geguckt haben, als ausgerechnet du auf dem Hof standest. War ihr Chef, der Härmle, auch dabei?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Was meinst du, was steckt dahinter?«
    »Wenn es wirklich menschliche Teile sind – vermutlich ein Mord. Einem Lebenden kann man so was wohl kaum antun?«
    »Und die Anordnung der Teile, was hat das zu bedeuten?«
    »Ich habe da so eine Idee. In der Schule behandle ich auch gerade das Thema. Das Dreieck mit dem Auge steht eigentlich für den dreifaltigen Gott. Also den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Was aber das abgeschnittene Zeugs bedeuten soll, das weiß ich nicht. Das Einzige, was eindeutig zu erkennen war, das war ein Ohr. Das andere sah aus wie der vordere Teil einer Nase und das andere … so rund und schlauchartig.«
    Mit den Händen versuchte ich meine Beschreibung zu unterstützen. Nachdenklich spielte Cäci mit ihren Haarspitzen.
    »Mir fallen da die Affen ein.«
    »Welche Affen?«
    »Augen, Ohren, Mund.«
    »Hää?«
    »Du hast doch beschrieben, dass in die Mitte des Dreiecks ein Auge gezeichnet war, dann hängt ein Ohr dabei, der andere Körperteil könnte eine Nase sein. Meinst du, das runde Wurmartige war ein herausgeschnittener Mund?«
    Cäci schaute mich aus riedwasserfarbenen Augen entsetzt an. Ich küsste sie.
    »Das ist ja genial, natürlich! Das passt zusammen: Augen, Ohren, Mund und Nase.«
    »Es könnte eine Warnung sein – für jemanden vom Fränkel-Hof.«
    »Was für eine Warnung?«
    »Seine Nase nicht irgendwo reinzustecken, nicht zu lauschen, nichts zu verraten und nicht hinzuschauen.«
    »Das Auge in der Mitte könnte aber auch eine Warnung sein, dass man beobachtet wird.«
    Cäci zuckte mit ihren schmalen Schultern:
    »Iss leer. Wie hat denn Tobi reagiert?«
    »Nachdem sein Vater ihn geschlagen hatte, ging er in die Küche. Die blonde Kühle hat ihn wahrscheinlich abschließend verhört. Da habe ich aber nichts davon mitbekommen.«
    »Hast du mal wieder fotografiert?«
    »Klar.«
    »Zeig mir die Bilder.«
    Ich lud die 62 Bilder, die ich von dem Scheunentor und den angehefteten Körperteilen, dem auf dem Taschentuch liegenden Ohr sowie dem Hof und der allernächsten Umgebung gemacht hatte, in mein Notebook ein. Cäci betrachtete jedes Bild aufmerksam. Immer wieder vergrößerte sie Bildausschnitte.
    »Mein Gott, wie viel hast du denn wieder fotografiert.«
    Sie schüttelte vorwurfsvoll ihren Kopf und konzentrierte sich auf die ersten Bilder.
    »Jede Wette, dass das ein herausgeschnittener Mund ist«, sagte sie würgend.
    »Schau, das ist die Lippenstruktur, das vollere ist die Unterlippe, das da die Oberlippe, hier ist zu weit hineingeschnitten worden. Das ist ein Teil der Wange.«
    Sie vergrößerte den Ausschnitt weiter.
    »Es war eine Frau.«
    »Wie kommst du da drauf?«
    »Hier zwischen den Riefen der Lippen, da sind Reste vom Lippenstift. Und hier, wo über die Oberlippe hinaus geschnitten wurde, sind ganz feine Härchen zu erkennen. Bei Männern wären da Stoppeln.«
    Triumphierend schaute mich die clevere Wirtstochter an. Mir schmerzten plötzlich die Lippen. Dann verzog Cäci die Mundwinkel langsam nach unten.
    »Pfui Teufel, ist das alles ekelhaft. Da kann man nur hoffen, dass das nach dem Tod stattgefunden hat. Was summst du denn die ganze Zeit für eine alberne Melodie? Ist das nicht … Nicht verraten, mir fällts irgendwann ein.«

6 Bettversteck
    Die Psalmen
    10:7 Sein Mund ist voll Fluch und Trug und Gewalttat; auf seiner Zunge sind Verderben und Unheil.
    10:8 Er liegt auf der Lauer in den Gehöften / und will den Schuldlosen heimlich ermorden; seine Augen spähen aus nach dem Armen.
    10:9 Er lauert im Versteck wie ein Löwe im Dickicht,   / er lauert darauf, den Armen zu fangen; er fängt den Armen und zieht ihn in sein Netz.
    10:10 Er duckt sich und kauert sich nieder, seine Übermacht bringt die Schwachen zu Fall.
     
    Die Gestalt schlich vorsichtig durch die Dunkelheit zur steilen Treppe der Gesindekammer. Sie war vom Ried her gekommen, von dort, wo Nebelfetzen sich wie in Zeitlupe drehten, legten, wieder aufstiegen und sich dann langsam zu einem weißen Nichts am Boden verdichteten. Die Gesindekammer lag auf der Nordseite hinter dem Haus, zum Ried hin.
    Die zwei Stufen, die an der einfachen Holztreppe fehlten, überbrückte die Gestalt mit einem weiten, lautlosen Schritt, indem sie sich am Holzgeländer hochzog. Beinahe wäre sie vom Holz abgerutscht.
    »Gottverdammt, das hätte noch gefehlt!«
    Sie atmete kurz
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