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Rhosmari - Retterin der Feen

Rhosmari - Retterin der Feen

Titel: Rhosmari - Retterin der Feen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Vorsprechen gekommen bist, vergiss es. Das Theater gibt es nicht mehr.« Lyn wollte die Tür schließen, aber Martin stellte rasch den Fuß hinein.
    »Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte er. »Das Theater war dein Leben. Und Tobys auch. Wo ist er?«
    »Er arbeitet wahrscheinlich irgendwo für richtiges Geld. Das hatte er zumindest vor, als er ging. Hört zu, wer ihr auch seid …«
    Rhosmari holte scharf Luft und starrte sie fassungslos an. Martin neben ihr war zu einer Salzsäule erstarrt.
    »… wenn ihr Theater spielen und einen Narren aus euch machen wollt, ist das eure Sache. Mich geht es nichts an, jedenfalls nicht mehr. Und jetzt nimm den Fuß aus der Tür, sonst rufe ich die Polizei.«
    Martin zog ganz langsam seinen Fuß heraus. Er war aschfahl im Gesicht, und als Rhosmari ihn am Arm berührte, schien er es nicht zu bemerken, sondern blieb nur apathisch stehen. Lyn schlug die Tür zu und verriegelte sie.
    Also das hatte Veronica gemeint, als sie zu Martin gesagt hatte, ein Besuch in Cardiff lohne sich nicht mehr. Sie hatte auf Befehl der Kaiserin mit Martins Freunden dasselbe gemacht, was sie mit Timothy versucht hatte – sie hatte ihnen ihre schöpferischen Fähigkeiten weggenommen, bis nichts mehr davon übrig war und sie die Leidenschaft nicht mehr spürten, die einst ihr ganzes Leben bestimmt hatte. Und dann hatte sie noch, als Gipfel der Grausamkeit, die Erinnerung an Martin gelöscht.
    »Was willst du jetzt tun?«, fragte Rhosmari. Martin blieb stumm. »Martin?«
    Er umklammerte ihr Handgelenk so fest, dass es schmerzte, und der Blick auf seinem Gesicht jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. »Veronica hatte recht«, sagte er. »Ein Besuch hier lohnt sich nicht mehr.«
    Und mit diesen Worten wandten sie sich von der verschlossenen Tür und dem leeren Theater ab und verschwanden wieder.

ZWANZIG

    Der Strand glänzte nass im Mondlicht und die Wellen, die vom offenen Meer heranrollten, trugen silberne Schaumkronen. Nacheinander trafen die Vögel der kaiserlichen Armee am Himmel ein und landeten auf dem Hang oberhalb der Küste. Niemand sprach. Dazu waren alle zu erschöpft – und zu hungrig.
    Sie waren den ganzen Tag und noch einen Teil der Nacht geflogen und die Reise war trotz des wolkenlosen Himmels und günstigen Windes eine Strapaze gewesen. Als die Schwarzen Flügel die letzte Pause genehmigt hatten, war es verschiedentlich zu Streitigkeiten gekommen. Die größeren Vögel hatten sich um kleine Aasstücke gezankt, die niemanden satt machten, die kleineren hatten jeden Wurm und jeden Käfer verspeist, den sie ausfindig machen konnten. Rhosmari hatte wie die anderen weiblichen Feen ohne jedes Essen auskommen müssen.
    War die Kaiserin nicht bei Trost? Wie konnte sie ihnen eine solche Strapaze zumuten und dann noch erwarten, dass sie kämpften? Rhosmari hatte dieselbe Frage bereits Martin gestellt. Sie hatten beobachtet, wie Veronica zwei Falkenfeen durch einen Stechzauber daran hinderte, sich gegenseitig zu zerfleischen. Aber Martin hatte nur in seiner gedrungenen Eulengestalt dagesessen und keinen Muskel in seinem flachen, runden Gesicht verzogen. Rhosmari war sich nicht einmal sicher, ob er sie überhaupt gehört hatte.
    Corbin verwandelte sich von einem Raben in eine Fee und trat zu ihnen. Seine Haare waren ungekämmt und seine Augen lagen tief in den Höhlen, doch seine Stimme klang kalt und befehlsgewohnt wie immer. »Die Kaiserin erwartet uns. Folgt mir.«
    Auf dem Parkplatz am Strand stand eine vornehme weinrote Limousine, derselbe Wagen, den die Kaiserin am Morgen beschlagnahmt hatte. Jasmin stieg in diesem Moment hinten aus und entließ Wagen und Fahrer mit einer nachlässigen Handbewegung. Sie schien keinerlei Bedenken zu haben, den Mann gehen zu lassen. Wahrscheinlich, dachte Rhosmari, hatte sie sein Gedächtnis gelöscht und das seiner Frau gleich mit.
    »Ihr seid schnell gewesen«, rief sie den wartenden Feen zu, während der Wagen aufheulend um die nächste Kurve der schmalen Straße verschwand. »Und wenn diese Nacht vorbei ist, werdet ihr dafür belohnt werden.« Sie wandte sich an Rhosmari und sah sie erwartungsvoll an. »Zeige uns nun den Eingang zu Gruffydds Weg.«
    Es war die letzte Gelegenheit zum Widerstand. Rhosmari musste die Kraft aufbringen, dem Befehl der Kaiserin zu trotzen. Wenn sie ihr Volk jetzt nicht rettete, war es endgültig verloren. Sie nahm den ganzen Mut zusammen, der ihr noch geblieben war, und wünschte sich mit aller Kraft, dem Befehl zu
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